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Der Tod traegt Turnschuhe

Der Tod traegt Turnschuhe

Titel: Der Tod traegt Turnschuhe
Autoren: Kim Harrison
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vorausging.
    Ungläubig sah ich zu, wie Officer Levy Josh zurück zur Schule geleitete, als wäre er der Einzige, den sie erwischt hatte. Sie schien uns tatsächlich vollkommen vergessen zu haben. Es ging doch nichts über ein paar gepflegte Todesengel-Tricks.
    »Die Frau wird sich erinnern«, schnaubte Nakita verächtlich und stemmte eine Hand in die Hüfte. »Du hast so wenig vom Göttlichen benutzt, dass die falsche Erinnerung bestimmt nicht lange anhält.«
    »Sie hält so lange an, bis wir hier weg sind, und das reicht vollkommen.« Barnabas, der Josh offenbar schon völlig vergessen hatte, fasste mich beim Ellbogen und führte mich zu der Wiese am Rand des Parkplatzes. Mein Blick aber lag immer noch auf der Schule und den offenen Fenstern hinter uns. »Wenn sie zurückkommt und nichts findet, wird sie an sich selbst zweifeln. Und in einer Woche hat sie alles vergessen, einfach weil es so leichter für sie ist.«
    In einer Woche, dachte ich und hoffte, dass er sich da nicht irrte. Ich hatte die Methode für sicherer gehalten. Nakita schien auch nicht gerade überzeugt.
    Schulter an Schulter wandten wir uns um, ließen den Parkplatz hinter uns und stapften über die von Bienen und winzigen Blumen bevölkerte Wiese, die schon seit Langem brachlag. Es war ein seltsames Gefühl, zwischen diesen beiden Engeln zu laufen, der eine weiß, die andere schwarz. Es fühlte sich an, als wäre ich irgendwie mit der gesamten Vergangenheit verbunden, die vor mir stattgefunden hatte, und genauso mit der Zukunft, die noch kommen sollte. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass die Schule hinter uns lag, und nicht den Geruch des Parkplatzes mit seinem heißen Asphalt und dem Metall der Autos in der Nase gehabt hätte, dann hätte ich wirklich einen Moment glauben können, ich wäre im Garten Eden.
    Nakita sah zum Himmel auf und warf ihr Haar zurück. Ein Lächeln, das so wunderschön war, dass es wehtat, überzog ihr Gesicht. Als sie die Arme ausstreckte, erschienen ihre Flügel, ihre unglaublichen, riesigen Flügel, und schimmerten in der Sonne auf.
    Besorgt wandte ich mich zur Schule um. Als ich mich wieder umdrehte, hatte auch Barnabas seine Flügel entfaltet. Mir blieben weniger als vierundzwanzig Stunden dafür, eine namenlose Seele zu finden, die sich bald im Mittelpunkt eines Kampfes wiederfinden würde, von dem ihr Leben abhing. Und wir, dachte ich, als Barnabas seinen Arm um meine Taille schlang und ich einen Schritt zurücktrat, um mich auf seine Füße zu stellen, damit er mich tragen konnte, sind die Einzigen, die den Kerl retten können. Wir waren sowohl seine Rettung als auch sein Tod … denn wenn ich ihn nicht davon überzeugen konnte, dass er sich anders entschied, würde Nakita ihn töten.

2
    Die Fort Banks Mall empfing uns mit einer Welle künstlicher Kühle aus der Klimaanlage. Ich konnte beinahe spüren, wie die Hitze der Sonne Grad für Grad von mir wich, während ich am Infostand auf Barnabas und Nakita wartete. Die beiden standen immer noch auf der anderen Seite der Glastüren und zankten sich in gedämpftem Ton. Grace, mein früherer Schutz- und mittlerweile Botenengel, summte irgendwo über meinem Kopf vor sich hin. Die tennisballgroße Lichtkugel war, gleich nachdem wir uns in die Lüfte geschwungen hatten, zu uns gestoßen. Und nur dank ihres guten Drahts zu den Seraphim hatten wir dieses von Maisfeldern umgebene Städtchen überhaupt gefunden.
    Wirklich gesehen hatte ich Grace nur die wenigen Male, als ich die Verbindung zu meinem Amulett gekappt und mich damit unfreiwillig fast selbst ins Jenseits befördert hatte. Grace war zwar winzig, dafür aber wunderschön. Ihr Gesicht strahlte so hell, dass man sie kaum ansehen konnte. Meistens jedoch erschien sie einem nur als kleine nebligglühende Kugel, wie ein Lichtreflex, den man manchmal auf Fotos sieht. Und das war für Normalsterbliche auch die einzige Möglichkeit, Grace wahrzunehmen: als verschwommenen Lichtfleck auf einem Foto. Die beiden Todesengel und ich konnten sie außerdem auch hören, im Gegensatz zu normalen Menschen. Die Glücklichen.
    »Es war mal 'ne Zeitwächterin«, sang Grace fröhlich und schwebte zu mir herunter, nachdem sie es satthatte, an der Decke »Hallo, Echo!« zu spielen, »die nahm ihr Amt so nicht hin. Drum zog sie in den Kampf, machte ordentlich Dampf und lehrte die Schurken Benimm.« »Vielen Dank, Grace«, sagte ich trocken.
    Sie glühte kurz auf und kicherte, was klang wie plätscherndes Wasser. Grace gefiel ihre neue
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