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Der Tod macht Schule: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)

Der Tod macht Schule: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)

Titel: Der Tod macht Schule: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)
Autoren: Dietrich Faber
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besprechen?
    Da kam es über mich, und ich schlug ihm mit der Faust ins Gesicht. So etwas habe ich vorher noch nie in meinem Leben getan.
    Und liebe Gemeinde, ich sage euch etwas: Es fühlte sich gut an.
    Es war der Rache erster Teil. Erstmals in meinem Leben habe ich gespürt, dass hier nicht Versöhnung frei macht, sondern Vergeltung. Ich packte ihn in mein Auto und fuhr zu einer abgelegenen Waldhütte. Eine winzige Hütte mit einem Zimmer, die ich mir vor Jahren einmal gebaut habe, um ungestört alleine sein zu können. Kein Mensch weit und breit.
    Ich brachte Adrian Albrecht dorthin und band ihn fest.
    Los, erzähl mir, zwang ich ihn, erzähl, warum du das getan hast? Warum hast du das meinem Sohn angetan? Ich will das verstehen. Ich sah in seinen Augen Angst. Nun durfte er erfahren, wie das ist. Angst haben, hilflos sein, machtlos, verloren. So wie David, so wie Lasse. Der Rache zweiter Teil.
    Doch er redete nicht. Er tat mir diesen Gefallen nicht.
    Also ließ ich ihn einfach dort, knebelte und fesselte ihn wie ein kaltblütiger Kidnapper und fuhr, sooft ich konnte, dort hoch.»

    Mucksmäuschenstill ist es in der Kirche. Keiner scheint fassen zu können, was er hier gerade Ungeheuerliches vernimmt. Muss ich eingreifen, geht es mir ständig durch den Kopf. Doch ich lasse Gregor Assmann weiterreden.

    «Nach zwei Tagen begann er endlich auf mein Warum zu antworten.
    Nur so, sagt er. Ohne tieferen Grund. Weil es Spaß macht. Weil es spannend ist, weil es einen Kick gibt, Thrill bringt, weil Lasse so ein kleiner neunmalkluger Hosenscheißer ist, weil sein Vater der scheiß-linke Pfaffe ist, der kriminelle Asylanten bei sich aufnimmt. Weil Ellen Murnau eine blöde Kuh ist, die ihn nicht leiden kann, die ihm nicht die Note im Deutsch-Kurs gibt, die er zu einem Einser-Abitur braucht. Das, Gemeinde, das waren die Gründe. Größenwahn, Narzissmus, Menschenverachtung, Langeweile.
    Und da begann der Rache dritter Teil. Ich vergelte es ihm mit den gleichen Mitteln. Alttestamentarisch! Auch ich verachte ihn. Ich sperre ihn noch länger ein, beschloss ich. Größenwahnsinnig bestimme ich über sein Leben oder Nicht-Leben. Ich lasse seine Eltern in dieser schrecklichen Angst. Sein Vater schrieb während der Kirchenasylzeit der Thaqi-Brüder die schlimmsten Leserbriefe. Auch hierfür Rache. Adrian Albrecht hat versucht, Faton diese Tat anzuhängen. Er hat sein Handy geklaut und über dieses eine Droh-SMS an Lasse geschickt. Er hat gelacht, als er mir das erzählte. Ob ihn wenigstens der Mord an Ellen Murnau schockiert hätte, fragte ich ihn. Auch da lachte er nur. Dafür könne er ja nun mal gar nichts.
    Solange du noch so lachst und so sprichst, solange nicht auch nur ein Hauch von Einsicht durchschimmert, wirst du hier bleiben, mein Freund. Das wurde mir mehr und mehr klar.
    Und gestern dann begann er zu heulen. Stundenlang. Er brach in sich zusammen. Ich war befriedigt. Ich hatte meine Rache.
    Ich habe mich darin verloren, liebe Gemeinde. In Hass, Rache und Wut. Gefühle, die David in seinem Psalm herausschreit. Gefühle, die in uns allen sind. Ich habe all das verraten, woran ich glaubte, wofür ich stand.
    Ich werde mich nun der Verantwortung stellen. Werde die Strafe geduldig auf mich nehmen. Für mich hat es sich gelohnt. Wenn Sie wollen, verzeihen Sie mir oder beten Sie für mich. Oder nein, lassen Sie es besser sein. Mir ist es gelinde gesagt scheißegal. Ich werde nach meiner Strafe weggehen von hier. Für immer. Wohin, weiß ich nicht, ob alleine oder mit Stefanie und Lasse. Weiß ich auch nicht. Die Zeit wird es weisen.
    Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn.
    Ihnen von Herzen alles Gute, Amen!»

    Über das Gotteshaus legt sich eine solch gespenstische Stille, dass ich kurz meine, Jesus am Kreuz atmen hören zu können.
    Ich bin dann der Erste, der reagiert. Ich stehe auf, beuge mich über einen älteren Herrn mit Stiernacken und tippe Stefanie auf die Schulter. Sie dreht sich um, blickt mich mit Panik und Tränen in den Augen an. Ich gebe ihr mit einer Kopfbewegung zu verstehen, sie soll mit mir zusammen nun schnell die Kirche verlassen.

    «Wo ist seine Männerhütte?», schreie ich, als wir im Nieselregen vor der Kirche stehen.
    «Ich führe dich hin», keucht sie, und wir steigen in mein Auto.
    Auf der Fahrt informiere ich die diensthabenden Polizei-Kollegen und bitte sie, Gregor Assmann umgehend festzunehmen. Auch Markus rufe
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