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Der Tod macht den letzten Schnitt

Der Tod macht den letzten Schnitt

Titel: Der Tod macht den letzten Schnitt
Autoren: Nancy Livingston
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zu stöhnen. Hat sie ihr Einsatzzeichen bekommen?»
    «Garantiert!» versicherte der
Aufnahmeleiter. «Ich habe sie am Fuß angestoßen, als die Kamera hinter ihr
umgesetzt wurde.»
    «Gut. Erinnere sie noch mal. Laß die
Schweinerei wegmachen, und dann alles zurück auf Anfang für die Szene.»
Bernhard nahm seine PA ins Visier. «Und wenn wir überziehen! Es interessiert
mich nicht. Niemand gibt das Startkommando, bis ich...»
    «Großer Gott!»
    «Robert! Was ist?» Roberts Aufschrei
hatte jede Geschäftigkeit eingefroren. Alle starrten auf die Monitore. Der
Aufnahmeleiter hatte die Bettdecke zurückgeschlagen und die Quelle des
Blutstroms bloßgelegt. Die Schauspielerin Margarite Pelouse leistete sich eine
echt aussehende Brustkorbwunde, in der auch noch die Waffe steckte. Der
Regisseur tobte. «Was erlaubt sie sich eigentlich? Jetzt ist keine Zeit für
Scherze. Sie hat eine Frau zu spielen, die von einem Wagen angefahren wurde,
und keine...»
    «Ich glaube, sie ist tot!» Roberts
Stimme kiekste vor Entsetzen. Aber in der Regie war man gegen die Wirklichkeit
immun. «Nicht vor Ende der Szene — erst wenn sie die Augen öffnet und den
leisen Seufzer ausstößt, wie geprobt ausstößt, stirbt sie.»
    «Nein, tot ! Bernhard! Tot, tot!»
    «Tot?»
    «Ja, tot.»
    «Allmächtiger!» Einen Augenblick lang
waren alle wie betäubt — dann fiel der Blick der PA auf die Uhr. Sie waren
Sekunden vor dem Zeitpunkt, an dem für alle (nun ja, für fast alle) Überstunden
fällig wurden.
    «Lunch», krächzte Pat automatisch,
«räumt das Studio.»
     
    Der über Notruf alarmierte
Streifenwagen fuhr mit Sirenengeheul vor, und der Fahrer forderte über Autofunk
Verstärkung an, als er erfahren hatte, was geschehen war — zu spät, wie sich
zeigte. Besetzung und Technik der Serie Doctors and Nurses aus den
Soho-Studios von Rainbow Television, die in der Mehrzahl gar nicht wußten, was
vorgefallen war, hatten sich längst in der Menschenmenge auf der Oxford Street
verloren.
     
     
    Büro Programmdirektor
     
    Das Büro hatte cremefarbene Möbel und
cremefarbene Teppiche und mit Lavendel gefüllte Schalen und einen Kamin aus
blassem Stein mit flackernder, gasbetriebener Kohleimitation. Es war für
schöpferische Pausen entworfen worden und nicht für feindselig geführte
Ermittlungen der Polizei.
    In Detective Sergeant Mullins
Fingerspitzen pochte der Ärger so heftig, daß seine Hände eine Art Eigenleben
führten. Am liebsten hätten sie jemandem den Hals zugedrückt, woraufhin Mullin
sich gezwungen sah, sie mitsamt ihren Gelüsten in den Taschen verschwinden zu
lassen.
    «Warum hat hier jeder einfach weggehen
können, ehe wir eintrafen?» Der für den Sessel zu lang geratene Mullin — ein
von allen beargwöhnter Außenseiter — war vorübergehend den ermittelnden
Polizeibeamten überstellt worden, deren Schritte jetzt als hohles Echo durch
die fast leeren Studios hallten. Ihm fiel die Aufgabe zu, Namen und Anschriften
der wenigen Personen festzuhalten, die sich im Gebäude aufhielten, aber Mullin
war entschlossen, mehr zu tun. Ein ungeklärter Todesfall bot eine Chance zu
Pluspunkten bei seinem Vorgesetzten, und folglich hatten die Zeugen sich an
jede noch so belanglos scheinende Kleinigkeit zu erinnern.
    Ashley Fallowfield, Ex-Ballettänzer,
TV-Moderator, Aufnahmeleiter und nun Programmdirektor von Rainbow Television,
meinte ermattet: «Was kann ich dafür? Sagen Sie , und schon setzt
sich alles in Bewegung.»
    «Aber Sie wußten doch, daß die
Schauspielerin tot war, oder?»
    «Wir drehen eine Klinikserie, Herzchen,
so was passiert in jeder Folge...»
    «Ich rede nicht vom Fernsehen, Mr.
Fallowfield.»
    «Hören Sie» — Ashleys Kopf schmerzte
zum Zerspringen — , «als die Leute Pat, unsere Produktionsassistentin,
, rufen hörten, liefen sie los wie die Pawlowschen Hunde. Aber sie
sind ja gleich wieder da. Es ist fast halb drei. Um drei machen wir mit der
Aufzeichnung weiter.»
    «Mörder inklusive?» Mullin stammte aus
Leicester und redete nicht gern mit Männern, die sich die Augen schminkten.
    «Wer immer es gewesen ist, er will mit
Sicherheit keinen halben Tag Gage verlieren.» Das sagte Ashley in aller
Unschuld.
    «Mr. Fallowfield, Sie scheinen nicht zu
begreifen... die Wirklichkeit hat die Fiktion überholt! Wir untersuchen einen
ungeklärten Todesfall — eine Frau ist erstochen worden.»
    Der Programmdirektor schürzte die
Lippen. «Margarite hätte das Wort Dame bevorzugt.»
    «Mr.
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