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Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo

Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo

Titel: Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo
Autoren: Gerhard Feix
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Bundesregierung. Am Samstag, dem 15. Oktober, um 11 Uhr 25 bat der Pilot der „Landshut" daher den Bundeskanzler, bei seiner Entscheidung das Leben der Passagiere, besonders das der Frauen und Kinder, zu berücksichtigen. Wenige Stunden später beantragte Schleyers Sohn Hanns Eberhard beim Bundesverfassungsgericht eine einstweilige Anordnung, die die Regierung zwingen sollte, die Forderung der Terroristen zu erfüllen. Zur gleichen Zeit trat in Bonn das Kabinett zu einer Sondersitzung zusammen.
    In der BRD tauchte das Gerücht auf, die Regierung wolle die entführte Lufthansamaschine durch eine Rangereinheit stürmen lassen. Das wurde um 17 Uhr 41 von Staatsminister Wischnewski nachdrücklich dementiert. Um diese Zeit befand sich die GSG 9 bereits in Ankara.
    Abends gegen halb acht gab die türkische Regierung bekannt, daß sie der Forderung der Flugzeugentführer nachgeben würde, sofern die Regierung der BRD ein Gleiches täte. Und während in Bonn bereits zum dritten Mal an diesem Tage der „kleine Krisenstab" unter Vorsitz von Bundeskanzler Schmidt zusammentrat, verwarf in Karlsruhe der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts den Antrag Hanns Eberhard Schleyers. Wenn der Senat die gewünschte Anordnung erließe, würde das Risiko für die Terroristen kalkulierbar, hieß es in der Ablehnungsbegründung. Damit war praktisch auch von höchstrichterlicher Seite die Taktik der Regierung gebilligt worden.
    Die Flugzeugentführer hatten sich mittlerweile eine Verlängerung des Ultimatums auf Sonntag, den 16. Oktober, 13 Uhr abhandeln lassen. Es lief ab, ohne daß Bonn die geringsten Anstalten traf, die Forderung der Terroristen zu erfüllen. Etwa 40 Minuten zuvor war die „Landshut" in Dubai gestartet. Nachts gegen drei Uhr landete sie in Mogadischu in Somalia. Die Flugzeugentführer setzten eine letzte Frist bis 15 Uhr, die sie jedoch später abermals verlängerten. Gleichzeitig ließen sie, um ihre Entschlossenheit zu demonstrieren, eine Leiche aus der Maschine gleiten. Es war der Flugkapitän der „Landshut", Jürgen Schumann. Er war vermutlich schon mehrere Stunden zuvor erschossen worden. Staatsminister Wischnewski flog unverzüglich nach Afrika zu Geheimverhandlungen mit der somalischen Regierung. Die mittlerweile in Kreta stehende GSG 9 wurde nach Mogadischu beordert.
    Im Sonderflugzeug, das Wischnewski an das Horn von Afrika brachte, saßen auch der Leiter der Terrorismusabteilung des BKA, Boeden, der Chef der GSG9, Wegener, sowie weitere Sicherheitsexperten. Vom Tower auf dem Flugplatz in Mogadischu hielt Wischnewski, assistiert von einem Polizeipsychologen, Kontakt zu den Flugzeugentführern und versuchte mit Anfragen und vagen Zusicherungen Zeit zu gewinnen, bis die Einsatzeinheit der GSG 9 im Schutze der Dunkelheit landen konnte.
    Um 23 Uhr 50 erteilte er den Sturmbefehl. Genau zehn Minuten später schoß die Einsatzgruppe eine „Blendgranate" in das vordere Drittel der „Landshut", sprengte die Flugzeugtüren und sprang schließlich in die Maschine.
    Sieben Minuten später war alles vorbei. Drei Entführer waren erschossen, der vierte, eine Frau, schwer verwundet. Einige Geiseln und einer der GSG-9-Männer hatten leichte Verletzungen. Die terroristische „Operation Kofr Kaddum" war gescheitert.
    Um 0 Uhr 12 meldete Wischnewski nach Bonn: Die Arbeit ist erledigt. Um 0 Uhr 31 jagte DPA eine Blitzmeldung in den Äther: GSG 9 befreite Geiseln. Die Menschen atmeten auf.
    Acht Stunden später, am 18. Oktober 1977 um 8 Uhr 35, folgte eine DPA-Eilmeldung, die stutzig machte: Baader und Ensslin haben Selbstmord begangen. Bald darauf wurde bekannt, auch Jan Carl Raspe wäre verstorben und Irmgard Möller durch mehrere Stiche schwer verletzt. Damit war der gesamte sogenannte harte Kern, also die Führungsspitze der RAF, tot, denn Ulrike Meinhof hatte man bereits am 9. Mai 1976 erhängt in ihrer Zelle im Zuchthaus Stammheim aufgefunden.
    Was sich in der Nacht der Geiselbefreiung in Stammheim tatsächlich zugetragen hat, wird mit letzter Sicherheit wohl nie aufgeklärt werden. Unmittelbar nach Bekanntgabe des Todes der RAF-Führer wurde der Verdacht geäußert, sie hätten sich nicht selbst, wenigstens aber nicht freiwillig das Leben genommen. Nach ersten amtlichen Darstellungen fanden die Zuchthauswärter in Stammheim morgens um 7 Uhr 41 den Häftling Raspe mit einem Kopfschuß in seiner Zelle. Sie hätten sofort seinen Abtransport ins Haftkrankenhaus veranlaßt und erst danach, gegen acht Uhr, in den Zellen der
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