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Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)

Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Reginald Hill
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Sie selbst, lieber Andy, malen auf Ihre Art solche Bilder, was Sie zeitweilig sogar zu einem Künstler macht. Wie gesagt, ich vermute, Sie ahnen bereits in groben Zügen, was sich abgespielt haben könnte, weshalb es mich dazu drängte, mit Ihnen zu reden.
    Mir war klargeworden, dass die liebe Daphne, eine Frau mit großem Appetit, der auch durch das Alter nichts von seiner Unersättlichkeit verloren hatte, mehr als eine ungelenke Begegnung mit einem widerwilligen Lester benötigte, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Wäre er erst einmal im ehelichen Schlafzimmer angekettet gewesen, hätte sie ihn zweifellos gelehrt, wie er für sein Abendessen zu singen hatte. Doch solange sie noch auf der Jagd war, brauchte sie jemand anderen, um sich in Form zu halten, jemanden, der vital genug war, um ihren hohen Ansprüchen zu genügen, und jemanden, der einen guten Grund hatte, die Liaison diskret zu behandeln.
    Sie fand ihn in Alan Hollis. Er war ihr Angestellter. Daneben würde er nach ihrem Tod das Hope and Anchor übertragen bekommen. Sie konnte ihn regelmäßig aufsuchen, »um die Rechnungen durchzugehen«. Die Häufigkeit dieser Besuche konnte niemanden überraschen, der wusste, wie penibel sie in Gelddingen war. Die Gästezimmer im Pub wurden ausschließlich von Hollis sowie vom Anwalt Beard und seiner Sekretärin genutzt, wenn diese in die Stadt kamen. (Ihr Gefühl, es könnte sich vielleicht lohnen, mal mit Miss Gay zu reden, lässt darauf schließen, dass Sie, lieber Andy, selbst Gedanken in diese Richtung anstellten. Habe ich recht?)
    Sie fühlte sich also sehr sicher, wenn sie in Alan jemanden hatte, der ihr regelmäßig zu Diensten war. Und hätte sie das auch weiterhin als rein mechanische Transaktion angesehen, wäre vielleicht alles gutgegangen. Doch leider (wie es eben oft der Fall ist bei halsstarrigen und egoistischen Persönlichkeiten) erwuchs aus der Vertrautheit nicht Verachtung, sondern Zuneigung.
    Mit der Zeit stellte sie fest, dass sie Alan Hollis mochte und ihm vertraute. Und sie glaubte, ihre Gefühle beruhten auf Gegenseitigkeit.
    Oh, Andy, das hier hält eine Lehre für Sie und für mich bereit. Glauben Sie niemals, dass jene, die wir für unsere Zwecke gebrauchen, uns auch mögen!
    Und jetzt muss ich Zugriff nehmen zu den letzten Mitteln der Hypothese, die auf solch fadenscheinigen Fundamenten wie Indizien und tragischen Hinweisen ruht, so dass ich sie vor mir selbst nur rechtfertigen kann, wenn ich sie in Form einer fiktionalen Erzählung präsentiere. Lassen Sie mir eine Weile lang freien Lauf!
     
    Daphne Denham, ungewöhnlich stark aufgewühlt nach der Auseinandersetzung mit ihrem trügerischen Neffen, sah aus ihrem Fenster und erblickte bei seiner Arbeit den Einzigen, von dem sie wusste, dass er ihren inneren Frieden wiederherstellen konnte.
    »Alan«, rief sie. »Wollen Sie bitte kurz reinkommen. Ich muss mit Ihnen eine Rechnung durchgehen.«
    Hollis gehorchte, sie gingen zu ihrem Zimmer hinauf, und nach einer Weile erschien sie mit dem gelassenen Lächeln einer Frau, deren Zu- und Abgänge doppelt geprüft und deren Bücher vollkommen in Ordnung waren.
    Die nächste Stunde mischte sie sich unter ihre Gäste, nahm huldvoll deren Komplimente und deren Dankbarkeit entgegen, bis eine ungebührliche Begegnung mit dem ungeschlachten Mr. Godley, einem Gast auf ihrem Fest, weil Protegé ihres Nachbarn Mr. Parker, den gleichförmigen Tenor ihres Betragens empfindlich störte.
    Auf der Suche nach Einsamkeit, um ihr inneres Gleichgewicht wiederzufinden, entfernte sie sich von der Party und näherte sich unwillkürlich der Grillstelle. Bereits aufgebracht, nachdem ihr Bediensteter Ollie Hollis hatte verlauten lassen, es werde aufgrund eines mechanischen Defekts zu einer Verzögerung kommen, war sie noch mehr verärgert, als sie ihn nicht am Grillkäfig vorfand.
    Ein Geräusch oder mehrere Geräusche erregten ihre Aufmerksamkeit.
    Sie kamen aus dem Schuppen. Es klang nach einem ploppenden Champagnerkorken, begleitet von lauten Stimmen und rauhem Gelächter.
    Sie trat näher, auf den Lippen bereits wütende Vorwürfe, wobei sich ihre Wut noch steigerte, als sie eine der Stimmen als die ihres liebsten Hassobjekts erkannte, Hen Hollis.
    Und dann blieb sie wie angewurzelt stehen, als eine andere, noch vertrautere Stimme an ihre Ohren drang. Es war die Stimme von Alan Hollis, ihres Dieners und, wie sie dummerweise annahm, ihres Freundes.
    Bei seinen Worten gefror ihr das Blut in den Adern.
    »Aye, schenk
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