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Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)

Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Reginald Hill
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bei seinem letzten Besuch benutzt hatte, stand weit offen.
    Er ging darauf zu. Er hörte eine Frau kreischen.
    Er begann zu laufen. Schon nach den ersten Schritten war er außer Atem. Den berühmten Heilkräften von Sandytown stand noch eine Menge Arbeit bevor, sein Momentum aber reichte aus, um ihn durch die Tür und die Küche zu tragen, bis er oben an den Kellerstufen schwer keuchend zum Halt kam.
    Er sah hinunter. Gott war schon vor ihm da gewesen.
    Die nackte Glühbirne warf harte, schwarze Schatten über die Szene, die von Caravaggio hätte stammen können.
    Jenny, die Barfrau, kniete zwischen herumliegenden Bierfässern und gesplittertem Holz. Darunter begraben lag Alan Hollis, den leeren Blick zur Decke gewandt.
    Als sie Dalziels Schritte auf den Stufen hörte, drehte sie sich um. In ihrer Miene spiegelte sich blankes Entsetzen, aber sie war ein Yorkshire-Mädel mit starken Nerven. Ein Schrei, dann war sie hinuntergestiegen, um den Zustand ihres Arbeitgebers zu überprüfen, während viele andere Frauen einfach nach draußen gelaufen wären, um Hilfe zu holen.
    »Er ist tot«, sagte sie. Tränen stiegen ihr in die Augen. »Diese alte Kuh hat ihn schließlich doch noch zur Strecke gebracht. Monatelang hat er ihr in den Ohren gelegen, den Keller zu renovieren. Und jetzt ist er deswegen tot.«
    Genauso würden es auch die meisten in Sandytown sehen, dachte sich Dalziel, während er das eingestürzte Fassregal betrachtete. Es war nicht sofort ersichtlich, was als Erstes nachgegeben hatte, eines der alten Regale oder einer der Stützpfosten. Aber nachdem erst mal alles in Bewegung gekommen war, war es wie eine Lawine nicht mehr aufzuhalten gewesen.
    Andere hingegen würden nicht Daphne die Schuld zuschreiben oder in ihr höchstens ein Instrument des Schicksals sehen. Die Hollis’ waren zum Untergang bestimmt, wie jeder wusste. Selbst wenn ihnen das Schicksal scheinbar eine Verschnaufpause einräumte, schien diese nie lange anzuhalten.
    »Nein, Mädel«, sagte er, als er Jenny die Treppe hinaufführte. »Wir wollen doch nicht voreilig jemandem die Schuld geben. Es war Gottes Werk.«
    Oder das seines Vertreters Roote, dachte er.
    Während er Sergeant Whitby und den Notarzt verständigte, überdachte er fieberhaft die Folgen. Der Fall hatte sich zweifellos geändert. In jeder Hinsicht.
    Konnte wirklich Roote für das, was im Keller vorgefallen war, verantwortlich sein?
    Natürlich, verdammt noch mal!
    Und damit würde seine aufgezeichnete Nachricht in einem ganz anderen Licht erscheinen. Jetzt ergab sie Sinn als eine Warnung, nicht voreilig zu handeln, sondern sich zurückzulehnen und Gott eine Chance einzuräumen. Es war mehr als eine Warnung. Eine durch eine Drohung untermauerte Anweisung.
    Drohungen mochte Dalziel nicht. Wäre er jemand, der sich wegen solcher Dinge Sorgen machte, hätte er sich selbstgefällig dazu beglückwünschen können, dass er sie im Namen der Gerechtigkeit ignoriert hatte. Stattdessen fragte er sich, ob dieselbe Gerechtigkeit es erforderlich machte, alles, was er wusste oder vermutete, auf Pascoe abzuladen. Keine sehr erfreuliche Aussicht, im Gegenteil, es wäre eher rücksichtslos, erschütternd und langfristig wohl auch unproduktiv.
    Und würde er sich überhaupt darüber Gedanken machen, wenn nicht die Drohung über seinem Haupt schwebte, die Roote in Form von Mildred gegen ihn in der Hand hatte? Es war eine Sache, eine Drohung um der Gerechtigkeit willen zu ignorieren, ignorierte man sie aber, weil sie einen anarschte, dann war es reine Dummheit!
    Dieses Hin und Her wütete noch in seinem Kopf, als er eine Stunde später das Hope and Anchor den Rettungskräften überließ und in Pets Wagen stieg, um zum Avalon zurückzukehren. Das Wetter hatte umgeschlagen. Der strahlend warme Tag, der der Eröffnung des Festivals beschert gewesen war, war nur noch eine blasse Erinnerung. Auffrischender Wind trieb Wolkenfetzen über den sich verdunkelnden Himmel, auf die Windschutzscheibe platschten die ersten Regentropfen.
    Schließlich war es ja ein Feiertag.
    Als er den Zündschlüssel einsteckte, bemerkte er den gefütterten Umschlag auf dem Beifahrersitz.
    Wenn es wirklich eine Briefbombe ist, dachte er, dann mache ich eben wieder auf armen Reha-Bullen. Nur würde er diesmal definitiv im Cedars einchecken!
    Er nahm ihn zur Hand und riss ihn auf.
    Mildred rutschte heraus.
    Beigelegt war ein nicht unterzeichneter Zettel.
    Andy, wie gesagt, ich habe Mildred aus Sicherheitsgründen an mich genommen.
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