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Der Tod bin ich

Der Tod bin ich

Titel: Der Tod bin ich
Autoren: Max Bronski
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ich zu ihr. Ich schlich hinein, zog mich aus und schlief sofort ein.
     
7.
    Solche Erlebnisse hatten mein Verhältnis zu unserer Sammlung geprägt, Besuchern war das nicht zu vermitteln. Ich gab der jungen Frau daher einige Hinweise zum Sargdeckel des Mumienschreins und zur polynesischen Holzbüste und ließ sie dann alleine durch die Ausstellung streifen. Währenddessen ging ich hinüber zum Südbalkon. Von dort hatte man einen Ausblick auf den Wanderweg, der zum Schloss führte. Aber von Eulmann war immer noch nichts zu sehen.
    Die Prognosen bei meiner Anstellung damals waren ziemlich schlecht gewesen. Mit so einem wie Eulmann könne man nur schwer auskommen. Er sei unzugänglich. Überraschenderweise klappte es mit uns von Anfang an sehr gut. Vielleicht weil er mich selbst für die Stelle ausgesucht hatte und sich mit seiner Wahl nicht blamieren wollte. Bei mir hatte es nicht zu einem Studium gereicht. Zu wenig Biss. Dass aus mir dann der Großhausmeister der RothenbergschenGüter geworden ist, war für meine Verhältnisse sogar eine Art Karriere.
    Ich war hobbymäßig Sternegucker. Bei uns zu Hause in den Bergen war ein klarer Nachthimmel normal gewesen. Dort Formationen ausmachen zu können hatte mich fasziniert. Zu Anfang waren es meine eigenen, hier entdeckte ich den Schädel einer Kuh, dort Gesprenkel wie auf dem Fell unserer Katze. Von meinem Firmpaten bekam ich die erste Himmelskarte, später schaffte ich ein Teleskop an. Eulmann förderte mein Hobby. Zusammen richteten wir im Schlossturm eine kleine Sternwarte ein. Er hatte ganz erstaunliche Kenntnisse in Physik und Astronomie. Durch ihn habe ich einiges über die Grund lagen dieses Fachs erfahren. Fragen, warum er nie mehr daraus gemacht hatte, wehrte er ab.
    Nach seinem Ausscheiden in den Ruhestand frönte ich diesem Hobby auf meine Weise. Ich machte aus dem Hochsitz mit Blick ins Universum ein gemütliches Kabinett, schaffte Matratzen, Tisch und Stühle hoch, Kochplatte und einen kleinen Kühlschrank. So war nun für alle Bedürfnisse gesorgt, und vor allem in der warmen Jahreszeit konnte man dort oben wunderbare Abende verbringen. Ich rauchte in der Hängematte auf dem Balkon ein paar Joints, guckte in die Sterne und meditierte anschließend sanft hin- und herschaukelnd vor mich hin. Obwohl ich die Gestirne und Bilder inzwischen recht gut auseinanderhalten und benennen konnte, war der wissenschaftliche Zugang nie wirklich mein Interesse. Die Muster, zu denen sich die Haufen zusammenballten, beschäftigten mich immer wieder neu. In dem Astronomieforum, in dem ich regelmäßig zugange war, hatte ich von einer Theorie gelesen, nach der die Himmelskörper wie Pixel auf einem Computerbildschirm Zeichen bildeten und eine Inschrift formten, die sich entziffern ließ. Kosmische Chiffren, in denen das Rätsel unseres Daseins aufgehoben war. Solche Vorstellungen faszinierten mich. Nachts auf dem Balkon wurden die Gedanken beweglich,sie flogen. Sie verließen diese Welt und traten mit dem Universum in Kontakt. Nicht selten stellte sich das Gefühl ein, als hielte es mich wie eine Mutter in den Armen. Leider überwältigte mich dabei regelmäßig der Schlaf.
    Mit einer Frau konnte man dort oben schöne Abende ganz anderer Art erleben. Mira und ich waren uns so nähergekommen. Im Turmzimmer waren wir ganz ungestört. In einer lauen Nacht traten wir hinaus auf den kleinen Balkon. Mira hatte nur ihr T-Shirt anbehalten und stützte sich auf die Brüstung. Das Vergnügen, mit ihr sein zu können, wurde dort oben mit Blick in die glitzernden Sterne zu einem kosmischen Erlebnis.
    Als Eulmann noch Verwalter gewesen war, hatte ich solche Eskapaden nicht gewagt. Er war durchaus freundlich und zugewandt, aber das Gefühl, dass er etwas verbarg, wurde ich nie los. Im ehemaligen Pferdestall beispielsweise waren unsere Geräte und Ersatzteile untergebracht. Ganz am Ende befand sich eine schwere Tür, die ständig abgeschlossen blieb. Nie bekam ich einen Hinweis, was dort gelagert wurde oder wofür der Raum gut war. Irgendetwas Wichtiges allerdings musste es sein, sonst wäre die Tür nicht so konsequent versperrt geblieben.
    An einem warmen Frühsommertag hatten wir im Garten gearbeitet. Am späteren Nachmittag sammelte ich schließlich die Geräte auf einer Schubkarre zusammen, um sie zurückzubringen. Wegen der Besucher war der Stall abgesperrt. Das gehörte zu den Grundregeln, denn ein Tourist würde jeden unverschlossenen Raum betreten.
    Eulmann hatte sich auf eine Bank
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