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Der Tigermann

Der Tigermann

Titel: Der Tigermann
Autoren: Lecale ERrol
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hungrige Prasseln der Flammen hören und die Schmerzensschreie der Kalibachi, denen es nicht gelungen war, der Feuersbrunst zu entkommen.
    Es lag irgendwie eine grimmige Gerechtigkeit in der Tatsache, dachte Eli, während seine Füße weitertrabten, daß es gerade für die fanatischsten Anhänger Kalis kaum eine Überlebenschance gab. Denn vor allem sie hatten sich dicht am Altar und weit entfernt von den Toren aufgehalten, so daß sie sich in der entstandenen Panik nicht mehr in Sicherheit bringen konnten.
    Und obwohl sie jetzt schrien und heulten, war es doch gerade ein solches Ende, das sie angeblich immer herbeigesehnt hatten: Zerstörung, Eigenopferung, Vereinigung mit dem großen Nichtsein. Nun, sie würden dieses Ziel auf dem harten Weg erreichen. Eli schüttelte schwach den Kopf. Sie taten ihm leid, obwohl er sich nur zu gut erinnerte, wie sie nach Maras Blut gebrüllt hatten, wie sie das grausige Schauspiel der vorhergehenden Opfer genossen hatten.
    Einen Augenblick hielt der Tigermann an einer Kreuzung an, als müßte er sich erst den weiteren Weg überlegen.
    Erneut donnerte der alte Vorderlader auf.
    »Getroffen!« brüllte Grant triumphierend. »Hurra, ich habe getroffen!«
    Und diesmal bestand kein Zweifel daran, daß der Tigermann taumelte, ja fast gefallen wäre.
    Aber als er weiterrannte, hatte sich seine Geschwindigkeit kaum verringert.
    Und nun stand auch fest, daß tatsächlich der Palast sein Ziel war, denn die Mauern des gewaltigen Bauwerks lagen nun unmittelbar vor ihnen.
    War er vielleicht ein Palastdiener? Oder gar etwas Höheres? Saiva, der ja ständig Zutritt zum Palast gehabt hatte, wäre es bestimmt nicht schwergefallen, so gut wie jeden dort unter seinen Bann zu bekommen.
    Aber wie wollte der Tigermann sich Eintritt verschaffen? Niemand konnte die hohen glatten Mauern erklimmen, nicht einmal eine paranormale Kreatur wie er.
    Doch plötzlich schien der Wertiger verschwunden. Erst als sie die Stelle erreichten, wo sie ihn aus den Augen verloren hatten, entdeckten sie, wie er untergetaucht war.
    Halb versteckt von einem Strebepfeiler lag eine kleine, aber solide eisenbeschlagene Tür. Doch sie war versperrt, von innen.
    Eli drückte vergeblich gegen die massive Tür. Jede Möglichkeit, den Tigermann zu identifizieren und zu vernichten, war ihnen nun genommen.
    Hugo setzte Mara sanft auf den Boden und kramte in seiner Hosentasche.
    »Ich werde das Schloß aufschießen«, knurrte Grant erbost, »sonst verlieren wir die Bestie.«
    »Warten Sie«, befahl Eli. »Ehe Hugo zu mir kam, war er einer der berüchtigtsten Einbrecher Frankreichs.«
    Hugo hatte nun ein kurzes Stück Draht in der Hand, mit dem er im Schloß herumstocherte. Mit einem zufriedenen oder verächtlichen Grunzen öffnete er die Tür.
    »Ein Kinderspiel«, murrte er. »Ein entsetzlich primitives Schloß.« Die Tür knarrte laut, als Hugo sie zurückschob.
    Neue Angst befiel Eli, als er erkannte, wohin diese Tür führte.
    Sie standen unmittelbar vor der prinzlichen Suite.
    Der Maharadscha, dachte er, die Maharani. Wenn diese reißende Bestie sie unerwartet überfiel… Aber es gab ja noch Posten, die sicher wachsam waren und sich auch bestimmt weder von Saiva oder einem an-deren Hindu hatten bestechen lassen. Sie waren ja schließlich stolze Moslems.
    Aber er rannte weiter, als sie den Korridor erreicht hatten. Der Jäger zupfte ihn am Ärmel.
    »Sehen Sie doch. Ich habe ihn getroffen. Daran besteht kein Zweifel mehr.«
    In leichtem Zickzackkurs führte eine feuchte, dunkle Spur über den weißen Marmor.
    »Blut«, flüsterte Grant. »Er muß schon ziemlich viel verloren haben.«
    Der Tigermann war offenbar mehr getaumelt und gestolpert als gelaufen, denn das Blut war unregelmäßig fast über die ganze Breite des Korridors verteilt.
    Aber immer noch mußte die übernatürliche Kraft der Schattenwelt in der Kreatur stecken. Verwundet, ja nahezu verblutend, konnte er doch auch jetzt noch seinem Trieb nachgehen.
    Eine kalte Hand griff nach Elis Herz, als sie sich der Tür zu den prinzlichen Gemächern näherten. Zwei Posten der Garde hätten dort Wache halten müssen.
    Aber niemand stand vor der Tür. Die beiden Gardemänner lagen auf dem kalten Marmorboden – die Augen starr, der Mund offen.
    Grant beugte sich über sie und untersuchte sie. Er fühlte ihren Puls.
    »Sie sind nicht verwundet. Sie leben. Aber – aber sie rühren sich nicht!«
    So weit also hatte Saivas hypnotische Macht gereicht, dachte Eli, als er nach dem Knopf
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