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Der Tigermann

Der Tigermann

Titel: Der Tigermann
Autoren: Lecale ERrol
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stöhnte leise und brach zusammen.
    »Um Himmels willen, Vorsicht!« schrie Grant. »Die Göttin…«
    Der Boden erbebte unter dem Gewicht der vierarmigen Statue, die zur Rettung ihres Priesters heranstampfte. Es war schwer zu sagen, was sie zu dieser Torheit bewog. Mitleid? Von Kali? Nein, zweifellos war es nur die Gewißheit, daß die Vernichtung Saivas ihren eigenen Untergang bedeuten würde und damit den Verlust ihrer Macht, den Verlust ihrer Gläubigen.
    Aber jenseits der Grenze, die die beiden Säulen darstellte, war Kali nicht mehr Kali. Sie war nur eine Statue aus Stein, die zu wanken begann, als sie ihr eigenes Schutzfeld verließ. Eine Statue, die von ihrer mächtigen Höhe auf Eli herunterblickte, ehe sie umstürzte wie ein gefällter Baum.
    Eli sprang zur Seite und beobachtete regungslos, wie die Steinfigur langsam auf den Hohenpriester fiel.
    Der beleibte Mann stieß einen schrillen Schrei aus, als einer der Steinarme durch seinen Unterleib stieß und ihn auf dem Boden festnagelte, während ein anderer seinen rechten Arm in Schulterhöhe abtrennte.Das Blut schoß aus den Wunden, und die Beine zuckten. Mit düsterem Gesicht beobachtete Eli den Todeskampf des Hohenpriesters. Saiva würde keine Opfer mehr auf dem Altar darbringen. Er würde keine Unschuldigen mehr erbarmungslos in einen grauenhaften Tod führen.
    »Allmächtiger Gott!’ stöhnte Grant und schüttelte sich. »Wie ist das nur möglich? Ich – ich habe so etwas in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen.«
    »Dann flehen Sie zu Gott, daß Sie auch nie wieder Ähnliches sehen müssen«, riet Eli ihm ernst.
    »M’sieu ist unverletzt? Es ist vorbei?«
    Ehe Eli antworten konnte, erfüllte seinen Geist eine fast panikartige Angst. Mara! Er hatte nicht mehr an Mara gedacht! Sie befand sich immer noch im Tempel, und was auch dort geschehen war, es mußte etwas ganz Entsetzliches sein, daß es solche Furcht in ihr auslöste. Außerdem müßte sie auch jetzt noch bewußtlos sein, sich in dem Trancestadium befinden, in das er sie versetzt hatte.
    »Mara!« rief er und rannte auf den Tempeleingang zu.
    Die Kalibachi drängten sich an die Tempelmauern und das Tor, völlig verwirrt von dem Fall ihrer Göttin und dem Tod des Hohenpriesters.
    Eine kleine, gebrechliche Gestalt schob sich durch die Menge, schien überall gleichzeitig zu sein.
    »Friede, meine Freunde«, ertönte die Stimme Bapus, des Ganesa-Priesters. »Es gibt noch andere Götter, milde Götter. Kommt in den Tempel Ganesas. Ganesa, der Gütige, wird euch auf einen neuen Weg führen.«
    Die verschreckte Menge versperrte den Eingang – bis Hugo an Eli vorbeibrauste und sich einen Weg brach wie ein Elefant im Unterholz. Links und rechts wurden die Kalibachi achtlos zur Seite gestoßen, doch im Trauma ihres Schocks protestierten sie kaum.
    Eli folgte dem riesigen Franzosen auf dem Fuß, ebenso Grant. Hinter ihnen schloß sich die Mengewieder wie aufgewühltes Wasser hinter einem Schiff.
    Sie traten durch das Portal in den süßlichen Blutgestank und die strahlende Helligkeit von Myriaden von Lichtern. Auch hier hielten sich noch Andächtige auf, jene, denen es nicht gelungen war, sich durch die dichte Menge ins Freie zu drängen. Gläubige, die nicht wußten, was draußen geschehen war. Die nur von dem Wunder wußten, das sie miterlebt hatten – von Kali, die von ihrem Altar stieg und mit dröhnenden Schritten durch das Tor stapfte.
    »Fremde!« brüllte einer. »Sie entweihen das Haus Kalis. Tötet sie!«
    Grant zog einen Revolver und feuerte ihn zweimal über ihre Köpfe ab. Das hielt den wütenden Ansturm auf. Und die aufs Geratewohl abgeschossenen Kugeln schwächten das Licht im Tempel in geringem Maße, als sie zwei Öllampen an der gegenüberliegenden Wand trafen.
    Aber weder Eli noch Hugo kümmerten sich um den Mob. Beide starrten mit vor Entsetzen geweiteten Augen auf das furchtbare Schauspiel am Altar.
    Mara lag darauf ausgestreckt.
    Und eine schreckliche Kreatur beugte sich über sie.
    Auf dem Altar war der Tigermann von Terrahpur gerade dabei, sich auf sie zu stürzen.
    Wie war die Werbestie hierhergekommen? Und warum? Plötzlich erkannte Eli den grauenvollen Plan des Priesters. Er hatte den Tigermann herbeigerufen. So also sollte das Opfer dargebracht werden. Die Bestie sollte Mara schänden und sie dann töten, und das alles vor den Augen der Gläubigen.
    Das Schauspiel hätte seine Macht in der Stadt für immer gefestigt.
    »Halten Sie den Mob auf«, brüllte Eli Grant zu und
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