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Der Thron des Haryion

Der Thron des Haryion

Titel: Der Thron des Haryion
Autoren: Hubert Haensel
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Arme freizubekommen, um seinen kalten Griff abwenden zu können, aber die Angreiferin hielt seine Handgelenke fest umklammert. Mit dem Schnabel hackte sie nach ihm, doch er entging dem mörderischen Hieb, indem er im letzten Moment den Kopf zur Seite warf.
    »Heimtückisches Biest«, zischte Gerrek. Kleine Rauchwölkchen drangen aus seinen aufgeblähten Nüstern, gefolgt von zwei ellenlangen Flammenzungen.
    Die Haryie schrie gellend auf, wollte schützend die Flügel vors Gesicht halten, doch dabei verlor sie das Gleichgewicht.
    Die Angreiferin kam auf dem Rücken zu liegen, aber ihre Fänge zuckten in die Höhe. Eine der Klauen schrammte über Gerreks Drachenhaut. Sich einen Schmerzensschrei verbeißend, packte er zu. Die Bewegungen der Haryie erlahmten.
    Mehr als ein Dutzend der Mischwesen waren eingedrungen. Zum Teil hatten sie die Luken von außen her geöffnet und sich hindurchgezwängt. Andere hüpften inzwischen die Treppe herab, die vom Oberdeck aus ins Schiffsinnere führte.
    Die Haryien kämpften nur mit ihren natürlichen Waffen. Dabei standen die Krallen an Klauen und Fängen der Schärfe eines Schwertes kaum nach, und mit einem einzigen Flügelschlag konnten sie einen Menschen von den Beinen werfen.
    Dennoch waren die Amazonen ihnen überlegen. Die Schwerter verschafften ihnen in der qualvoll werdenden Enge den Vorteil einer größeren Reichweite.
*
    Mit heiserer Stimme versuchte Burra, den Lärm zu übertönen:
    »Besetzt die Luken! Drängt sie über die Treppe zurück!«
    Etliche Kriegerinnen schafften es, die hölzernen Klappen zu schließen und von innen zu verriegeln. Daß es dabei im Bauch der Phanus merklich düster wurde, störte niemanden. Eine Entscheidung zeichnete sich bereits ab. Die Haryien mochten in der Überzahl sein – hier unten half es ihnen wenig.
    Gerrek sah Mythor in der Umklammerung eines der Vogelweiber. Das Gläserne Schwert hatte sie ihm entrissen, allerdings nicht, ohne selbst schwere Verwundungen davonzutragen. Mit bloßen Fäusten versuchte der Kometensohn nun, die Angreiferin niederzuringen.
    Gerrek achtete nicht weiter darauf. Seine Suche galt dem Pfader, der spurlos verschwunden schien.
    »Robbin!« brüllte er. »Wo steckst du?« Nichts. Keine Antwort.
    Was folgte, war für Gerrek mehr ein bedrückender Alptraum denn Wirklichkeit. Mühsam bahnte er sich einen Weg zwischen den Kämpfenden hindurch. Er empfing Schläge und teilte aus, spie Feuer, sobald er sicher sein konnte, nicht die ganze Phanus in Brand zu stecken, und wendete seinen lähmenden Griff an, wenn Haryien ihm zu nahe kamen.
    Aber er war nur mit halbem Herzen bei der Sache, rief erneut den Namen des Pfaders, ohne eine Antwort zu erhalten. Allmählich ebbte der Lärm ab. Dafür ertönte von draußen her lautes Kreischen. Gerrek nahm es nur unbewußt wahr.
    Plötzlich hielt er inne. Auf dem Deck herrschte die Stille eines Totenhains. Nichts bewegte sich mehr.
    Der Beuteldrache war allein, von den Amazonen zurückgelassen – ausgerechnet er, der mit dem Schwert umzugehen verstand wie kaum ein Mann.
    »Weiberpack!« schimpfte Gerrek. Sein Blick schweifte hinüber zur Treppe, über die alle verschwunden waren. Düstere Helligkeit fiel von oben herab und ließ den aufgewirbelten Staub sichtbar werden, der in Schwaden durch die Phanus trieb.
    Gerrek hastete zur Treppe. Die erste Stufe knarrte unter seinem Gewicht wie eine vom Sturm gebeutelte Eiche. Gleichzeitig durchlief ein Ächzen und Stöhnen das Hausboot. Innerhalb eines einzigen Herzschlags kippte es zur Seite. Der Beuteldrache mußte um sein Gleichgewicht kämpfen, als die Phanus gleich darauf erneut schwankte. Einige nur halb geschlossene Lukenklappen polterten.
    Gerrek nahm die zweite Stufe, dann die dritte, indem er sich mit beiden Händen am Geländer anklammerte. Unmittelbar unter ihm, in seltsam verkrümmter Haltung, lag eine Haryie.
    Krachend schlugen die Flügel gegen die Treppe. Sie richtete sich auf.
    »Komm!« fauchte Gerrek. »Komm und stell dich!«
    Narrte ihn die Dunkelheit, oder zuckten die Fänge ihm entgegen? Er stieß zu. Überrascht, auf keinerlei Widerstand zu treffen, geriet er ins Taumeln. Die Haryie indes, obwohl er ihr nur einige Federn abgeschlagen hatte, stürzte schwer zur Seite.
    »Welcher Narr richtet die Waffe gegen mich?«
    Gerrek erschrak. Diese Stimme kannte er.
    »Robbin!« seufzte er erleichtert.
    »Der bin ich, du schwertschwingendes Ungetüm. Ums Haar hättest du mich getroffen.« Zwischen den Anstrengungen des Pfaders,
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