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Der Teufelskeiler

Der Teufelskeiler

Titel: Der Teufelskeiler
Autoren: Joe R. Lansdale
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groß, aber kräftig, breitschultrig und drahtig. Über die Jahre hinweg hatte er sich in unserer Gegend einen ziemlichen Ruf erworben. Die Preisgelder für diese Kämpfe waren normalerweise ganz hübsche Sümmchen. Irgendwas zwischen fünfzig und zweihundert Dollar. Natürlich nur, wenn man gewann. Das heißt, ein Abend Ringen konnte mehr bringen als ein ganzes Jahr Arbeit auf dem Feld.
    Allerdings artete das Ganze meist in eine wilde Keilerei aus, und das war es, was Mama Angst machte. Man wusste nie, ob Papa nicht mit einer gebrochenen Rippe, einem kaputten Bein oder Schlimmerem heimkommen würde. Die Leute nannten das, was Papa tat, zwar Ringen, dieser Begriff ist aber irreführend. Im Prinzip war es eine Schlägerei.
    Die Regeln waren, um es vorsichtig auszudrücken, dehnbar. Nicht selten setzte es fiese Schläge, Kopfstöße und Fußtritte. So ziemlich das Einzige, was die Grenzen des Zulässigen überschritt, waren Augenausdrücken und Schläge unter die Gürtellinie. Aber nach allem, was ich so gehört habe, schlich sich hin und wieder auch davon eine ganze Menge ein.
    Ich glaube, Papa war stolz darauf, dass er ein guter Kämpfer war, gleichzeitig aber schämte er sich auch ein wenig dafür. Ich habe mal gehört, wie er zu Mama gesagt hat, er komme sich vor wie einer dieser römischen Gladiatoren, die gegeneinander kämpften, weil die Menge sehen wollte, wie Blut floss.
    Vermutlich hatte er also gemischte Gefühle. Eines aber stand fest: Er ließ uns nie mitkommen und zuschauen. Dabei wäre ich wirklich gern einmal mitgefahren. Da hätte es bestimmt was zu sehen gegeben.
    Üblicherweise lief das so, dass der Jahrmarkt seinen eigenen Mann hatte. Ein gut genährtes, erfahrenes Raubein, das gegen alle antrat, die sich trauten. Das lockte die Leute an, die einen Nickel pro Kopf Eintritt zahlen mussten. Das Antrittsgeld für den Ringkampf betrug einen Vierteldollar. Ein Einheimischer hatte in der Regel keine Chance gegen den Profiringer, und wenn der Jahrmarkt ein paar Tage später weiterzog, war er gewöhnlich einen Haufen Nickel und eine Handvoll Vierteldollarstücke reicher.
    Papa hingegen sorgte dafür, dass mehr als ein Jahrmarkt ohne Preisgeld, dafür mit Groll auf seinen Preisringer weiterziehen musste.
    Mama zuliebe wurde das Thema rasch fallen gelassen. Der Doc sagte: »Habt ihr gehört, was mit Herman Halls preisgekröntem Jagdhund passiert ist?«
    »Mit Red?«, fragte Papa. Die Hälfte aller Jagdhunde in Osttexas hieß Red, aber Herman Halls Red war was Besonderes. Er galt allgemein als bester Waschbärhund weit und breit.
    »Den Hund hat's erwischt«, fuhr Doc Travis fort. »Er war hinter einem Waschbär her und kreuzte die Fährte eines wilden Keilers. Und ich rede hier nicht von verwilderten Hausschweinen, sondern von einem großen, wie es sie früher gegeben hat.«
    »Ich habe mir schon gedacht, dass davon immer noch ein paar rumlaufen«, sagte Papa, »aber seit fünf oder sechs Jahren habe ich von keinem mehr gehört.«
    »Red kreuzte jedenfalls neulich abends die Fährte von diesem Vieh und folgte ihr. Herman sagt, er und seine Jungs hätten den Eber nicht gesehen - zumindest nicht richtig. Umso besser haben sie dafür Red gesehen, wie er zwei Meter in die Luft geworfen wurde. Danach brach eine riesige Gestalt durchs Unterholz. Sie war so groß, dass Herman sie erst für einen Schwarzbär hielt, aber als sie dann Red fanden, war der richtig aufgeschlitzt, zerfetzt wie eine nasse Zeitung. Sie leuchteten mit den Laternen den Boden ab und sahen sich die Spuren an. So groß wie eine Menschenhand, sagt Herman. Und tief. Den Spuren und Reds Verletzungen nach zu urteilen, muss der Keiler über vierhundert Pfund gewogen haben, mit Hauern so groß und scharf wie Dolche.«
    »Für ein Wildschwein wäre das ja wahnsinnig groß«, sagte Papa.
    »Ja«, stimmte Doc Travis zu, »aber du kennst ja Herman.«
    Doc Travis brauchte das nicht näher zu erklären. Herman Hall war einer der besten Jäger im County. Er kannte die Wälder, und er kannte die Tiere. Und er war nicht dafür bekannt, dass er zu Übertreibungen neigte, nicht mal ein bisschen. Er war ehrlich wie die Schlinge eines Henkers. Wenn er sagte, etwas sei so und so, konnte man sich ziemlich sicher darauf verlassen, dass es tatsächlich so war. Mr. Hall konnte auch mal danebenliegen, aber nicht absichtlich.
    »Manche Leute behaupten, das ist der Keiler, der früher schon mal hier war. Vor fünf, sechs Jahren. Von dem du vorher gesprochen hast. Sie
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