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Der Teufelskeiler

Der Teufelskeiler

Titel: Der Teufelskeiler
Autoren: Joe R. Lansdale
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tatsächlich immer an Doc Travis und seinen lauten Ford Model B.
Das, was er mir an jenem Tag mitbrachte, und die Neuigkeiten, die er uns erzählte, veränderten mein Leben von Grund auf.

ZWEI

    Papa, Ike und ich waren draußen und hackten Holz. Papa schnitt einige der größeren Stämme auf die richtige Länge zu, und ich verarbeitete mit Hilfe eines Beils das kleinere Zeug zu Anmachholz. Ike sammelte alles auf und stapelte es auf getrennten Haufen. Ike war zehn Jahre alt, hielt sich aber schon für mächtig erwachsen. Tatsächlich wirkte er meistens auch älter. Er hatte echt Mumm und war stur wie ein Ziegenbock. Einige der Holzstücke, die Papa spaltete, waren immer noch annähernd so groß wie Ike, auch wenn sie schon halbiert waren, aber er kämpfte mit ihnen, bis sie auf dem richtigen Platz lagen, als wären sie Feinde, die er niederringen müsste. Aufgeben kam nicht in Frage, eher wäre er gestorben.
    Mama sagte immer, Ike sei der geborene Denker, und ich glaube, das war er auch. Er sagte nur selten etwas, außer er hatte etwas zu sagen. Ich hingegen plapperte den lieben langen Tag vor mich hin, über alles und nichts. Hin und wieder, wenn ich gerade so richtig in Schwung war, sah Papa zu mir herüber und sagte: »Mach mal 'ne Pause, Junge.«
    Das brachte mich eine Weile zum Schweigen, aber es dauerte nicht lange, und ich legte wieder los. Meine Lippen bewegten sich schneller, als ein Kolibri mit den Flügeln schlagen kann. Reden mochte ich mehr als alles andere, außer Lesen. Wir besaßen nicht viele Bücher. Die Bibel, Moby Dick von Herman Melville, Der Ruf der Wildnis und einen Band Kurzgeschichten von Jack London, Shakespeares gesammelte Werke, Kiplings gesammelte Werke, Huckleberry Finn und Tom Sawyer von Mark Twain und mein absolutes Lieblingsbuch, Die Prinzessin vom Mars von Edgar Rice Burroughs. (Es machte mich immer ganz wütend, dass jemand seinem Sohn den Mittelnamen Rice, also Reis, gegeben hatte. Ich fragte mich, ob er Geschwister mit den Mittelnamen Hafer, Weizen, Mais und Gerste hatte.) Außerdem hatten wir ein Buch über Anlage und Pflege von Blumengärten.
    Jedes dieser Bücher - einschließlich dasjenige über Blumengärten - hatte ich mindestens ein halbes Dutzend Mal gelesen. Und das war ein weiterer Grund, weshalb ich mich auf Doc Travis freute. Er brachte mir nämlich oft eine oder zwei Zeitschriften mit. Normalerweise The Saturday Evening Post oder Colliers, aber was es auch war, irgendwann hatte ich sie so oft gelesen und die Seiten so oft umgeblättert, dass sie weich wie Seidenpapier waren. Und das war wahrscheinlich auch der Grund, warum sie letztlich draußen im Klohäuschen endeten.
    Aber auch wenn ich sie von vorne bis hinten gelesen und halb auswendig gelernt hatte, sah ich sie nur sehr ungern verschwinden. Doch in unserer kleinen Hütte hatten wir einfach nicht genug Platz, dass ich mich zu einem Zeitschriftensammler hätte entwickeln können.



Jetzt fange ich schon wieder an, plappere drauflos wie ein Eichhörnchen zur Paarungszeit. Um wieder auf das eigentliche Thema zurückzukommen: Wir arbeiteten also draußen bei den Holzstapeln, als die Hunde plötzlich zu bellen anfingen und wir Doc Travis' Auto den Weg heraufhusten hörten.
    Wir wußten gleich, dass er es war. Sein Ford machte einen Lärm, der keinem anderen ähnelte. Ich hatte immer den Eindruck, er müßte jede Minute in die Luft fliegen und seine Teile über Osttexas und Nordwestlouisiana verstreuen.
Papa und ich hatten kaum unsere Werkzeuge hingelegt und Ike den letzten Klotz auf seinen Platz gewuchtet, da kam Doc Travis schon um die Kurve. Der Ford klapperte und stotterte.
Doc Travis parkte im Hof und stieg aus, und die Hunde sprangen um ihn herum wie Flöhe auf der Suche nach einem warmen Plätzchen. Wie üblich trug er seinen staubbedeckten, schwarzen Hut und Anzug und sein weißes Hemd, das gar nicht mehr richtig weiß war. Vom Schweiß und Staub und vielen Waschen mit Seifenlauge hatte es eine Farbe angenommen, die irgendwo zwischen schmutzigem Schneematsch und verdorbenem Eidotter lag.
Papa klopfte sich die Hände an seinem Overall sauber und ging hinüber, um Doc Travis zu begrüßen. Sie schüttelten sich lange die Hände.
»Wie geht's dir denn, Leonard?«, fragte Doc Travis.
»Kann nicht klagen, kann wirklich nicht klagen«, antwortete Papa.
»Gut. Das freut mich.« Doc Travis wandte sich an Ike und mich. »Und euch Jungs geht's auch nicht schlecht, so wie ihr ins Kraut schießt.«
Mama kam zur Tür
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