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Der Teufelskeiler

Der Teufelskeiler

Titel: Der Teufelskeiler
Autoren: Joe R. Lansdale
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schmerzhafte Kratzer zu. Kein Vergleich allerdings zu den Kratzern, die mir Old Satans Hauer zugefügt hatten. Meine Hüfte fühlte sich an, als würde jemand einen Pflug drüberziehen.
    Durch das Rankengewirr konnte ich Old Satan sehen. Er ging schon wieder auf mich los, rannte voll in die Büsche und das Gestrüpp. Ich fühlte den Aufprall, doch Das Anschlagen wurde immer lauter. Old Satan wich nicht mehr von der Stelle, und wir schlossen auf. Wir kamen zu einem gewaltigen Brombeergestrüpp mit dichtem Rankengewirr, und dem Lärm nach kam der Krawall genau aus dessen Mitte. Das Anschlagen hörte auf, der Kampf begann. Wir hörten die Hunde knurren und bellen. Und wir hörten auch Old Satan. Er schnaubte, grunzte und quiekte, als hätte er sich schon lange nicht mehr so prächtig amüsiert.
    Wir teilten uns auf, wie Onkel Pharao uns geraten hatte. Abraham ging nach rechts, ich nach links. Als ich Abraham das letzte Mal sah, bevor ich mir einen Weg durchs Dornengestrüpp schlug, hielt er die Winchester in der rechten Hand, den Speer und den Schild in der linken.
    Ich schlug mir mit dem Lauf des Gewehrs einen Pfad bis auf die Lichtung. Wie versteinert blieb ich stehen.
    Bisher hatte ich Old Satan nur bei Nacht gesehen, als Schemen, und im Licht einer Laterne einen kurzen Blick auf seine Schnauze erhascht. Doch das hatte mich nicht darauf vorbereitet, wie er wirklich aussah.
    Ich hatte immer gehört, dass das Tageslicht den Schrecken eines bösen Traums oder die Größe der Dinge wieder auf ein normales Maß reduziert. Diesmal jedoch nicht. Bei Tag wirkte Old Satan einfach noch größer und gemeiner, wie ein bösartiger Gott vom Grund des Flusses.
    Doc Travis und Onkel Pharao hatten recht gehabt. Dies war keine wildgewordene Zuchtsau, das sah man auf den ersten Blick. Dies hier war das Original. Ein wilder Keiler.
    Er war über zweieinhalb Meter lang und dicker als das Regenfass hinter unserem Haus. Er wog bestimmt vierhundert Pfund, mindestens - vielleicht sogar vierhundertfünfzig. Um seinen Kopf hing ein Kranz aus wimmelnden Insekten, die von seinem Gestank angelockt worden waren. Er hatte fünfundzwanzig Zentimeter lange Hauer, die im Sonnenschein funkelten wie Papas Rasierer, und sein borstiges, schwarzes Fell schimmerte metallischblau. Seine Läufe waren groß wie die einer Kuh.
    Und erst die Augen. An die kann ich mich am besten erinnern. Sie waren rosa, beinahe schon rot, wie wässeriges Blut. Allein diese Augen genügten, um zu wissen, dass man hier kein normales Schwein vor sich hatte, auch kein normales Wildschwein. Diese Augen sahen alt und klug aus. In dem Augenblick glaubte ich tatsächlich, Old Satan sei ein Teufel oder Dämon oder indianischer Medizinmann, der seine Gestalt nach Belieben ändern kann.
    Die Hunde waren gar nichts für ihn. Nur große Flöhe. Lästig. Nicht schlimmer als die Insekten, die seinen Schädel umschwirrten. Sie sprangen auf ihn zu, schnappten und bellten ihn an. Doch Old Satan konnte sich einfach blitzschnell umdrehen und sie durch die Luft schleudern. Es war, als spielte er nur mit ihnen. Er war jederzeit in der Lage, sie mit den Hauern aufzuspießen, falls es ihm in den Sinn kommen sollte.
    Einer der Hunde sprang auf seinen Rücken, und Old Satan schnippte den massigen Körper weg wie nichts, sodass er durch die Luft segelte. Der Hund flog quer über die halbe Lichtung und landete schließlich jaulend in den Dornen.
    Das war genau der Moment, in dem Old Satan mich erspähte.
    Bis dahin war ich einfach nur dagestanden und hatte kaum glauben können, was ich sah. Old Satan hatte sich zu sehr mit den Hunden vergnügt, um von mir Notiz zu nehmen.
    Doch als er jetzt herumwirbelte, um dem davongeschleuderten Hund nachzuschauen, fiel sein Blick auf mich, wie ich entgeistert mit dem Gewehr in der Hand dort dastand.
    Sein Blick sagte mir, dass der Hund ihn nicht länger interessierte. Er hatte, was er wollte. Den guten alten Richard Dale.
    Natürlich geschah dies alles innerhalb von Sekunden, aber ich erinnere mich noch an jeden einzelnen Moment, als sei es auf Leinwand gemalt worden.
    Aus den Augenwinkeln heraus sah ich Abraham. Er hatte Speer und Schild fallen lassen und schlug mit dem Zuckerrohrmesser eine Schneise durchs Dickicht. Er hatte einen so perfekten Kreis freigeschnitten, dass man den Eindruck hatte, er schaue aus einem riesigen Adventskranz heraus. Kurz bevor der Keiler angriff, sah ich gerade noch, wie er durch das Loch auf die Lichtung trat.
    Gleichzeitig hob ich mein
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