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Der Teufel trägt Prada

Der Teufel trägt Prada

Titel: Der Teufel trägt Prada
Autoren: Lauren Weisberger
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auf, das von Paris bis Dakar reichte. Es war an der Zeit, diesem unhöflichen Geflüster in Gesellschaft ein Ende zu setzen.
    »Tut mir sehr Leid, Miranda«, verkündete ich in normaler Lautstärke und, zum ersten Mal seit meiner Landung in Paris, mit fester Stimme, »aber ich werde bei der Party morgen wohl nicht zugegen sein können. Das verstehen Sie sicher, oder? Jedenfalls wünsche ich Ihnen viel Vergnügen, es wird bestimmt sehr hübsch. Das wäre alles.« Bevor sie zu einer Antwort ansetzen konnte, schulterte ich meine Tasche und stolzierte ungeachtet der stechenden Schmerzen, die mich von der Ferse bis zu den Zehenspitzen durchzuckten, hinaus auf die Straße, um mir ein Taxi zu schnappen. Nie in meinem ganzen Leben hatte ich mich besser gefühlt. Ich war unterwegs nach Hause.

18
    »Jill, jetzt lass doch deine Schwester in Ruhe!« Die Stimme meiner Mutter hätte Tote aufwecken können. »Ich glaube, sie schläft noch.« Und dann plärrte es von unten die Treppe hoch: »Andy? Schläfst du noch?«
    Ich zwängte ein Lid weit genug auf, um nach der Uhr zu schielen. Viertel nach acht. Morgens. Grundgütiger, was dachten sich diese Leute bloß?
    Ich musste gehörig Schwung nehmen, bis ich endlich zum Sitzen kam. Jede Faser meines Leibs bat und bettelte darum, bloß noch ein kleines Bisschen weiterschlafen zu dürfen.
    »Morgen!« Lächelnd drehte Lily sich zu mir um, ihr Gesicht nur Zentimeter vor meiner Nase. »Die Frühbrigade ruft zum Einsatz.« Jill, Kyle und der Kleine waren zu Thanksgiving angereist, weshalb Lily Jills Kinderzimmer hatte räumen müssen. Derzeit nächtigte sie auf dem ausziehbaren Unterteil meines eigenen Jugendbetts.
    »Was gibt’s da zu meckern? Ich weiß zwar nicht wieso, aber du siehst zu dieser frühen Stunde eigentlich ganz froh und munter aus.« Sie lag auf einen Ellbogen gestützt im Bett, las Zeitung und nahm immer wieder mal einen Schluck Kaffee aus der Tasse, die neben ihr am Boden stand.
    »Ich höre schon seit Ewigkeiten Isaac beim Brüllen zu.«
    »Hat er gebrüllt? Echt?«
    »Sag bloß nicht, du hättest ihn nicht gehört. Seit halb sieben geht das in einem fort. Er ist ja wirklich ein Schnuckelchen, aber dieser Morgenterror muss bald mal ein Ende haben.«

    »Mädels!«, schrie meine Mutter erneut durchs Treppenhaus. »Ist da oben schon wer wach? Macht nichts, wenn ihr noch schlaft, sagt mir bloß Bescheid, so oder so, damit ich weiß, wie viele Waffeln ich auftauen soll!«
    »So oder so? Ich bring sie um, Lil.« Dann brüllte ich durch die geschlossene Tür: »Wir schlafen noch, merkst du das denn nicht? Tief und fest, kann noch Stunden dauern. Wir hören weder das Baby noch dich noch sonst was!« Lily lachte, als ich mich wieder aufs Bett fallen ließ.
    »Nimm’s locker«, sagte sie, ganz untypisch ernst. »Sie freuen sich einfach, dass du wieder zu Hause bist, und ich für mein Teil bin auch froh, hier zu sein. Es ist ja nicht mehr für lange, und immerhin haben wir uns. Halb so wild.«
    »Nicht mehr für lange? Ich fühle mich jetzt schon reif für die Klapsmühle.« Ich schlüpfte aus einem von Alex’ alten Sporthemden, das mir als Nachthemd diente, und zog ein Sweatshirt über. Die Jeans, die ich nun schon seit Wochen Tag für Tag trug, lag zusammengeknäuelt neben meinem Schrank; mittlerweile saß sie um die Hüften herum etwas strammer. Nachdem ich nicht mehr bloß von Kaffee, Zigaretten und Suppe im Schnelldurchgang leben musste, hatte mein Körper die Chance genutzt und sich die zehn Pfund wieder draufgepackt, die mir bei Runway abhanden gekommen waren. Und das Tolle dabei war: Es machte mir nicht die Bohne aus; laut Lily und meinen Eltern sah ich nicht fett, sondern gut aus, und das nahm ich ihnen ohne weiteres ab.
    Lily zog sich eine Jogginghose über die Boxershorts, in denen sie geschlafen hatte, und knotete ein buntes Tuch um ihre Locken. Die strenge Frisur gab den Blick auf die bösen roten Stellen frei, an denen ihre Stirn unsanft Bekanntschaft mit Splittern von der Windschutzscheibe geschlossen hatte, aber die Fäden waren schon gezogen, und der Arzt hatte ihr versprochen, dass höchstens minimale Narben zurückbleiben würden. »Na komm«, sagte sie und griff nach den Krücken, die stets in
Reichweite standen. »Schließlich fahren sie heute alle wieder, dann können wir morgen vielleicht mal anständig ausschlafen.«
    »Sie gibt sowieso keine Ruhe, bis wir runterkommen, oder?«, brummelte ich und half ihr beim Aufstehen. Der Gips um ihren rechten
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