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Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)

Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)

Titel: Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)
Autoren: Richard Montanari
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Junge weinte.
    Als Byrne in den anderen Raum gegangen war, um Roland Hannah zu holen, hatte die Frau ihren dunklen Mantel ausgezogen. Jetzt trug sie ein wallendes weißes Gewand und saß neben Gabriel. Um ihre Taille war ein weißer Gürtel gebunden. Auf ihrem Schoß lagen zwei goldene Messer mit rasiermesserscharfen Klingen.
    Ich rate dir, von mir im Feuer geläutertes Gold zu kaufen … und ein weißes Gewand.
    Roland Hannah neigte den Kopf zur Seite, als hätte er etwas gehört.
    »Ruby«, sagte er.
    Mary Longstreet errötete. »Prediger. Woher wissen Sie, dass ich es bin?«
    Hannah lächelte. Er hatte kleine gelbe Zähne. »Eine Blume verliert ihren Duft niemals, nicht wahr?«
    »Nur wenn sie verblüht, nehme ich an.«
    »Auch dann schwebt der Duft noch in der Luft.«
    Mary Longstreet errötete noch stärker, aber sie schwieg.
    »Du bist eine Frau geworden«, sagte Roland.
    »Schon vor langer Zeit.«
    »Wie lange ist es her?«
    Mary Longstreet blickte zu Boden. »Eine ganze Weile, Prediger.«
    Byrne bemerkte, dass die Sprache der Frau sich ein wenig veränderte. Der Akzent aus West Virginia schimmerte wieder durch.
    »Und dein Sohn?«, fragte Roland.
    »Der Teufel ist noch immer in ihm.«
    Roland Hannah sagte nichts. Da er seine getönte Sonnenbrille nicht trug, konnte man in dem Kerzenlicht seine hässlichen tiefen Augenhöhlen sehen.
    Sie saßen alle vier in einem Kreis. Byrne warf Gabriel immer wieder Blicke zu. Der Junge sah klein und schrecklich verängstigt aus. Seine Hände zitterten.
    Mary Longstreet zeigte auf einen Raum, der neben dem großen Kellerraum der Kirche lag. »Dort drüben«, sagte sie zu Byrne. »Dort muss es geschehen.«
    »Unter dem Sakrarium«, sagte Byrne.
    »Ja, Sir.«
    Byrne wusste nun, dass das Sakrarium die Senke war, in die gebrauchtes Taufwasser und die Asche unbrauchbar gewordener geweihter Dinge geschüttet wurden. Das, was aus dieser Senke abfloss, durfte nicht wie normales Abwasser behandelt werden. Für die X-Markierungen auf den Laternenpfählen war die Erde unter den Kirchen verwendet worden, die Christi Fleisch und Blut seit Jahrhunderten durchtränkt hatte.
    Mary Longstreet stand auf und steckte die beiden Messer durch den Gürtel, der um ihr Gewand geschlungen war. Eines der Messer zerschnitt den dünnen weißen Stoff. An der Stelle bildete sich ein roter Fleck. Sie hatte sich geschnitten, schien es aber nicht zu bemerken.
    Als sie sich hinter Roland Hannah stellte, sah Byrne, dass sie jetzt noch etwas anderes in der Hand hielt. Es dauerte einen Moment, bis er in dem trüben Licht erkannte, was es war: eine Haarbürste.
    »Erinnern Sie sich, dass ich Ihr Haar immer gebürstet habe, Prediger?«, fragte sie.
    Byrne zweifelte nicht daran, dass die Frau, die vor ihm stand – eine Frau, die mindestens fünf Menschen getötet hatte und nun zwei tödliche Dolche bei sich führte –, sich vor seinen Augen zurückentwickelte. Ihre Körpersprache ähnelte der eines jungen Mädchens, und ihre Stimme war nun um eine halbe Oktave höher. Ihr Akzent aus den Appalachen war mit jedem Wort deutlicher zu hören. Sie kehrte in die Zeit zurück, als sie Roland Hannah kennengelernt hatte.
    »Ja, ich erinnere mich, Mary Elizabeth«, sagte Hannah. »Du hast noch immer die Haarbürste deiner Oma?«
    Mary Elizabeth, dachte Byrne. Nicht Ruby. Hannah versuchte, sie zu manipulieren.
    »Ja, Prediger. Außer meinem Jungen ist das alles, was ich noch habe. Alles, was ich getan habe, habe ich für ihn getan.«
    Bedächtig bürstete sie Roland Hannahs Haar.
    »Ihr Haar ist ganz ergraut, Prediger. Zum Teil ist es fast weiß.«
    Als Byrne auf die Bürste schaute, wurde ihm einiges klar. Mary Longstreet hatte sie all die Jahre behalten. Aus dieser Bürste stammten Roland Hannahs Haare – die Beweise, die sie in die Messbücher gelegt hatte. Beweise, mit deren Hilfe sie dafür sorgen konnte, dass er aus dem Gefängnis herauskam und jetzt auf diesem Stuhl saß.
    »Es ist noch immer schön, Prediger. Ihr hattet das schönste Haar. Für einen Jungen.«
    Sie strich mit der Bürste langsam durch Roland Hannahs Haar. Byrne wechselte einen Blick mit Gabriel. Er sah, dass der Junge unmerklich zur Kante seines Stuhls rutschte. Gabriel spähte in die Dunkelheit und zur Treppe hinüber. Offenbar bereitete er sich auf eine Flucht vor. Als er Byrne anschaute, schüttelte dieser den Kopf. Es war zu riskant. Mary Longstreet stand in unmittelbarer Nähe, und ihre Messer waren scharf. Gabriel würde es niemals
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