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Der Tempel der Ewigkeit

Der Tempel der Ewigkeit

Titel: Der Tempel der Ewigkeit
Autoren: Christian Jacq
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gegen dich aufzuhetzen. Kannst du jetzt besser ermessen, in welcher Gefahr du schwebst?»
    Ramses war bestürzt.
    «Dein Widersacher ist nicht zu unterschätzen», fuhr Moses fort. «Wachst du endlich aus deiner Betäubung auf?»
     

DREI
     
     
    MEMPHIS, DAS AM Übergang vom Niltal zum Delta gelegene wirtschaftliche Zentrum des Landes, schlummerte in einer Art bleiernem Schlaf. Im Hafen «Gute Reise» blieben die meisten Handelsschiffe am Kai vertäut, denn während der siebzig Tage Trauer ruhten die Geschäfte, und in den geräumigen vornehmen Häusern der Adligen wurde kein einziges Festmahl abgehalten.
    Sethos’ Tod hatte in der großen Stadt Erschütterung ausgelöst. Unter seiner Herrschaft war der Wohlstand gewachsen, doch in den Augen der wichtigsten Kaufleute mochte er leicht ins Wanken geraten, wenn ein schwacher Pharao Ägypten verwundbar und unbeständig machte. Und wer konnte schon an Sethos heranreichen? Chenar, sein älterer Sohn, hätte das Land sicher gut verwaltet, der erkrankte Herrscher hatte ihm jedoch den jungen und hitzköpfigen Ramses vorgezogen, dessen Äußeres eher einem Verführer entsprach denn dem Oberhaupt eines Staates. Bisweilen begingen selbst die hellsichtigsten Männer Fehler, und wie in Theben raunte man einander zu, daß Sethos sich vielleicht geirrt habe, als er seinen jüngeren Sohn zum Nachfolger erkor.
    Voller Ungeduld durchmaß Chenar die Besucherhalle im Hause des Meba, des Obersten Gesandten, der ein verschwiegener Mann von etwa sechzig Jahren mit sehr würdevollem Auftreten war und dessen breites Gesicht Beruhigung ausstrahlte. Als Feind von Ramses unterstützte er Chenar, dessen politische und wirtschaftliche Ansichten ihm vortrefflich erschienen. Lag die Zukunft nicht darin, große Märkte in den Ländern am Mittelmeer und im Osten von Ägypten zu erschließen, indem man möglichst viele Handelsbeziehungen knüpfte, selbst wenn man dafür einige nicht mehr ganz zeitgemäße Werte preisgeben mußte? Es war doch wohl besser, Waffen zu verkaufen, anstatt sich ihrer bedienen zu müssen.
    «Ob er überhaupt kommt?» fragte Chenar.
    «Er ist auf unserer Seite, sei unbesorgt», beteuerte Meba.
    «Ich mag Rohlinge wie ihn nicht, sie richten ihr Fähnchen nach dem Wind.»
    Der ältere Sohn des verstorbenen Königs war ein kleiner, gedrungener und recht beleibter Mann mit rundem Gesicht und Pausbacken. Die wulstigen, lüsternen Lippen verrieten seine Vorliebe für gutes Essen, während die flinken braunen Augen von ständiger innerer Erregung zeugten. Wegen seiner Leibesfülle verabscheute er die Sonne und körperliche Bewegung, und mit seiner öligen, getragenen Stimme wollte er Vornehmheit und eine Ruhe zum Ausdruck bringen, an der es ihm jedoch oft mangelte.
    Chenar war aus Eigennutz friedliebend. Er hielt es für widersinnig, sein Land gegen Einflüsse von außen abzuschirmen, um es zu schützen. Nur Hüter der Moral, die nicht imstande waren, ihr Glück zu machen, benutzten dafür das Wort Verrat. Ramses, nach altem Stil erzogen, verdiente es nicht, zu herrschen, und wäre dazu auch nicht fähig. Deshalb empfand Chenar keinerlei Gewissensbisse dabei, eine Verschwörung anzuzetteln, die ihm selbst zur Macht verhelfen sollte: Ägypten würde es ihm danken.
    Dazu war es allerdings unerläßlich, daß sein wichtigster Verbündeter den gemeinsamen Absichten nicht abgeschworen hatte.
    «Gib mir etwas zu trinken», verlangte Chenar.
    Meba kredenzte seinem erlauchten Gast eine Schale Bier.
    «Wir hätten ihn nicht ins Vertrauen ziehen sollen.»
    «Er wird schon kommen, davon bin ich überzeugt. Vergiß nicht, daß er so schnell wie möglich in seine Heimat zurückkehren möchte.»
    Endlich meldete der Wachsoldat die Ankunft des so sehnlich erwarteten Besuchers.
    Der blonde Menelaos mit dem durchdringenden Blick, der Sohn des Atreus, Günstling des Kriegsgottes, König von Lakedämon und der große Schlächter von Troja, trug einen doppelten Brustpanzer und einen breiten Leibriemen mit goldener Schließe. Ägypten hatte ihm für die Zeit, deren es bedurfte, um seine Schiffe zu reparieren, Gastfreundschaft gewährt, doch seine Gemahlin, Helena, wollte das Land der Pharaonen nicht mehr verlassen, denn sie befürchtete, an seinem Hof schlecht behandelt zu werden und das Dasein einer Sklavin fristen zu müssen.
    Da Helena die Unterstützung und den Schutz der Königin Tuja genoß, waren Menelaos die Hände gebunden. Zum Glück bot Chenar ihm seine Hilfe an, wobei er ihm jedoch
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