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Der Tanz des Maori (epub)

Titel: Der Tanz des Maori (epub)
Autoren: Emma Temple
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getan habe, war ich betrunken, war nicht bei Sinnen. Es tat mir leid. Aber ich wollte auch unbedingt dieses Kind. Ich war mir sicher, dass ein Kind von mir und Ruiha zu einem wunderbaren Menschen heranwachsen würde – nicht zu so einem weinerlichen Jungen wie der kleine John. Und ich hatte recht! Dein Vater trägt das Beste von beiden Seiten in sich!«
    Â»Aber er weiß nichts von seinem Erbe!«, erklärte Brandon. »Du hast ihm nie gesagt, wer seine wahren Eltern sind. Er wuchs heran in dem Glauben, dass seine Mutter bei seiner Geburt starb, und du hast ihm nie gesagt, dass seine Mutter in Seddonville lebt. Vielleicht – nein: ganz sicher! – hätte er Ruiha gerne kennengelernt. Und Ruiha wäre sicher ruhiger gestorben, wenn ihr Sohn ihr verziehen hätte.«
    Â»Die Wahrheit sagen? Wann denn? Zwischen Hauptgang und Nachspeise den beiden Jungen sagen, dass ich sie adoptiert hatte? Dass ich sie liebte wie meine eigenen Kinder, das hat es mir so schwergemacht, ihnen ihre Herkunft zu erklären.«
    Brandon schnaubte durch die Nase. »Bei meinem Vater mag das sogar stimmen. Wenigstens zum Teil. Aber John? Der war doch nur der Versager, sonst hättest du ihn nicht einfach so abgeschrieben, es hingenommen, dass er sich immer nur an irgendeinem Tresen auf einer Pazifikinsel festhält. Das soll Liebe sein? Einen Sohn einfach verloren geben?«
    Â»Mit John ist das alles nicht so einfach«, wehrte George Cavanagh ab. »Aber Ewan … das hätte ich nicht übers Herz gebracht.«
    Brandon lehnte sich langsam in seinem Sessel zurück und musterte seinen Großvater. »Was ich nicht verstehe: All die Jahre hattest du keine Angst, dass irgendjemand aus Seddonville auftaucht und dich hier in deinem neuen Leben enttarnt? Das hätte doch ständig passieren können!«
    Â»Das war der Grund, warum ich so ungern auf große Feste gegangen bin, kaum Interviews gegeben habe und mich auch sonst von den Medien fernhalte.« Der alte Mann zuckte müde mit den Schultern. »Wie man sieht, waren all meine Sorgen unbegründet. Letzten Endes hat mein Enkel sich in eine deutsche Touristen verliebt, und das war das Ende.«
    Â»Du hast immerhin versucht, Sina von mir und von Neuseeland fernzuhalten. Leider hast du unterschätzt, wie sehr wir uns ineinander verliebt haben. Und wie stur Sina sein kann, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlt.«
    George Cavanagh sah eine Weile sinnend vor sich hin, bevor er noch einmal anfing zu reden. »Wann ist Ruihas Beerdigung?«
    Â»In zwei oder drei Tagen. Wieso?«
    Â»Vielleicht sollte ich hingehen«, murmelte George Cavanagh.
    Brandon hob abwehrend die Hände. »Dort könntest du nur hingehen, wenn du vorher allen und jedem aus den Familien erklärt hast, was vor sechzig Jahren in Seddonville vorgefallen ist. Aber wenn du das tust, dann bin ich mir sicher, dass sie dich erst recht nicht an Ruihas Grab stehen haben wollen. Ihr beide habt nie euren Frieden miteinander gemacht, du hast dich nie entschuldigt für dein unentschuldbares Verbrechen. Wenn es eine Gerechtigkeit gibt, dann müsste sie aus dem Grab herausjagen, mit ihrem Finger auf dich zeigen und dich all der Verbrechen bezichtigen, die du begangen hast.«
    Bitter schüttelte George seinen Kopf. »Aber ich würde mich so gerne noch verabschieden …«
    Â»Dann rede mit meinem Vater. Sag du ihm, warum er zeit seines Lebens ein ›dunkler Typ‹ war, erklär ihm, dass er jetzt die Chance hat, auf die Beerdigung seiner Mutter zu gehen. Aber du? Deine Sünden wiegen zu schwer.«
    Wieder füllten sich die Augen von George Cavanagh mit Tränen. Brandon, der den alten Patriarchen in seinem Leben noch nie hatte weinen sehen, war überrascht über diese abgrundtiefe Bestürzung. Fast trotzig hob er noch einmal den Kopf. »Du urteilst nur über meine damaligen Taten. Und doch sind gute Dinge daraus hervorgegangen. Ohne mein Verbrechen gäbe es weder dich noch deinen Vater … Aber ihr seid doch ein guter Beitrag zu dieser Welt, oder etwa nicht?«
    Â»Das rechtfertigt kaum deine Untaten, Großvater«, erklärte Brandon noch einmal. Dann erhob er sich. »Ich möchte jetzt Zeit mit Ruihas Familie verbringen. Und ich werde ihnen auch genauer erzählen, welche Rolle du in Ruihas Leben gespielt hast. Hier in Charteris Bay überlasse ich es dir selbst, wie viele deiner Geheimnisse du endlich mit
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