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Der Tanz Der Klingen

Der Tanz Der Klingen

Titel: Der Tanz Der Klingen
Autoren: Dave Duncan
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Knochen, ließ ihn schaudern und den Umhang enger um sich ziehen, dabei war es in seinem Arbeitszimmer noch warm von der Hitze des vorigen Tages. Tancred trug nicht einmal einen Umhang über dem Wams, und dieser Beweis jugendlichen Schneids vermittelte Großmeister das Gefühl, alt zu sein. Fürst Roland war auch alt, wenngleich er es sogar sich selbst gegenüber nur sehen eingestehen musste. Er war zu alt, um mitten in der Nacht aus dem Bett gezerrt zu werden, zu alt, um sich unerwarteter, unwillkommener Besucher anzunehmen und zu alt, ein gewaltiges Problem zu bewältigen, das ein Narr von einem König geschaffen hatte.
»Ich bedaure, dass ich solchen Arger bringe«, sagte Tancred kleinlaut. Es war die erste Gelegenheit, die sie für ein Gespräch unter vier Augen hatten.
»Ist nicht Eure Schuld.« Es war Großmeisters Schuld. Ja, der König handelte gänzlich unvernünftig, und der Befehlshaber der Königlichen Garde war ein alter Schwarzseher, aber die Verantwortung lag bei Großmeister. Wenn es seine Pflicht war, unmittelbare Befehle seines Herrschers zu verweigern, sollte er bereit sein, es zu tun und die Folgen hinzunehmen. Es waren Schuldgefühle, die an jenem Morgen an ihm nagten, nicht das Alter. In einem langen Leben im Dienst des Reichs hatte er sich noch selten so sehr wie ein Versager gefühlt.
»Wie viele warme Leiber erwartet Seine Majestät denn genau von mir?«
»Ich bitte um Verzeihung … die Vollmacht.« Sir Tancred trat näher, um das unheilvolle Schriftstück zu überreichen, einen einzelnen Bogen Papier, der über zahlreiche junge Leben zu verfügen vermochte. »Er hat die Anzahl freigelassen. Mindestens einen, soll ich Euch ausrichten, aber er weiß, dass es Euch widerstrebt, weniger als drei private Klingen gleichzeitig zuzuweisen. Höchstens drei, hat er gemeint.«
»Wie rücksichtsvoll von ihm! Und so bald wie möglich, nehme ich an? Flugs die Schwerter durch die Herzen der Jungen und dann bis spätestens um diese Zeit morgen ab auf das erste Schiff, das außer Landes segelt?«
»Sogar noch eher!« Sir Tancred lächelte, wenngleich er bestürzt darüber sein musste, derart höhnische Worte aus dem Mund eines Mannes zu vernehmen, der berühmt für sein Feingefühl war.
Was für ein Querkopf von einem König! Athelgar wusste haargenau, dass in Eisenburg keine Jungen bereitstanden, die in den Rang der Klingen aufgenommen werden konnten, denn er hatte erst vor zwei Wochen seine halbjährliche Wallfahrt zur Schule angetreten, um den jüngsten Schwung Altgedienter zu ernten, sie mit dem uralten, geheimnisvollen Ritual zu uneingeschränkter Treue zu binden. Ursprünglich wollte Großmeister sechs Anwärter freigeben und ließ widerwillig drei weitere ziehen, um Sir Florian zufrieden zu stellen, der bestrebt war, die Kopfzahl der Königlichen Garde zu erhöhen. Der Befehlshaber davor, Sir Ungestüm, hatte es vorgezogen, die Garde schlank zu halten – so wie Großmeister selbst in seiner Zeit als Anführer vor mittlerweile vierzig Jahren. Florian sah in größerer Anzahl erhöhte Sicherheit, was sein Vorrecht als Befehlshaber war.
Doch dann, nur eine Woche darauf, hatte der König aus einer Laune heraus beschlossen, einen neuen Botschafter für Baelmark einzusetzen. Der unglückselige Bursche, ein gewisser Fürst Baxterbrück, war mit einer Vollmacht für drei Klingen in Eisenburg eingetroffen. Schon damals hätte Großmeister aufbegehren müssen, doch wie konnte er einen Mann dazu verdammen, ohne ausreichenden Schutz in jene Brutstätte blutrünstiger Piraten zu reisen? In Baelmark war diplomatische Immunität nichts wert. Dort zählten nur Stahl und das Geschick im Umgang damit, außerdem endete die Jagdzeit auf Botschafter nie. Und so hatte Großmeister entgegen seinem besseren Wissen drei weitere Anwärter freigegeben.
Und heute wieder eine Vollmacht. Es dauerte fünf Jahre, um einen verstoßenen, aufsässigen Knaben in eine Klinge zu verwandeln, und selbst Primus Raunzer war erst seit weniger als vier Jahren in der Schule. Seit den schlimmsten Tagen des Monsterkriegs vor vierzig Jahren hatte in Eisenburg kein derartiger Notstand an ausgebildeten, fähigen Altgedienten mehr geherrscht.
»Im Adlerzimmer sah es etwas karg aus«, meinte Tancred süßsauer.
Das Adlerzimmer war ein Schlafsaal mit einem Dutzend Betten und nur drei Bewohnern – Raunzer, Ringwald und Gutsieg. Zwei der Jungen waren noch keine ganze Woche dort untergebracht. Noch vor wenigen Augenblicken hatte Großmeister in
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