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Der Tag der zuckersueßen Rache

Der Tag der zuckersueßen Rache

Titel: Der Tag der zuckersueßen Rache
Autoren: Jaclyn Moriarty
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Rosengarten, schenke mir ein schönes Glas Weißwein ein und denke an meine Schwertkämpfertage zurück. Ich sollte wirklich mal wieder meinen besten Freund anrufen, den Klempner, und ihn fragen, was er von Sonnenbrand hält. Und wenn er ans Telefon geht, werde ich die Worte GENAU SO AUFSCHREIBEN, WIE ER SIE GESAGT HAT, weil ich nämlich kein eigenes Gehirn habe und in Wahrheit überhaupt ziemlich dämlich bin. Du hast wirklich eine äußerst merkwürdige Vorstellung davon, wer ich bin, nicht wahr, liebes Notizbuch™? Es war natürlich sehr nett, Dich kennenzulernen. Es war echt lustig mit Dir. Aber ich weiß nicht, ob es wirklich gesund wäre, Dich weiter zu benutzen. Zum einen scheine ich diese merkwürdige Vorstellung im Kopf zu haben, alles hinzukriegen, wenn ich nur schreibe. Ich kann ich selbst sein, wenn ich Briefe schreibe, und ich kann meinen Freundinnen helfen, wenn ich Geheimaufträge schreibe. Ich kann Dinge verändern, Leute bestrafen, mich verlieben und mich selbst finden, und das alles, indem ich die richtigen Worte zu Papier bringe. Dabei verstecke ich mich in Wahrheit vielleicht nur hinter den Worten. Genau wie ich mich hinter der Vorstellung verstecke, dass die ganze Welt düster und schrecklich ist: dass ich meine Eltern hasse, dass ich ständig Angst habe, Em und Cass könnten versagen, und dass ich Schiss habe, niemals Schriftstellerin zu werden. Dabei sollte ich eigentlich stolz auf Em und Cass sein. Und ich weiß nicht mal, warum ich meine Eltern hasse – ich kann zwar ein paar Gründe nennen, wie die Tatsache, dass meine Mum ständig weggetreten ist und mein Dad es nicht lassen kann, mit anderen Frauen zu flirten, obwohl er so ein Langweiler ist, dass niemand außer meiner weggetretenen Mutter sich je in ihn verlieben würde. Aber im Grunde sind sie echt in Ordnung und haben einfach ein hartes Jahr hinter sich. Vielleicht bin ich einfach nur wütend auf sie, weil der Tod von Cass’ Vater sie dermaßen erschüttert hat – ich wollte so gerne, dass sie normal und stark bleiben, während wir anderen alle verrückt spielten.
    Ich werde jetzt mal ganz symbolisch und dramatisch werden und Folgendes sagen: Es ist an der Zeit, mich nicht mehr hinter Worten zu verstecken und aus der Dunkelheit hervorzutreten. Ich will immer noch Schriftstellerin werden. Aber ich glaube nicht, dass DU mich zu einer machen wirst. Im Gegenteil: Wenn ich versuche, Deinen Anweisungen zu folgen, verstecke ich mich nur hinter noch mehr Worten. Ich werde deshalb Folgendes tun: Ich werde eines der Notizhefte nehmen, 48 Seiten, fein liniert, die Dad in seinem Arbeitszimmer aufbewahrt. Schau, da liegt schon eins direkt neben mir. Und ich werde eine Geschichte in dieses Notizheft schreiben. Vielleicht eine Geschichte über ein Mädchen, das sich in einen fußballverrückten Typen verliebt, der von einer Untergrund-Spionageorganisation gefangen genommen wird und dem Mädchen heimlich Hinweise übermittelt, beispielsweise mithilfe von Porträts, deren Farbauswahl verschlüsselte Nachrichten enthält, die das Mädchen dann... Ganz egal, was ich auch schreibe, das Einzige, was mir dabei in die Quere kommen wird, sind diese hellblauen Linien.

Emily

    OBERSTER GERICHTSHOF VON NEW SOUTH WALES, SYDNEY,
ABTEILUNG BÜRGERLICHES RECHT
    VORLADUNG
    Unterzeichnet Benjamin A. Thompson (Der Vater)
Bitte beachten Sie, dass
    (1) Sie verhaftet werden, wenn Sie dieser Vorladung nicht Folge leisten.
    An:
Emily Melissa-Anne Thompson
Hunting-down Circle
Nr. 52
Cherrybrook NSW 2126
DEINE ELTERN ORDNEN HIERMIT AN, DASS DU DIE UNTEN BESCHRIEBENEN AUFGABEN AUF DICH ZU NEHMEN HAST:
(a) Geh reiten;
(b) während eines Ausflugs zu unserem Wochenendhaus auf dem Land;
(c) mit Deinen Eltern und Deinem kleinen Bruder (»William«);
(d) vom ersten Wochenende der Ferien an, so lange, bis Deine Eltern Deine weitere Anwesenheit entschuldigen;
(e) weil Deine Eltern so unglaublich stolz auf Dich sind.

Cassie

    Gestern Abend ist was Lustiges passiert, liebes Tagebuch. Mum und ich beschlossen, nicht mehr zu den Therapiesitzungen bei Claire zu gehen. Und das kam so: Claire gab uns die Aufgabe, uns auf den Boden zu setzen und kleine Plastikweihnachtsbäume zu dekorieren. (Wir haben gerade mal Oktober!) Mum war so entsetzt, dass ihr auf die Schnelle kein raffinierter Grund einfiel, warum das illegal sein könnte, deshalb verbrachten wir die ganze Sitzung damit, schweigend Lametta um Zweige zu wickeln, während wir ab und an verstohlen zu Claire rüberschauten, um zu
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