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Der Tag der zuckersueßen Rache

Der Tag der zuckersueßen Rache

Titel: Der Tag der zuckersueßen Rache
Autoren: Jaclyn Moriarty
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sehen, ob es ihr tatsächlich ernst damit war. Und immer, wenn sie gerade wegsah, starrten wir uns mit großen Augen an, nach dem Motto Was soll das denn? . Am Ende sagte Claire dann: »Gefällt euch die Dekorationstherapie genauso gut wie mir?« Mum und ich nickten höflich. Auf dem Weg zum Auto sagten wir kein Wort, nicht mal, als wir ins Auto einstiegen und es DING DING DING machte, während es darauf wartete, dass wir uns angurteten. Mum sah nach hinten und parkte rückwärts aus und dann, während sie den Vorwärtsgang einlegte und den Rückspiegel zurechtrückte, sagte sie: »Cassie?«
    Und ich sagte: »Absolut.« Womit wir beide ausdrückten, dass wir nie wieder auch nur in die Nähe dieser Verrückten gehen würden. Mum sagte, das Wichtigste sei, dass ihre Kollegen von der Arbeit mittlerweile daran gewöhnt seien, dass sie jeden zweiten Donnerstag früher ginge, und dass sie das auch weiter so machen würde. Nur könnten ab sofort sie und ich etwas zusammen unternehmen, ohne dass Claire uns dazwischenfunkte. Dann fingen wir an, all die Dinge aufzuzählen, die so bescheuert an Claire waren, zum Beispiel, wie sie uns das Band mit dem Beifall vorgespielt hatte und dass sie schielte und immer zwei Knöpfe an ihrer Strickjacke fehlten und dass sie immer so tat, als wäre sie schlauer als wir, und wie sie Mum gesagt hatte, sie solle einen Brief an Dad schreiben, aber mir das nicht erlaubt hatte. Letzteres kam von mir, woraufhin Mum gefährlich abrupt brems te und » Cassie!« rief Ich fragte: »Was?« Sie sagte: »Du brauchst doch nicht Claires Erlaubnis, um einen Brief an Dad zu schreiben.« Ich zuckte bloß mit den Schultern und sagte, ich sei ein bisschen eifersüchtig gewesen, weil sie diese Aufgabe bekommen habe, während ich mit einem Fremden reden sollte, und dass ich das einfach unfair gefunden hätte, und ehe ich wusste, wie mir ge schah, fing Mum an zu weinen. Allerdings nur eine Sekunde lang. Sie weint immer ganz unerwartet und kurz, wie ein Niesen. Dann verwandelte sich ihr Wei nen in ein Lachen und sie sagte: »Hast du auch Zuckerstangen für deinen Weihnachtsbaum bekommen?« Wir fuhren ein paar Minuten schweigend weiter, hörten Musik und kicherten immer wieder in uns hinein, wenn wir an Claires Weihnachtsschmuck dachten. »Hör mal«, sagte Mum, nun wieder ernst. »Falls du weiter zu Claire gehen möchtest, ich meine, falls du noch ein paar Fragen an sie hast, dann kannst du es ruhig sagen. Es ist deine Entschei dung.« Ich dachte nach und sagte dann: »Die einzige Frage, die ich Claire gerne stellen würde, ist, warum sie gesagt hat, ich soll mir einen Fremden als neuen Freund suchen.« »Das kann ich dir sagen«, erwiderte Mum sofort. »Sie wusste, dass sie eine so miese Therapeutin ist, dass selbst ein völlig Fremder dir besser helfen kann als sie.« »Na ja«, sagte ich und wurde ein bisschen sauer. »Ich verstehe nicht, warum ich nicht einfach mit Lydia und Emily reden durfte. Sie sind schließlich meine besten Freundinnen.« Darauf sagte Mum: »Keine Ahnung, was im Kopf dieser Frau vor sich geht, aber ich kann dir gerne erklären, warum ich dir wahr scheinlich den gleichen Rat gegeben hätte.« Und dann sagte sie, sie denke, das letzte Jahr habe mich wahrscheinlich ein bisschen verändert, aber in Em und Lyds Gegen wart würde ich mein neues Ich nicht spüren können. Weil sie mich noch als mein altes Ich kennen würden. Dagegen könnte ich bei einem Fremden diese neue Persönlichkeit problemlos ausprobieren und mir so beweisen, dass sie funktioniert. »Findest du denn, dass ich eine neue Persönlichkeit habe?«, frag te ich. »Findest du es?« Sie gibt Fragen gerne zurück, wie eine Lehrerin. »Ja«, sagte ich. »Ich bin verrückt im Kopf.« Ich sagte es geradeheraus, wie einen Witz. Mum lachte nur, als sei es ein Witz, und sagte: »Also, ich finde, das Erstaunliche ist, das du genauso liebenswert bist wie eh und je, nur stärker und mutiger als vorher.« Dann wurden wir langsamer, weil die Ampel vor uns auf Gelb sprang. Sie schlug mit beiden Händen auf das Lenkrad und sagte: »Die Zeugin darf den Zeugenstand verlassen«, und genau in diesem Moment setzte eine Frau, die auf dem Bürgersteig gewarte t
hatte, den Fuß auf die Straße.
    Jedenfalls weiß ich nicht so recht, was ich von Mums Theorie,
dass ich jetzt ein neuer Mensch bin, halten soll.
Und wenn es so ist, wann werde ich wohl meine neue Persönlichkeit an einem Fremden ausprobieren können?
Seb und Charlie scheinen ziemlich coole
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