Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)
Autoren: Robert Merle
Vom Netzwerk:
überzeugen. Doch als dieser, flankiert von zwei finster blickenden Strolchen, ausmeinem Hoftor trat und auf mich zukam, steckte ich besagte Schere ein, und sowie sie auf zwei Klafter heran waren, zog ich meine ledernen Handschuhe an, damit sie mich vor versehentlichen Schnitten schützten, denn bekanntlich haben Dolche keine Garden.
    Dieser Bahuet, den ich in aller Muße betrachten konnte, während er sich näherte, war mittelgroß, aber ziemlich breit in den Schultern, trug einen dicken schwarzen Schnauzbart, dessen Enden um die Mundwinkel herniederhingen, und seine Miene wirkte füchsisch und verschlagen. Mir fiel auf, daß er ein wenig seitlich ging wie eine Krabbe, während seine Augen scheel nach rechts und links spähten. Jedermann sichtbar trug er einen Dolch im Gurt und seine Leute Messer. Leser, war es nicht ein Skandal, frage ich dich, daß eine große Stadt wie Paris so schlecht überwacht wurde und der Büttel so schlapp und feige war, daß derlei Kniekehlenschneider zwei Schritt vom Louvre in Waffen herumspazieren konnten, ohne daß man sie an den Galgen schickte?
    »Gevatter«, sagte ich lächelnd, indem ich wieder meine lässige Haltung einnahm, doch mit einer Hand rücklings den einen Dolchgriff umfaßte, »mein Name tut nichts zur Sache, da ich deinen weiß: Du heißt Bahuet, warst seinerzeit Sekretär des Chevalier d’Aumale, den Gott im Himmel bewahre! und hast dank der ›Sechzehn‹ das Haus von Monsieur de Siorac, einem notorischen ›Politischen‹, besetzt, welches du heute verlassen mußt, weil Navarra dich aus Paris verbannt.«
    »Gevatter«, sagte Bahuet, und seine scheelen Augen verdüsterten sich, »das weiß jeder.«
    »Aber ich weiß außerdem Dinge«, sagte ich mit bedeutungsvoller Miene, »die dir in deiner jetzigen Lage sehr nützlich sein könnten: Sie kosten dich nur fünf Ecus.«
    »Fünf Ecus!« sagte Bahuet, indem er höhnisch auflachte und seinen Sbirren spöttische Blicke zuwarf. »Habt ihr gehört, Kameraden? Fünf Ecus verlangt der Schuft! Der will verkaufen, was er mir sowieso geben muß.«
    Damit zückte er seinen Dolch und setzte mir die Spitze auf die Brust. Ich war leicht verdutzt, muß ich sagen, denn die fünf Ecus hatte ich lediglich verlangt, um meinen Schritt glaubhaft zu machen.
    »Gevatter«, sagte ich, »übel lohnst du meine Mühe, dich vorGefahren zu warnen, die auf dich lauern. Was, zum Teufel, habe ich dir getan, daß du mein Leben bedrohst, wo ich herkomme, um deins zu retten?«
    »Sieh an!« sagte Bahuet, »du hast ein gutgeöltes Mundwerk, wie ich sehe, und eine flinke Zunge! Aber ich schätze es nicht, wenn einer seine Nase in meine Angelegenheiten steckt. Und ich glaube auch nicht, daß du hier bist, um mir zu helfen.«
    »Na schön«, sagte ich, doch flatterten mir ein wenig die Schläfen, weil ich seine Klinge so bedrohlich nahe fühlte, »wenn ihr meine Hilfe verschmäht, schweige ich und gehe.«
    »Gehen will er!« rief Bahuet lachend, einen bösen Funken in den falschen Augen. »Habt ihr gehört, Kameraden, verdrücken will sich der Gauner! Ohne uns seinen Namen zu nennen noch seinen Stand, noch die Botschaft, die er angeblich für mich hat.«
    Und hiermit drückte er seinen Dolch fester gegen mein Wams, zwar ohne es wirklich zu durchbohren, doch spürte ich die Spitze durchs Leder hindurch, keinen Daumen breit von meinem Herzen.
    »Los, Bahuet!« sagte der Rüpel zu meiner Rechten, der im übrigen schrecklich nach Schweiß und Knoblauch stank. »Bei Christi Tod, triff ihn in die Gurgel! Und daß du mir nicht das gute Büffelwams versaust: Da hab ich ein Auge drauf und will’s als meine Beute, wenn du den Kerl umgelegt hast.«
    »Und ich die Stiefel«, sagte der zu meiner Linken.
    »Und ich den Degen«, sagte Bahuet hämisch lachend. »Wir sind uns einig.«
    »Beim Ochsenhorn!« sagte ich, »ihr Herren, was habt ihr vor? Einen ehrbaren Mann am hellichten Tag zu erdolchen, zwei Schritt vom Louvre und vor soviel Zeugen!«
    »Dämlicher Hund!« sagte Bahuet. »In einer Stunde bin ich weg aus Paris und meine Leute mit.«
    »Aus Paris, ja, aber nicht heil und unversehrt, wie ihr jetzt seid«, sagte ich prompt, »denn der Marquis de Siorac, dessen Haus ihr sechs Jahre besetzt habt und dessen Möbel ihr jetzt fortschafft, hat Spione an allen Pariser Toren aufgestellt, und sowie er euren Weg weiß, fällt er mit starker Reiterei über euch her und bläst euch das Licht aus.«
    »Schuft!« rief Bahuet erblassend, »woher weißt du das?«
    »Von einer
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher