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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)
Autoren: Robert Merle
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Kammerfrau des Marquis, die mein Liebchen ist.«
    »Und wer bist du, bei Gottes Tod?«
    »Franz Müller, Lothringer, ehemals Sergeant des Herzogs von Guise zu Reims und derzeit stellenlos.«
    »Ah! Daher hat er Degen und Wams«, sagte der Stinker zu meiner Rechten.
    »Aber wieso will der mir dienen?« fragte Bahuet.
    »Weil ich Geld brauche«, sagte ich.
    »Das Lied kenne ich! Aber ich glaub es nicht, Halunke. Alles Schwindel. Du siehst nicht aus wie einer, der fünf Ecus nachrennt. Schluß mit dem Gefackel, Kameraden. Den nehmen wir mit und quetschen ihm die Würmer aus der Nase. Hopp, Bursche!« sagte er, indem er mich beim Schlafittchen packte.
    Woraus ich ersah, daß es Zeit war, vom Honigseim zum Essig zu wechseln, ich stemmte mich gegen die Tür hinter mir und versetzte ihm einen Tritt in den Unterleib, daß er mitten auf die Gasse flog. Dann griff ich mir meine zwei Dolche, und vorgebeugt, fest auf meinen zwei Beinen, schwang ich sie rechts und links.
    »Her zu mir, Leute!« schrie ich aus aller Kraft.
    Nun wollten die zwei Strolche ihre Messer ziehen, doch schlug ich ihnen so scharf auf die Klauen, daß ihnen die Lust verging, sich mit mir anzulegen, zumal nun Pissebœuf und Poussevent mit blankem Schwert in der Hand gerannt kamen und ihnen derart über den Schädel droschen, daß sie Reißaus nahmen wie aufgescheuchte Hasen. Worauf Bahuet, der sich aufgerappelt hatte, sich aber noch immer gekrümmt die Eingeweide hielt, ihnen nachhinkte in meinen Hof und von seinen Spadaccini sogleich das Tor verrammeln ließ.
    »Potztausend, Herr Marquis!« rief Tronson, der mit wackelndem Bauch und gezogenem Degen dem Sieg zu Hilfe eilte, »das läßt sich sehen! Die haben wir ganz schön verbleut!«
    »Dank für deine willkommene Hilfe, Gevatter!« sagte ich kalt.
    »Moussu lou Marquis«, fragte Pissebœuf auf okzitanisch, »soll ich dem Puter auch eins überbraten?«
    »Nein, nein. Der ist doch nicht zum Kämpfen hier, nur zur Dekoration. Pissebœuf, lauf zum Louvre und sieh, warum der Herr Junker noch nicht kommt.«
    »Nicht nötig, Moussu«, rief Pissebœuf, »der biegt eben um die Ecke von der Rue de l’Autruche, und hinter ihm kommt Monsieur de Vitry mit seinen Arkebusieren.«
    »Gelobt sei die gebenedeite Jungfrau!« sagte Tronson.
    »Die nichts mit unserem Geschäft zu tun hat«, sagte Pissebœuf leise auf okzitanisch, denn mein Pissebœuf, obgleich unverdrossener Schürzenjäger, war ein Hugenotte reinsten Wassers.
    »Herr Marquis!« rief Miroul, indem er gelaufen kam, und sein braunes Auge sprühte vor Zorn, sein blaues starrte eiskalt, »was bedeutet das? Wer hat Euch das Wams zerschlitzt? Ha, Moussu!« setzte er auf okzitanisch hinzu, »Ihr habt Euch mit den Kerlen angelegt – ohne mich! Müßt Ihr denn immer vorpreschen wie ein verrückter Maikäfer?«
    »Still, Miroul«, sagte ich leise auf okzitanisch. »Da kommt Vitry. Aber, beim Ochsenhorn, das ist ja gar nicht Vitry! Das ist Vic!«
    Und ich lachte, denn Monsieur de Vic war Gouverneur von Saint-Denis gewesen, als der Chevalier d’Aumale bei Nacht die Stadt überfiel, dann aber im Glauben, er habe schon gewonnen, seine Truppen im Stich ließ, um mit der Raverie, einer hochklassigen Hure, zu vögeln. Worauf Vic im Gegenangriff die ihres Generals beraubten Ligisten in die Flucht schlug und Aumale von Miroul und mir aus einem Hinterhalt erschossen wurde. Das ärgerliche bei der Sache war nur, daß wir bei unserer Tat keine Zeugen gehabt hatten und der König mir hierüber Schweigen gebot, weil Monsieur de Vic sich schon allenthalben mit der Tat brüstete und zum Lohn auch die Abtei von Bec erhielt, deren Titular der Chevalier gewesen war. Doch als der König mir die zehntausend Ecus zurückzahlte, die ich ihm vorgeschossen hatte, um Monsieur de Vitry auf seine Seite zu ziehen – Monsieur de Vitry, sage ich jetzt, nicht Monsieur de Vic – , da verdreifachte er diese Summe.
    »Ha, Sire«, sagte ich, »das ist zuviel!«
    »Graubart«, sagte er damals (denn so hatte er mich getauft, weil ich mir einen Vollbart hatte stehenlassen, um bei meinen Geheimmissionen so echt wie möglich als Tuchhändler durchzugehen), »Graubart«, sagte er unter vier Augen zu mir, »das ist der Balsam auf deine Wunde, daß du nicht Abt von Bec geworden bist.«
    »Ha, Monsieur de Vic!« rief ich, indem ich dem »Sieger über d’Aumale« lachenden Auges entgegenschritt und ihn herzhaft umarmte, »Ihr kommt zur rechten Zeit. Die Schuftehaben sich in meinem Hof hinter geschlossenem
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