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Der Tag an dem ich erwachte

Der Tag an dem ich erwachte

Titel: Der Tag an dem ich erwachte
Autoren: Emilia Miller
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Unfug, Gail!“, widersprach sie mir heftig. „Du kannst auf dich stolz sein. Ich bin stolz auf dich! Du bist ein wunderbarer Mensch, ein wichtiger Teil von mir… Sogar noch wichtiger als Stanley.“
    „Das würde unsere Psychologin nicht gutheißen“, lächelte ich.
    „Das ist mir scheißegal!“
    Der Oscarverleihung folgte bald ein weiteres erfreuliches Ereignis: Die Hochzeit von Alice und Colin. Colin hatte mittlerweil e noch mehr abgenommen und schien seinen alten, ungesunden Gewohnheiten endgültig abgeschworen zu haben. Anscheinend ging er sogar regelmäßig ins Fitnessstudio, denn sein Körper wirkte in seinem maßgeschneiderten Anzug ungewohnt straff und muskulös. Alice und er gaben ein wirklich schönes Paar ab, und ich musste schon wieder heulen, als sie sich gegenseitig das Jawort gaben. Was für ein abgedrehtes Happy End! Ethan begleitete mich schon wieder und reichte mir wieder Taschentücher. Ich weigerte mich nach wie vor, ihn zu einem weiteren Schritt zu ermutigen, wenngleich ich merkte, dass ich seine Nähe immer mehr genoss. Mittlerweile waren wir sogar ein paar Male miteinander ausgegangen. Er hielt sich stets zurück, verhielt sich wie ein perfekter Gentleman und sah davon ab, mich auf irgendeine Art und Weise zu bedrängen. So entspannte ich mich nach und nach und freute mich über die Freundschaft und die stetig wachsende Sympathie, die wir langsam füreinander entwickelten. Alles rein platonisch, versuchte ich, mir einzureden.
    Alice und Colin kamen oft zum Essen. Ich kochte wieder leidenschaftlich und ging in dieser Leidenschaft völlig auf. Tagsüber besuchte ich einen Wirtschaftskurs, denn Ava kam auf die glorreiche Idee, ein Restaurant mit mir gemeinsam zu eröffnen, ein Familienunternehmen sozusagen. Stanley fand diese Idee wunderbar und stand voll und ganz dahinter. „Avas Bekanntheitsgrad und deine Kochkünste, Gail, sind die perfekte Voraussetzung für ein en Erfolg“, sagte er, „was mir für die Zukunft vorschwebt, ist eine weltweite Kette.“ Auch Avas Agent war von unserem neuen Vorhaben hellauf begeistert, er startete bereits eine Werbekampagne für die Neueröffnung von „Ava Wylers Feinschmeckerparadies“. Ava wollte es ursprünglich „Avas & Gails Feinschmeckerparadies“ nennen, doch ich weigerte mich heftig, bis sie schließlich nachgab. Nachgeben war die wichtigste Lektion, die wir beide bei unserer Psychologin lernten. Mittlerweile war sie äußerst zufrieden mit unseren Fortschritten und freute sich auf die Neueröffnung unseres Familienunternehmens. „Ihr seid eine ungewöhnliche Familie“, erklärte sie uns, „eine sehr liebevolle Familie mit einem sehr starken Zusammenhalt. Achtet auf eure Rollenverteilung, behaltet die Regeln bei, respektiert euch gegenseitig. Dann kann nichts mehr schief gehen!“ Ich fühlte mich regelrecht euphorisch und probierte fast jeden Abend neue Kochrezepte aus. Dabei hatte ich eifrige, dankbare Testesser. Unsere kleine Familie wuchs immer mehr zusammen, trotz ihrer höchst ungewöhnlichen Zusammenstellung: Eine weltbekannte Schauspielerin, ihr Ehemann, der berühmte Produzent, ein Cop, eine ehemalige Edelprostituierte, die mittlerweile zu einer treuen, liebenden Ehefrau mutiert war, ein angehender Doktor der Allgemeinmedizin und ich. Eine passionierte Köchin und angehende Wirtschaftsexpertin, ein Frankensteinmonster, ein armes Ding ohne Namen…
    „Hör auf, dich so zu bezeichne n, Gail!“, schimpfte Ava. „Sonst petze ich das unserer Psychologin. Willst du ab jetzt jeden Tag zu ihr gehen?“, fragte sie mich streng.
    „Verpiss dich, Avie!“, wimmelte ich sie genervt ab. „Ich bin gerade dabei, eine neue Torte zu kreieren. Wenn der Tortenboden verbrennt, spreche ich nie wieder mit dir!“, drohte ich ihr an.
    „Ethan, tu was!“, jammerte sie kläglich und schob ihn gewaltsam in die Küche, „du bist der einzige, der diese Furie noch besänftigen kann!“
    Ich sah amüsiert, wie er sich an dem Türrahmen festklammerte und widmete mich wieder meiner Torte.
    „Ich glaube nicht, dass sie mich hier haben will“, stammelte er verzweifelt.
    „Doch, sie will!“, fauchte Ava ihn an, „in letzter Zeit hört sie sowieso nur noch auf dich!“
    „Gail?“, flüsterte er unsicher, „kann ich dir helfen?“
    „Ja!“, knurrte ich, während ich die raffinierte Creme in dem Mixer verarbeitete. „Hol den Tortenboden aus dem Backofen, bevor er verbrennt!“
    Wir saßen alle beisammen und l ießen uns die Torte auf der Zunge
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