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Der Strand von Falesa

Der Strand von Falesa

Titel: Der Strand von Falesa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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schimpften sich gegenseitig auf kanakisch aus, und jedesmal, wenn Galoshes niederzuknien versuchte, ging Papa mit dem Knüppel auf ihn los. So einen Ulk hatte man in Falesa noch nie gesehen. Das Ende davon war, daß Kapitän Randall eine Art von Schlaganfall kriegte und hinpurzelte, und so kam denn der Priester schließlich doch noch zu seinem Ziel. Aber einen Ärger hatte der Pfaff! Und er beklagte sich bei den Häuptlingen wegen der Beschimpfung, wie er's nannte. Das hatte nun weiter keine Bedeutung, denn unsere Häuptlinge hier sind Protestanten; außerdem hatte er sich unbeliebt gemacht mit Beschwerden wegen des Trommelns zur Morgenschule, und so freuten sie sich, daß sie ihn abblitzen lassen konnten. Darum schwört er nun darauf, Papa Randall habe dem Adams Gift gegeben oder so was, und wenn die beiden sich begegnen, fletschen sie die Zähne gegeneinander wie Paviane.«
    Er erzählte diese Geschichte ganz natürlich und wie ein Mann, der an dem Ulk seine Freude hatte; aber jetzt, da ich sie nach so langer Zeit wiedererzähle, scheint es mir eigentlich eine recht klägliche Geschichte zu sein. Aber kurz und gut, Case tat niemals gefühlvoll, sondern gab sich immer als derber, harter Kerl. Um die Wahrheit zu sagen, er kam mir sehr sonderbar vor.
    Ich ging nach Hause und fragte Uma, ob sie ›Popi‹ sei.
    »E le ai!« sagte sie. Sie sprach stets kanakisch, wenn sie ein Nein besonders stark betonen wollte, und das Wort hat allerdings mehr in sich als unser Nein.
    »Popi nicht gut«, setzte sie noch hinzu.
    Dann befragte ich sie um Adams und den Priester, und sie erzählte mir so ziemlich dieselbe Geschichte, aber auf ihre Art und Weise. Ich war also nicht viel weiter gekommen, war aber im ganzen geneigt zu denken, die ganze Geschichte käme von der Rauferei wegen der Letzten Ölung her und das Gerede von der Vergiftung sei nur Klatsch.
    Der nächste Tag war ein Sonntag; Geschäft war also nicht zu erwarten. Uma fragte mich am Morgen, ob ich ›beten‹ gehen würde. Ich sagte ihr: »Nee – ganz gewiß nicht.« Darauf sagte sie kein Wort mehr und blieb selber auch zu Hause. Dies schien mir merkwürdig für eine Eingeborene, noch dazu für eine eingeborene junge Frau, die sich mit neuen Kleidern brüsten konnte. Da es mir aber außerordentlich angenehm war, so sagte ich nichts darüber. Merkwürdigerweise wäre ich dann doch beinahe in die Kirche gekommen; daran muß ich noch heute denken. Ich war ausgegangen und hörte die Leute in der Kirche singen. Na, Sie wissen ja, wie das ist: Wenn man Leute singen hört, ist es so, wie wenn man mit Gewalt herangezogen würde, und es dauerte nicht lange, so stand ich vor der Kirche. Es war ein niedriges, schmales, aber langes Gebäude, aus Korallen erbaut, an beiden Enden abgerundet wie ein Boot; ein großes Kanakendach oben drauf, Fensterluken ohne Scheiben und Türöffnungen ohne Türen. Ich steckte meinen Kopf zu einem der Fenster hinein, und der Anblick war so neu für mich – denn hier war alles ganz anders, als auf den Inseln, die ich kannte –, daß ich stehenblieb und zuschaute. Die versammelte Gemeinde saß auf Matten auf dem Fußboden, auf der einen Seite die Weiber, auf der anderen die Männer – alle mächtig herausgeputzt, die Weiber in Kleidern und europäischen Hüten, die Männer in weißen Jacken und Hemden.
    Der Choral war gesungen; der Pastor, ein stutzerhafter, großer Kanake, stand auf der Kanzel und predigte, was das Zeug halten wollte; an der Art, wie er mit den Armen herumfuchtelte und auf die Leute losschrie und ihnen seine Weisheit verzapfte, konnte ich merken, daß er ein großer Mann in seinem Geschäft war. Na, plötzlich sieht er auf und begegnet meinem Blick – und ich gebe Ihnen mein Wort: Er taumelte auf seiner Kanzel zurück; die Augen traten ihm aus dem Kopf hervor, er hob die Hand und zeigte auf mich, wie wenn er nicht anders könnte, und bums! war die Predigt aus!
    Man sagt so was nicht gerne von sich selber, aber – ich lief weg! Und wenn ich morgen wieder so einen Schreck bekäme, würde ich wieder weglaufen. Wie da dieser plappernde Kanake auf einmal still war bei meinem bloßen Anblick, das gab mir ein Gefühl, wie wenn die Welt plötzlich den Boden verloren hätte.
    Ich ging schnurstracks nach Hause und blieb da und sagte kein Wort. Sie könnten denken, ich hätte mit Uma sprechen sollen, aber das ging gegen mein Prinzip. Oder ich hätte zu Case hinübergehen und ihn um Rat fragen sollen; aber um die Wahrheit zu sagen: Ich

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