Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Strand von Falesa

Der Strand von Falesa

Titel: Der Strand von Falesa
Autoren: Robert Louis Stevenson
Vom Netzwerk:
abgemacht hatte, die ich immer als Gefängnisjahre rechnete: immerzu unter Tabu kommen und dann nach dem Beratungshaus gehen und sehen, daß es wieder von mir abgenommen wurde; Gin kaufen und mich lustig machen und dann einen Katzenjammer haben und bereuen; nachts zu Hause sitzen und bloß meine Lampe, mit der ich mir was erzählen konnte; oder am Strand 'rumlaufen und mich über mich selbst wundern, was für ein Narr ich war, daß ich da blieb. Andere Weiße waren nicht auf meiner Insel, und wenn ich nach der nächsten hinübersegelte, war die Gesellschaft da eine rüde Bande. Na, da war's denn wirklich eine Lust, diese beiden zu sehen, als sie an Bord kamen. Der eine war ja allerdings ein Neger; aber sie waren beide höllisch flott angezogen, in gestreiften Pyjamas und Strohhüten, und Case hätte in einer Großstadt für ein Muster von Eleganz gegolten. Er war gelb im Gesicht und nur klein, hatte eine Habichtsnase, blaßgraue Augen, und den Bart hatte er mit der Schere gestutzt. Kein Mensch wußte, woher er war, bloß, daß er von Kind auf Englisch sprach, und soviel war klar: Er war aus guter Familie und glänzend erzogen. Auch sonst war er gebildet, spielte großartig Handharmonika, und gab man ihm ein Stück Bindfaden oder einen Pfropfen oder ein Spiel Karten, so konnte er Kunststücke machen wie ein gelernter Taschenspieler. Sprechen konnte er, wenn er wollte, wie im feinsten Salon. Und wenn er wollte, konnte er schlimmer fluchen als ein Yankee-Bootsmann; und plappern konnte er, daß einem Kanaken schlecht dabei werden konnte. Wie er dachte, daß es sich für den Augenblick gerade am besten paßte, so ging dem Case das Mundwerk, und dabei kam es immer ganz natürlich heraus und stand ihm, wie wenn's ihm angeboren wäre. Mut hatte er wie 'n Löwe und schlau war er wie 'ne Ratte; und wenn er heute nicht in der Hölle ist, dann gibt's keinen solchen Ort. Ich weiß bloß
ein
Gutes an dem Mann: Er hatte sein Weib lieb und war freundlich zu ihr. Sie war eine Samoanerin und färbte ihr Haar rot, wie es auf Samoa Mode ist; und als er zu sterben kam – wie ich zu erzählen haben werde –, da fanden sie etwas Merkwürdiges: nämlich, daß er ein Testament gemacht hatte wie 'n Christenmensch, und seine Witwe kriegte den ganzen Kram: alles, was sein war, sagte man, und alles, was dem Schwarzen Jack gehörte und das meiste von Billy Randalls Hab und Gut obendrein, denn Case hatte die Bücher geführt. So fuhr sie denn nach Hause in dem Schoner Manu'a und spielt die feine Dame m ihrem Dorf bis auf den heutigen Tag.
    Aber von alledem wußte ich an diesem ersten Morgen nicht mehr als eine Fliege. Case behandelte mich als Gentleman und als Freund, hieß mich auf Falesa willkommen und stellte mir seine Dienste zur Verfügung, was mir um so mehr erwünscht war, da ich die Sprache auf der Insel nicht kannte. Den ganzen besseren Teil des Tages saßen wir in der Kajüte und tranken auf gute Bekanntschaft, und niemals hörte ich einen Mann verständiger sprechen. Es gab auf den ganzen Inseln keinen gerisseneren Händler und keinen größeren Schwindler. Mir deuchte, Falesa wäre gerade das Richtige für mich; und je mehr ich trank, desto leichter wurde mir ums Herz. Unser letzter Vertreter war plötzlich ausgerückt, war als Passagier auf ein Schiff gegangen, das zufällig von Westen her vorbeisegelte. Als unser Kapitän kam, fand er das Stationshaus verschlossen, die Schlüssel bei dem Kanakenpastor und dabei einen Brief von dem Durchbrenner, der schrieb, er hätte aus Angst um sein Leben nicht mehr aufhalten können. Seitdem war unsere Firma nicht mehr vertreten gewesen, und so gab es natürlich diesmal keine Ladung mitzunehmen. Übrigens war der Wind gut, der Kapitän hoffte, er könnte bis zur Morgendämmerung mit der Flut nach seiner nächsten Insel kommen, und mit dem Anlandschaffen meiner Waren ging es flott. Damit brauchte ich mich nicht abzuquälen, sagte Case; niemand würde meine Sachen anrühren, auf Falesa wären lauter ehrliche Leute, abgesehen davon, daß mal Hühner gestohlen würden oder ein Messer, das irgendwo herumläge, oder eine Rolle Tabak; und das Beste, was ich tun könnte, wäre ruhig sitzen zu bleiben, bis das Schiff absegelte, dann stracks mit ihm nach seinem Haus zu gehen, den alten Kapitän Randall zu begrüßen, den ›Strandvater‹, bei ihm einen Happen zu essen und dann nach Hause zu gehen und zu schlafen, wenn's dunkel würde. So war's voller Mittag, und der Schoner war schon wieder unter Segel,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher