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Der stille Schrei der Toten

Der stille Schrei der Toten

Titel: Der stille Schrei der Toten
Autoren: Linda Ladd
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Macht sie angeblich jeden Morgen. Wie auch immer, kaum hatte sie die Tote gesehen, drehte sie schier durch und wäre beinahe abgesoffen. Aber dann hat sie es doch noch zurück nach Hause geschafft. Sie stürzte sich auf den Notrufknopf und hielt ihn so lange gedrückt, bis ich ankam. Ich war geschlagene vier Minuten bei ihr, und als ich ging, da hat sie immer noch geschrien wie am Spieß. Dann habe ich sofort euch alarmiert. Ganz vorschriftsmäßig, Detective. Ich weiß, was in so einem Fall zu tun ist. Schließlich wollte ich selber mal Polizistin werden.«
    Wunderbar. »Haben Sie irgendetwas am Schauplatz angefasst?«
    Suze runzelte die Stirn und fuhr sich durch die gegelten Haare. Wir staunten beide, wie viel von dem Zeug an der Hand kleben geblieben war, worauf sie die Hand an ihrer Hose abwischte. »Ich hab Ihnen doch gesagt, ich weiß, wie man sich in so einem Fall verhält. Natürlich habe ich nichts angefasst. Ich bin rübergegangen und hab einen Blick auf die Leiche geworfen, nur um sicherzugehen, dass die Alte keine Märchen erzählt.«
    »Und Sie haben den Schauplatz gesichert, nachdem Sie uns verständigt hatten?«
    »Klar hab ich das. Ich habe die Straße genau hier an der Stelle überwacht, bis die erste Polizistin eintrudelte. Eine gewisse O’Hara, glaube ich. War in null Komma nichts da. Sie ist dieses heiße neue Ding, das Charlie angeheuert hat.«
    So viel zu diesem Thema. Ich zog den Schalthebel zurück. »Okay, Suze, wo muss ich hin?«
    »Sie fahren den Hauptweg entlang, eine Meile, schätze ich mal. Er führt direkt zu Dr. Blacks Privattor. Nicht zu übersehen, glauben Sie mir. Darauf prangt ein riesiges Messing-B. Dann halten Sie sich links und folgen dem Weg zum Wasser. Da ist noch ein Sicherheitstor, aber Ihr Kollege sagt, er lässt es offen, bis Sie kommen.«
    Also war Bud tatsächlich vor mir angekommen. Das würde mich ein Dutzend Donuts kosten. »Hören Sie zu, Suze, hier kommt niemand durch, nur Polizei und die Leute von der Spurensicherung, klar?«
    »Klar, natürlich. Die Gäste hier stehen sowieso alle frühestens mittags erst auf. Die feiern die ganze Nacht durch und schlafen dann aus bis zu ihrem Termin beim Doc.«
    Ich bat Suze, keine Details vom Tatort auszuplaudern, und fuhr los. Unterwegs kam ich an Hunderten von roten Rosen vorbei, die die grob gezimmerten Holzzäune schmückten und einen süßen, sommerschweren Duft verströmten, der mich an Anstecksträußchen bei Schulabschlussbällen erinnerte. Ich bin nur einmal auf so einem Ball gewesen, aber ich bekam tatsächlich ein Rosensträußchen. Es war aus Plastik, aber was zählt, ist doch die Absicht, stimmt’s?
    Die Luft war noch kühl, aber schon um neun würde uns die Sonne bei lebendigem Leibe rösten. Im Gegensatz zu den paradiesischen Bedingungen Kaliforniens ist ein Juli in Missouri so heiß wie die Hölle. Ich fuhr an schweren eisernen Toren vorbei, die bewaldete Grundstücke mit Luxusappartements sicherten.
    Nun kam ich in die exklusivste Gegend, wo die Bungalows wie Edelsteine von Lichtungen gefasst wurden, umgeben von dichteren Waldungen, die bis an das Wasser heranreichten. Black musste ganze Hundertschaften ehemaliger Disney-WorldGärtner angeheuert haben, um diese Pracht zu schaffen und zu erhalten. Orangefarbene Trompetenblumen rankten sich dekorativ um Überwachungskameras, andere richteten ihr elektronisches Auge von hohen Masten aus frei und ungehindert in die Gegend. Fremde, die sich hier herumtrieben, würden auffallen wie ein Profi-Basketballspieler in einer Schulmannschaft mit lauter Zehnjährigen. Trotzdem hatte Blacks Sicherheitstruppe scheinbar versagt. Ich würde jedes einzelne Mitglied seines Mitarbeiterstabs vernehmen müssen, um zu erfahren, ob jemand auffällige Personen auf dem Gelände beobachtet hatte.
    Blacks Toreinfahrt ragte vor mir auf, denkbar protzig und auffällig. Irgendwo jenseits dieses gewaltigen Portals, das Erinnerungen an den Buckinghampalast heraufbeschwor, hatte Nicholas Black mitten in den Ozark-Wäldern wie durch Zauber ein hollywoodeskes Anwesen entstehen lassen. Mich interessierte die Frage warum? Einmal hatte ich den Bau sogar schon gesehen, vom Wasser aus, als ich mit Dottie beim Fischen gewesen war. Das Sonnenlicht brach sich so grell an einer dreistöckigen, fast nur aus Glas bestehenden Fassade, dass man davon Kopfweh bekam. Cedar Bend stammte ursprünglich aus dem Jahr 1962. Vor etwa fünf Jahren kam das Anwesen als Teil einer Konkursmasse zu einem Spottpreis in Blacks
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