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Der Stierkampf

Der Stierkampf

Titel: Der Stierkampf
Autoren: Yasushi Inoue
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Osaka nicht weniger als dreimal hin und her, er bemühte sich verzweifelt, eine Reihe einflußreicher Männer der Ehime-Präfektur zu überzeugen, tat also da, wo die Eigentümer der Stiere ansässig waren, wirklich sein Bestes. Doch scheiterte auch er. Am Ende ging der Journalist T, ein Genie diffizilster Verhandlungskünste, unzählige Male zur Präfekturverwaltung, und er erhielt schließlich die Zustimmung des Vorsitzenden der Sicherheitsabteilung, weil er ein Dokument unterzeichnete, nach dem die Veranstaltung, sobald ein Unfall geschehe, unverzüglich abgebrochen würde. Das war vor einigen Tagen gewesen. Dem Manuskript mit der Ankündigung des Stierkampfes ließ Tsugami ein Photo beifügen, auf dem zwei Stiere mit ihren Hörnern ineinander verfilzt waren. Diese Ankündigung wurde zwischen die zwei großen Nachrichten des Tages, den Lehrerstreik und die Zerwürfnisse in der Sozialisten-Partei, eingefügt und damit besonders auffällig herausgebracht. Omoto und Tsugami war wie Jägern zumute, denen der Jagdhund weggerannt ist.
    Tashiro ging auf dem durch einen von Brandbomben zerstörten Stadtteil führenden Weg etwa zweihundert Meter weiter, während der Wind abwechselnd von hinten und von vorn auf ihn blies, blieb vor einem zerbombten Geschäfshaus plötzlich stehen, machte dem ihm folgenden Tsugami mit der erhobenen Rechten nachlässig ein Zeichen und stieg eine hier völlig unerwartete Treppe hinab. Das war eine so abrupte Art zu verschwinden, daß Tashiro wie weggewischt erschien. Tsugami folgte ihm, stieg ebenfalls die halb dunkle Treppe hinunter, die so schmal war, daß hier keine zwei Menschen nebeneinander Platz hatten. Als beide am Ende der bogenförmig gewundenen Treppe angelangt waren, tat sich vor ihnen ein großer, elektrisch beleuchteter Raum auf. Sie sahen einen schönen japanischen Garten, in dessen Mitte sich Gartenpflanzen und Steinlaternen und an dessen Seiten sich vier noch nicht ganz fertiggestellte hübsche, kleine Zimmer befanden. In der Ecke des einen Raums, aus dem vielleicht eine Bar gemacht wurde, lagen schmale, hohe Stühle auf einandergeschichtet, daneben stand ein blaugestrichenes Bierfaß. Davor waren vier Männer, die auf Tsugami und seinen Begleiter nicht weiter achteten, mit Installationsarbeiten beschäfigt und legten gerade den gekachelten Abfluß eines Waschbeckens. In dem daran anschließenden kleinen Raum, der als einziger schon fast fertig war, saß Yata Okabe, einen wattierten Kimono über der »Bürgeruniform«, am Kotatsu-Öfchen und hatte ein schon halb geleertes Whiskyglas vor sich.
    »Oh – schön, daß Sie gekommen sind!«
    Kaum hatte Tsugami Platz genommen, zog Okabe seinen Kimono aus und senkte mit pathetischer Geste den Kopf. Okabe war von untersetzter Statur, auch sein Gesicht, das sich beim Sprechen in zahllose Falten legte, war klein, er machte im ganzen einen eher ärmlichen Eindruck, doch aus seinem fast sanfen Aufreten sprach gleichzeitig eine verblüffende Arroganz. »Ich habe Sie erwartet, Herr Tsugami!«
    Tsugami empfand, während er die dünnen, flink sich bewegenden Lippen seines Gegenüber betrachtete, angesichts dieser Haltung, bei der einem Unvorsichtigen sehr schnell eins ausgewischt wurde, einen leichten Widerstand. Viel förmlicher, als er es sonst zu tun pflegte, nahm er seine Visitenkarte heraus.
    Darauf holte Okabe ein kleines Täschchen mit Visitenkarten heraus und suchte darin herum, doch schließlich rief er mit einem Händeklatschen einen jungen Mann herbei, der auf den ersten Blick wie sein Sekretär aussah, und sagte zu ihm:
    »Schreib eine Visitenkarte und gib sie dem Herrn hier! Notiere auch die Telefonnummer unserer Firma darauf!«
    Gleichzeitig reichte er ihm sein Notizbuch und den Füllfederhalter. Dann griff er nach Tsugamis Visitenkarte, hielt sie Tashiro hin, und als dieser ihm erklärte, daß Tsugamis Beruf dort als »Chefredakteur« angegeben sei, nickte er schweigend ein paarmal gewichtig. Tsugami musterte indessen erneut den kleinen, recht durchschnittlich wirkenden Mann, dessen ganze Art etwas ungeheuer Freches hatte. Er hielt es für möglich, daß Okabe, diese »bedeutendste Persönlichkeit aus Iyo« weder lesen noch schreiben konnte.
    Dann wurden Sake und Speisen hereingebracht. In gelockerter und prahlerischer Haltung fuhr Okabe mit seinem Geschwätz fort:
    »Ich habe mir vorgenommen, ein bißchen für angenehmes Leben zu sorgen. Die Japaner haben lange auf wohlschmeckendes Essen verzichten müssen, und so möchte
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