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Der Stierkampf

Der Stierkampf

Titel: Der Stierkampf
Autoren: Yasushi Inoue
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anfertigen lassen. Aber dieser kleine Trick zeitigte eine phantastische Wirkung. »Oh«, staunte man, »Sie sind auch von einer ›Akebono‹?«, und meinte damit: »Sie sind also Direktor einer Firma gleichen Namens wie wir?« So war ihm vom ersten Augenblick an das besondere Wohlwollen seiner Gesprächspartner gesichert, und es kam zu Geschäfsverhandlungen, aufgrund deren man ihm hundert Dreschmaschinen zu liefern versprach. Die Rechnung sollte beim Empfang der Ware beglichen werden. Man erklärte sich – in der Tat ein ungewöhnliches Entgegenkommen – sogar einverstanden, daß Okabe irgendwann im Lauf des nächsten Tages zahlte. Das für diesen noch verbleibende Problem bestand nun darin, die zur Bezahlung der Dreschmaschinen erforderlichen
    300 000 Yen aufzubringen.
    »Und wie glauben Sie, meine Herren, habe ich mir diese 300 000 Yen verschaf? Ich habe sie mir einfach von jemandem geliehen, den ich bis dahin überhaupt nicht gekannt hatte!«
    Seine Stimme klang so hefig, daß sich Tsugami unwillkürlich dagegen sträubte. Dann erzählte Okabe weiter, er habe einen aus der gleichen Präfektur wie er stammenden ehemaligen Abgeordneten, der durch Rüstungsaufräge reich geworden war, einen Mann namens Yamamoto, ausgesucht, um von ihm – koste es, was es wolle – diese Summe herauszulocken. Kaum hatte er sich bei den leitenden Herren der Firma ›Akebono-Industrie‹ verabschiedet, suchte er Yamamotos Haus in Mikage auf und bat ihn mit beschwörenden schmeichlerischen Reden, ihm ein Darlehen von
    300 000 Yen zu gewähren. Er betonte hierbei vor allem immer wieder, daß dies die Bitte eines Mannes sei, der der gleichen Heimat angehöre. Natürlich dachte Yamamoto nicht daran, ihm soviel Geld zu leihen. Okabe suchte ihn aber an diesem Tag nicht weniger als dreimal auf, hockte sich schließlich auf den Gartenkies, und da durchschoß ihn plötzlich die Idee, eine Lebensversicherung abzuschließen und diesen Vertrag Yamamoto als Sicherheit für das erbetene Darlehen zu verpfänden.
    Er fuhr unverzüglich zur Lebensversicherung N, die ihre Geschäfsräume mitten in dem von Brandbomben zerstörten Yodobashi-Viertel hatte. Aber es war bereits Abend und das Büro geschlossen. Da er sich keinen anderen Ausweg wußte, ließ er sich von dem Nachtdienst tuenden Angestellten die Privatadresse des Direktors heraussuchen, begab sich zu dem Haus jenes Mannes, der Suita hieß, und bat ihn um eine Lebensversicherung in der Höhe von 300 000 Yen. Suita antwortete ihm jedoch, es sei dies heute leider nicht mehr möglich, er solle doch morgen ins Büro der Versicherungsfirma kommen. Doch wäre dann Okabes Geschäf geplatzt. Daher ließ er nicht locker, nach zähem Hin und Her gelang es seiner Energie tatsächlich, den Direktor zu überreden, und er erhielt nach Einzahlung von 3 000 Yen einen Vertrag über
    300 000 Yen ausgehändigt. Mit diesem suchte er zu später Stunde – nur die allerletzten Bahnen verkehrten noch – wiederum Yamamoto auf und bedrängte ihn, ihm nun, da er ihm ja doch sogar seinen Lebensversicherungsvertrag verpfände, die
    300 000 Yen kurzfristig zu leihen.
    »Das war eine phantastische Sache! Eine Versicherungspolice an sich ist doch völlig wertlos! Aber so komisch sind eben die Menschen. Yamamoto hat geglaubt, ich wollte ihm mein Leben verpfänden. ›Na gut‹, hat er zu mir gesagt, ›wenn Sie gar so versessen darauf sind, borge ich Ihnen das Geld für einen Monat!‹ Und damit hat mein geschäflicher Aufstieg begonnen!«
    Tsugami durchschaute nicht recht, mit welcher Absicht Okabe ihm hier seinen Werdegang als den eines Schwindlers schilderte. Doch langweilte er sich beim Zuhören durchaus nicht. In der Art, wie Okabe erzählte, schwang eine Art Selbstberauschung mit, die ihn als mächtige Leidenschaf beeindruckte.
    »Wirklich – enorm interessant!«, sagte er, nicht ganz ohne Achtung.
    »Tja, so ungefähr bin ich! Ich besitze heute 0 bis
    20 Millionen. Wie wäre es denn, Herr Tsugami? Wollen Sie nicht, daß ich mich bei der StierkampfUnternehmung Ihrer Zeitung beteilige?«
    Überrascht trafen Tsugamis Blicke mit denen von Okabe zusammen, und da sah dieser kurz weg, doch nachdem er sich in aller Ruhe eine Zigarette angezündet hatte, wandte er sich seinem Gast wieder zu. Seine Augen hatten jetzt etwas höchst Penetrantes, er starrte Tsugami fast herausfordernd an.
    Falls, erklärte er, die Neue-Osaka-Abendzeitung mit einem gemeinsam getätigten Kauf der Stiere nicht einverstanden sei, wäre er
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