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Der Stern von Yucatan

Der Stern von Yucatan

Titel: Der Stern von Yucatan
Autoren: Debbie Macomber
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er zu ihr gelaufen, weil er wusste, dass sie ihn hoch in die Luft heben würde, und sein ansteckendes Lachen schallte dann durchs Haus.
    Manchmal hatte sie das Gefühl, diese Kinder seien ihre eigenen, seien die Familie, die sie mit Jack nicht haben konnte.
    In der Ruhe des Spätnachmittags saß Lorraine an ihrem Schreibtisch und beendete die letzten Arbeiten. Die Haustür ging auf. Da sie Antonio und Hector erwartete, legte sie den Schreibstift beiseite.
    “Ich bin im Büro”, rief sie auf Spanisch.
    Als niemand antwortete, stand sie auf und ging hinaus. Sie hatte normale Sprechzeiten, zögerte jedoch nicht, Patienten auch außerhalb der Dienststunden zu behandeln. Sie betrat den Warteraum und sah im Gegenlicht einen Mann im Türrahmen stehen. Doch es war kein Mann, sondern ein Geist.
    Der Geist von Jack Keller.
    Ein so realer, lebendiger Geist, dass sie ihm fast in die Arme gelaufen wäre. Stattdessen griff sie nach einem Stuhl und hielt sich an der Lehne fest, während sie sich nicht sattsehen konnte an ihm.
    Großer Gott, er wirkte so real!
    Ihr Herz hämmerte wild. Sie fühlte sich beklommen, obwohl sie sicher war, dass ihr dieser spezielle Geist niemals etwas antun würde. Allerdings machte sie sich Sorgen um ihren Geisteszustand. Vielleicht war sie irgendwann irgendwie übergeschnappt. Vielleicht hatte die intensive Liebe zu Jack ihr letztlich den Verstand geraubt.
    Oder ich habe einfach zu viel gearbeitet, zu viele Stunden in der Klinik verbracht und zu wenig ausgespannt.
    Lieber Gott, konnte Jack denn tatsächlich echt sein? War es möglich, dass er lebte? Hatte Gott einen Fehler begangen und Jack zurückgeschickt, damit alles wieder gut wurde?
    Sie wollte seinen Namen sagen, fürchtete jedoch, die Erscheinung könnte verschwinden, sobald sie den Mund öffnete.
    Noch nicht, bitte noch nicht. Lass ihn mir noch eine Minute.
Schließlich ertrug sie die Ungewissheit nicht länger. “Jack?”, fragte sie zittrig.
    Seine Miene entspannte sich, und sein Blick wurde sanft, als er auf sie zukam. Zärtlich legte er ihr eine Hand an die Wange, und die fühlte sich warm und fest an. Lorraine fürchtete, ohnmächtig zu werden.
    Sie legte ihre Hand über seine, zog sie zu ihren Lippen und küsste sie sanft.
    “Raine!” Er nahm sie bei den Schultern und küsste sie innig auf den Mund, als könnte er keine Sekunde länger warten.
    Sie hatte diese Szene so oft geträumt, dass sie nicht sicher war, sie wirklich zu erleben. Falls dies ein Traum war, wollte sie nicht erwachen.
    Sie schlang ihm die Arme um den Nacken und erwiderte den Kuss, leidenschaftlich, drängend, liebevoll. Eng aneinandergeschmiegt überließen sie sich ganz und gar ihren Gefühlen. Sie vergrub die Finger in seinen Haaren und hielt ihn fest, als könnte sie so verhindern, dass er wieder verschwand.
    “Träume ich?”, flüsterte sie schließlich. “Sag mir bitte, geschieht das wirklich?”
    Er wich leicht zurück und schloss die Augen. “Es ist Wirklichkeit, Raine. Ich bin hier, ich lebe.”
    Schluchzend, kaum imstande zu atmen, klammerte sie sich an ihn, die Finger in seine Schultern gepresst. Dr. Berilo hatte ihr gesagt, Jack sei tot. Er hatte bei ihr gesessen und sie getröstet. Sie verstand nicht, wieso Jack jetzt hier war.
    “Tut mir leid”, wiederholte er zwischen zwei Küssen. “Es tut mir so schrecklich leid”, flüsterte er immer wieder.
    “Was ist geschehen?”, fragte sie und fürchtete zugleich die Antwort. “Sag es mir. Ich muss es wissen.”
    Er drückte sie auf einen Stuhl nieder und ging vor ihr in die Hocke. Lange sah er ihr nur in die Augen und hielt ihr Gesicht zwischen beiden Händen.
    “Jack, bitte, sag es mir!”
    Es dauerte eine Ewigkeit, bis er antwortete: “Ich dachte, du wärst verheiratet.”
    Das erklärte nicht, warum Dr. Berilo ihr seinen Tod mitgeteilt hatte.
    “Du hast mich geliebt”, flüsterte er. “Dachtest du, das hätte ich nicht gemerkt?”
    Sie fühlte sich desorientiert wie im Nebel und wusste nicht, an welchem Punkt alles die falsche Richtung genommen hatte. Liebe hätte sie zusammenbringen, nicht trennen sollen.
    “Und ich liebte dich genug, Dr. Berilo zu bitten, dir zu sagen, ich sei tot.”
    “Oh mein Gott!” Sie schloss die Augen, weil der Raum sich zu drehen begann.
    “Ich liebte dich genug, um zu verhindern, dass du dein Leben ruinierst.”
    “Liebte? Du sprichst in der Vergangenheit?” Sie wusste nicht, worüber sie wütender sein sollte, über seine noble Geste oder den Irrtum, den
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