Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Stein - Hohler, F: Stein

Der Stein - Hohler, F: Stein

Titel: Der Stein - Hohler, F: Stein
Autoren: Franz Hohler
Vom Netzwerk:
beleidigt, sondern verneinte höflich, drehte das Statistikblatt um, auf dessen Rückseite die Nummer eines örtlichen und eines nationalen Beratungsdienstes notiert war und sagte ihm, während der Reiseleiter der Chinesen seinen Unterarm neben ihm auf den Tresen legte und mit den Fingern zu trommeln begann, ihr Partner habe sich zum Beispiel mit Erfolg dorthin gewandt, was ihn, der vor ihr stand, jedoch nicht daran hindern solle, seine Zigarette zu genießen.
    Er bahnte sich nun, mit seinen Blättern in der Hand, einen Weg zwischen den Koffern und den fernöstlichen Hotelgästen hindurch, die einen erschöpften Eindruck machten, und versuchte den Plan so zu halten, dass das, was er sah, mit dem Schema übereinstimmte. Das gelang ihm nicht vollständig, und schließlich entschied er sich, eine Türe im Hintergrund, die durch ein grünes Männchen als Notausgang gekennzeichnet war, als Beginn der gestrichelten Linie anzunehmen, er öffnete sie, und dahinter führten ein paar Treppenstufen hinunter in einen langen, schlecht beleuchteten Gang, der in einer weiteren Türe endete. Allerdings gab es keinen Hinweis darauf, dass man sich hier auf dem Weg zur Raucherecke befand, die Pfeile zu einem Totenschädel, die er eigentlich erwartet hatte, fehlten ebenso, wie eine gestrichelte Linie am Boden.
    Inzwischen war seine Lust auf einen Zug an einer Zigarette ins Unzähmbare gestiegen, denn Charles war im Flugzeug angereist, hatte am Flughafen sofort ein Taxi
genommen und zu spät gesehen, dass es ein Nichtrauchertaxi war. Er war Musiker und sollte zu einer Aufnahme in den Rundfunk, die Zeit wurde langsam knapp, also dachte er, statt auf der Suche nach einer Raucherecke zu versauern, könne er geradesogut in diesem Gang eine rauchen.
    Diesmal gelang ihm das Anknipsen des Feuerzeugs problemlos, doch kaum führte er das Flämmchen gegen die Zigarette, erklang eine Alarmsirene, an der Decke begann sich ein orange blinkendes Warnlicht zu drehen, und Sprinklerdüsen versprühten dünne Wasserfontänen.
    Sofort rannte er zur Tür am Ende des Ganges, riss sie auf und fand sich in der Garage, wo er eilends zwischen verschiedenen Wagenreihen durchging, über eine Wendeltreppe in eine tiefer gelegene Parkfläche steigen konnte, diese aufs Geratewohl durchquerte und so unauffällig wie möglich eine weitere Tür öffnete.
    Nun stand er in einem kleinen Lift, der nur für eine Person Platz bot, und auf dessen winzigem Schaltteil ein Pfeil nach oben zeigte und einer nach unten. Er drückte auf den Pfeil nach oben.
    Nach einer überraschend schnellen Fahrt öffnete sich die Tür und entließ ihn aus seiner Kapsel auf eine Plattform, die dem obersten Stock vorgelagert war und die aus nichts Weiterem bestand als aus einem durch ein einfaches Geländer geschützten Gitterrost; schaute man auf seine Füße, sah man lotrecht in die Tiefe hinunter. Da Charles nicht schwindelfrei war, fasste er sofort mit den Händen das Geländer und schloss einen Moment die Augen.
Als er sie vorsichtig wieder öffnete, erblickte er an einem Geländerpfosten so etwas wie einen Aschenbecher.
    »Hier dürfen wir«, sagte eine Stimme neben ihm.
    Sie gehörte, wie er feststellte, als er seinen Kopf umwandte, einer Frau; diese trug einen Mantel mit einem Pelzkragen, ihr Kopf war mit einer Fellmütze bedeckt, und zwischen ihren Fingern, die in Lederhandschuhen steckten, hielt sie eine Zigarette an einem elfenbeinfarbigen Mundstück. Sie lachte und fragte ihn dann mit etwas verrauchter Stimme: »Haben Sie Feuer?«
    »Sicher«, sagte er, versuchte seinerseits ein Lachen und tastete dann in seiner Jackentasche nach seinem Feuerzeug. Er merkte nun, dass er vom Sprinklerwasser durchnässt war, und der Wind hier oben wehte stärker als vorhin auf der Straße. Zitternd holte er sich eine Zigarette aus dem Päckchen und klemmte sie sich zwischen die Lippen. Dann steckten die beiden ihre Köpfe zusammen, und er knipste das Feuerzeug an. War es der Wind, der das Flämmchen gar nicht erst entstehen ließ, oder war vielleicht der Sprit aus?
    »Moment«, sagte er und holte das Streichholzschächtelchen heraus, das er bei seiner Brieftasche versorgt hatte.
    »Sie wissen Bescheid?« fragte Charles, indem er ihr die Aufschrift hinhielt. Sie lächelte nur, und als er nun ein Streichholz über den Anzündstreifen zog, brach es entzwei, ebenso ein zweites und ein drittes. Die Hölzchen mussten mit Absicht so dünn gemacht worden sein, dass
sie auch nicht dem geringsten Druck
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher