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Der Splitter Im Auge Gottes

Titel: Der Splitter Im Auge Gottes
Autoren: Larry Niven , Jerry Pournelle
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typischen Schlag an.
    Vermutlich neue Rekruten, dachte sie.
    Sie wählte einen der letzten Sitze im hinteren Teil des Bootes. Ihr war nicht nach einer Unterhaltung zumute. Adam und Annie musterten sie besorgt und setzten sich dann auf der anderen Seite des Zwischengangs hin. Sie wussten, was in Sally vorging.
    »Schön, hier fortzukommen«, meinte Annie.
    Sally antwortete nicht. Sie fühlte nichts als eine große Leere in sich.
    Sie war in diesem Zustand, seit die Infanteristen das Gefangenenlager gestürmt hatten.
    Dann hatte sie wieder gutes Essen bekommen, ein heißes Bad, saubere Kleider. Alle hatten sie zuvorkommend behandelt... doch nichts von all dem war bis zu ihr durchgedrungen. Sie hatte nichts wahrgenommen. Die Monate im Gefangenenlager hatten irgend etwas in ihr ausgebrannt. Vielleicht für immer, dachte sie dumpf. Es bedrückte sie eigentlich kaum.
    Als Sally Fowler die Kaiserliche Universität auf Sparta mit dem Grad eines Magisters in Anthropologie verließ, konnte sie ihren Onkel überzeugen, daß es für sie vorteilhafter wäre, wenn sie anstelle von Graduiertenkursen eine Reise durch das Imperium machte, neu eingegliederte Provinzen besuchte und primitive Kulturen aus erster Hand studierte.
    Wahrscheinlich würde sie sogar ein Buch schreiben.
    »Schließlich«, hatte sie argumentiert, »was kann ich hier schon lernen? Jenseits des Kohlensacks gibt es interessantes Material für mich!«
    Sie hatte das Bild ihrer triumphierenden Heimkehr vor Augen, sah sichgescheite wissenschaftliche Artikel veröffentlichen, die ihr in der Fachwelt einen Namen verschaffen würden. Ihr lag nichts daran, untätig darauf zu warten, daß irgendein junger Aristokrat sie heiratete. Natürlich hatte Sally die Absicht, einmal zu heiraten, aber nicht bevor sie mehr zu bieten hatte als ihre ererbten Güter. Sie wollte aus eigener Kraft etwas leisten, um dem Imperium zu dienen, und das hieß für sie nicht einfach, Söhne zur Welt zu bringen, die dann in Kriegsschiffen ihr Leben opferten.
    Erstaunlicherweise hatte ihr Onkel zugestimmt. Hätte Sally besser über Menschen Bescheid gewusst als nur durch theoretische Psychologie, dann hätte sie vielleicht begriffen, warum. Benjamin Bright Fowler, der jüngere Bruder ihres Vaters, hatte nichts geerbt und seine Stellung als Senatspräsident allein durch Tüchtigkeit und Energie gewonnen. Da er keine eigenen Kinder hatte, betrachtete er das einzige überlebende Kind seine Bruders als seine Tochter — und er hatte genug von den vielen jungen Mädchen, deren einzige Bedeutung in ihrem Geld und ihren Beziehungen lag. So hatten sich also Sally und eine Studienkollegin von Sparta nach den Provinzen eingeschifft.
    Adam und Annie, Sallys Diener, begleiteten die beiden Mädchen auf ihrer Studienreise.
    Immer wieder wurden primitive menschliche Kulturen entdeckt. Manche Welten waren dreihundert Jahre oder länger nicht mehr von interstellaren Schiffen besucht worden, und oft hatten die Kriege die Bevölkerung so dezimiert, daß die Menschen in Barbarei zurückverfallen waren.
    Sie waren unterwegs zu einer primitiven Kolonialwelt und wollten auf New Chicago nur auf ein anderes Schiff überwechseln, als die Revolution ausbrach. Sallys Freundin Dorothy war an dem Tag außerhalb der Stadt gewesen. Man hatte sie nie gefunden. Die Unionssoldaten des Komitees für Volkssicherheit hatten Sally aus ihrer Hotelsuite gezerrt, ihr alle Wertsachen abgenommen und sie ins Lager gesteckt.
    In den ersten Tagen herrschte Ordnung im Lager. Adelige, Beamte undehemalige kaiserliche Militärs sorgten dafür, daß man im Lager sicherer war als in den Straßen von New Chicago. Doch Tag für Tag wurden Aristokraten und Regierungsbeamte aus dem Lager geholt, und niemand sah sie je wieder; an ihrer Stelle wurden mehr und mehr gewöhnliche Kriminelle ins Lager gebracht. Irgendwie fanden Adam und Annie sie in dem Durcheinander, und außerdem waren die übrigen Bewohner ihres Zelts Bürger des Imperiums und nicht Verbrecher. So hatte sie die ersten Tage überlebt, dann Wochen, schließlich Monate in der endlosen schwarzen Nacht unter dem Langston-Feld der Stadt.
    Anfangs war alles für sie ein Abenteuer gewesen, beängstigend, unangenehm, aber mehr nicht. Dann waren die Rationen gekürzt worden, wieder und immer wieder, und die Gefangenen begannen zu verhungern. Gegen Ende konnte von Ordnung nicht mehr die Rede sein, selbst die primitivsten sanitären Vorsichtsmaßnahmen wurden nicht mehr eingehalten. Ausgemergelte
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