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Der Spinnenmann

Der Spinnenmann

Titel: Der Spinnenmann
Autoren: Terje Emberland
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dürfen.
    »Sie finden eine Kabine im Vestibül.«
    Ich betrat die Zelle und fand die Nummer, die Kiss mir gegeben hatte. Eine schlaftrunkene Frauenstimme antwortete. Ich fragte, ob Kristin Lorentsen zu sprechen sei. »Am Apparat. Bist du das, Erik?«
    Ich kam mir plötzlich ziemlich dumm vor und suchte nach einem Grund, sie so früh geweckt zu haben.
    »Ja …«, sagte ich zögernd. Nachdem ich mir das Hirn zermartert hatte, fügte ich hinzu: »Ich wollte nur mal deine Stimme hören.«
    »Ist etwas passiert?«
    Fraglos war es mir gelungen, sie zu beunruhigen. »Aber nein«, log ich. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«
    »Möchtest du, dass ich zu dir komme?«
    »Nein, nein«, gab ich zurück. »Leg dich wieder schlafen. Ich fahre in Kürze mit dem Morgenzug nach Skien. Wir treffen uns, sobald ich wieder in Oslo bin.«
    »Ich kann dich doch nach Skien fahren, Erik. Sag mir, von wo aus du anrufst, dann hole ich dich mit dem Chrysler ab.«
    »Nein«, sagte ich. »Das geht nicht. Ich will dich nicht in diese Angelegenheit hereinziehen. Außerdem fahre ich nicht alleine.«
    »Aber…«
    »Ich erkläre dir alles, wenn ich zurück in Oslo bin. Ich muss jetzt los - bis bald, Liebling!«
    Sie setzte an, etwas zu erwidern, doch ich legte auf. Ich hätte sie überhaupt nicht anrufen sollen. Mit dem Spinnenmann fertig zu werden, war an sich schon keine leichte Aufgabe. Jetzt würde sie noch schwerer werden. Der Gedanke, dass Kiss sich Sorgen machte, würde mir ein schlechtes Gewissen verursachen und meine Konzentration beeinträchtigen.
    Um sieben Uhr verließen Sven Elvestad und ich das Grand Hotel. Im Laufe der Nacht hatte ich auf meinem Stuhl nur eine knappe Stunde dösen können.
    Als ich mit Elvestad zum Westbahnhof schwankte, kam es mir vor, als wäre ich halb ohnmächtig. Er hingegen war unverschämt guter Laune, obwohl er die ganze Nacht wach gewesen war und Portwein in sich hineingeschüttet hatte.
    »Wir wollen mal hoffen, dass das hier gut geht«, sagte er munter. »Zweifellos ist es ein Risiko, sich ohne Verkleidung auf offener Straße zu zeigen. Wir hätten besser zum Jernbanetorv gehen und von dort eine Droschke zum Westbahnhof nehmen sollen. Das würde Heydrich völlig überrumpeln.«
    »Bestimmt«, sagte ich und war froh, einer Fahrt durch die halbe Stadt entkommen zu sein. Ich freute mich darauf, auf meinen Zugsitz zu sinken.
    Die Fahrt nach Skien verlief völlig undramatisch. Allerdings glaubte Elvestad, Heydrich für einen Moment durch das Abteilfenster zu sehen, nachdem sich die Lokomotive in Gang gesetzt hatte. Ich sprang von meinem Sitz hoch, war jedoch nicht schnell genug. Der Zug nahm rasch Geschwindigkeit auf und hatte den Bahnhof bald verlassen.
    Wenn Elvestad tatsächlich unseren Feind entdeckt hatte, so nahm er das mit großer Gelassenheit. Am Bahnhof hatte er eine Menge Bücher, Zeitungen und Zeitschriften gekauft und versank nun zufrieden in seinem Sitz, um sich dem Lesestoff zu widmen. Ich nutzte die Gelegenheit, um etwas Schlaf nachzuholen.
    Ich erwachte, als der Schaffner ins Abteil kam, um die Fahrkarten zu kontrollieren.
    »Sagen Sie bitte, gibt es auf dieser Strecke irgendwo längere Aufenthalte?«, fragte Elvestad.
    »Tja, für gewöhnlich müssen wir in Tonsberg zwei Minuten auf den Gegenzug warten.«
    »Zwei Minuten? Gut. Also nicht so lange, dass uns jemand einholen könnte, der mit einem Extrazug hinterherkäme!«
    Der Schaffner lächelte unsicher und zog sich zurück.
    In Tonsberg wollte Elvestad unbedingt den Zug verlassen. Wir wären gezwungen, ein Ablenkungsmanöver durchzuführen, behauptete er. Wir müssten mit dem Bus zurück nach Drammen fahren, und von dort aus den Zug über Kongsberg nach Skien nehmen. Nur so wären wir in der Lage, Heydrich abzuschütteln, der ganz sicher mit einem Extrazug die Verfolgung aufgenommen hätte. Doch zunächst galt es, ein geöffnetes Restaurant in Tonsberg zu finden. Er sei durstig wie ein Fisch, klagte Elvestad.
    Schließlich konnte ich ihn überreden, direkt weiter nach Skien zu fahren. Doch an der Bahnstation Nylendet war es völlig unmöglich, ihn in den Lokalzug nach Menstad zu bekommen. Er behauptete, die Bosphorus sei noch immer damit beschäftigt, Kunstdünger zu laden. Wir hätten demnach mehr als genügend Zeit, ein Cafe aufzusuchen.
    Gesagt, getan. Elvestad und ich fuhren mit einer Droschke zu Hövers Hotel und bestellten eine halbe Flasche Rotwein.
     
    Tod im Hotel
     
    Wir waren allein im eleganten Speisesaal des Hotels. Die
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