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Der Sommerfaenger

Titel: Der Sommerfaenger
Autoren: Monika Feth
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Vernunft verschmolzen zu einem einzigen Impuls. Mein Körper erwachte aus seiner Starre, ich beugte mich zu Luke und nahm seine Hände mitsamt der Waffe in meine.
    Es war, als hielte die Nacht den Atem an.
    Wie in Zeitlupe ließ Luke die Waffe sinken. Und endlich sah er mich an.
    Der Kommissar holte tief Luft, dann drehte er sich um und fuhr wieder los. Ich lehnte mich an Luke und er legte den Arm um mich. In der freien Hand hielt er immer noch die Waffe, doch er würde sie nicht benutzen, das wusste ich.
    Luke war kein Mörder.
    Und er hatte mir verziehen.
    Was konnte uns da noch passieren?

30
    Isa war ungeschminkt. Anscheinend hatte sie schon im Bett gelegen oder war im Begriff gewesen, ins Bett zu gehen. Bert hatte ihr Gesicht noch nie so gesehen. Es wirkte fast kindlich und erweckte in ihm einen Beschützerinstinkt, der bei der kritischen, selbstbewussten Isa absolut fehl am Platz war. Sie trug Jeans, einen weiten Pulli und war barfuß. Ihre Füße waren gepflegt, die Zehennägel rot lackiert. Auf dem Weg ins Wohnzimmer schlüpfte sie in Sandalen, die sie im Flur abgestellt hatte.
    Im Gänsemarsch folgten sie ihr an der Küche vorbei, in der noch das Geschirr vom unterbrochenen Abendessen herumstand, und Bert beobachtete, wie genau Lukes Blick die Umgebung abtastete.
    Die Waffe hatte er Bert noch im Wagen unaufgefordert ausgehändigt. Danach hatte er erleichtert gewirkt, beinah befreit. Bert bemerkte, wie aufrecht und federnd sein Gang war, wie muskulös seine Arme und Beine.
    Der braucht die Waffe überhaupt nicht, dachte er leicht beunruhigt. Der setzt sich anders zur Wehr.
    »Bitte«, sagte Isa. »Setzen Sie sich doch. Ich möchte mich kurz mit Herrn Melzig unterhalten, dann gebe ich Ihnen Bettzeug und etwas zu essen, falls Sie hungrig sind.«
    Lächelnd verließ sie das Wohnzimmer und führte Bert in die Küche. Dort lehnte sie die Tür an und drehte sich zu ihm um.
    »Womit muss ich rechnen?«
    »Im schlimmsten Fall mit allem, im besten mit nichts.«
    Isa massierte sich mit Daumen und Zeigefinger die Nasenspitze. Das tat sie manchmal beim Nachdenken. Bert freute sich über die kleine, vertraute Geste. Und darüber, dass er sich in Isa nicht getäuscht hatte. Er hatte ihr den Sachverhalt geschildert, und sie hatte ohne Zögern mit nur drei Worten reagiert: Bring sie her .
    »Hab ich dich am Telefon richtig verstanden? Dieser junge Mann ist Kronzeuge in einem Prozess gegen eine mafiaähnliche Organisation und er hat mindestens einen … Killer am Hals?«
    »Drei, um genau zu sein.«
    »Und du garantierst mir, dass euch niemand gefolgt ist?«
    »Das kann ich nicht, Isa, und du weißt es.«
    »Die Verfolger können also hier auftauchen?«
    Bert verstand, warum sie die Fragen stellte. Er hätte es an ihrer Stelle ebenfalls getan.
    »Ihnen sind zwei folgenschwere Fehler unterlaufen. Jette ist ihnen entkommen, weil sie mit einem anderen Mädchen verwechselt wurde. Und dann haben sie auch noch Luke aus den Augen verloren. Sonst hätten sie längst zugeschlagen. Ich gehe davon aus, dass sie zurzeit völlig im Dunkeln tappen.«
    »Ziemlich ungeschickt, die Guten«, murmelte Isa sarkastisch.
    »Das nicht, aber wenn die Katze genüsslich mit der Maus spielt, statt sie sofort zu töten, läuft sie Gefahr, dass die Maus in einem Felsspalt verschwindet.«
    »So wie die beiden aussehen, brauchen die erst mal einen Tee. Danach sehen wir weiter.«
    »Danke, Isa.«
    »Jetzt hau schon ab und schnapp sie dir. Und pass auf dich auf. Ich brauch dich nämlich noch.«
    Draußen sah Bert sich gründlich um, bevor er zu seinem Wagen ging. Das Haus, in dem Isa wohnte, wurde im Rückspiegel klein und kleiner, anders als das ungute Gefühl, das Bert im Nacken saß.
    *
    Isa bewirtete sie, als wären Luke und Jette ganz normale Gäste an einem ganz normalen Sommerabend zu einer ganz normalen Uhrzeit. Sie hatte Tee gekocht und den Esstisch im Wohnzimmer gedeckt.
    »Leider nur Reste«, entschuldigte sie sich. »Lassen Sie es sich trotzdem schmecken.«
    Im Handumdrehen hatte sie frisch aufgebackene Brötchen, kalten Braten, geräucherten Fisch und Erdbeeren mit Sahne hervorgezaubert. Mit keinem Wort erwähnte sie, dass der Kommissar sie überrumpelt hatte, als er sie bat, Jette und Luke für eine Weile Unterschlupf zu gewähren.
    Luke merkte verwundert, wie hungrig er war. Abgesehen von den paar Happen, die er mit Jette im Wagen zu sich genommen hatte, war sein Magen leer, und wenn er sich heute eines nicht leisten konnte, dann
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