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Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Titel: Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)
Autoren: Amanda Howells
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Nachdem er erst eine wilde Geschichte erfunden und behauptet hatte, ein Landstreicher zu sein, musste Simon irgendwann die Wahrheit gestehen, und die Polizei benachrichtigte seinen Vater.
    »Erst ist Dad ausgeflippt, aber vor den Bullen musste er sich beherrschen.«
    »Bekommst du eine Anzeige?«, fragte ich.
    Simon lachte trocken, als wir in den Pavillon eilten. »Nein. Heute Morgen wurde der Besitzer benachrichtigt, und Dad hat versichert, für den gesamten Schaden aufzukommen. Wahrscheinlich hat er noch was draufgelegt, damit der Drachentyp von einer Anzeige gegen mich absieht.«
    Simon rutschte auf eine Bank und stieß einen langen, tiefen Seufzer aus. »Lieber wäre ich zu Sozialstunden verdonnert worden, als mich von meinem Vater freikaufen zu lassen, aber ich hatte keine Wahl. Das alles geschah über meinen Kopf hinweg.«
    »Also ist jetzt alles geregelt? Und was ist mit deinem Vater? Was hat er mit dir vor?« Die Fragen sprudelten nur so aus mir heraus.
    Simon blickte von unserem schützenden Plätzchen aus aufs Meer. Wo wir saßen, war es trocken und dunkel, aber über dem Wasser flackerten noch immer Blitze auf und erleuchteten die graugrünen Wellen für einen Augenblick, bevor sie wieder in Dunkelheit getaucht wurden.
    »Mein Vater ist wütend. Einbruch. Sachbeschädigung. Wie hat er mich gleich noch genannt?« Simon lachte leise bei dem Gedanken daran. »Ach ja. Einen ›verkrachten Anarchisten‹, der eines Tages ›auf der Straße landen‹ würde. Aber weißt du, was komisch ist?« Er sah mich an und ein Lächeln umspielte seinen Mund. »Ich habe keine Angst. Er hat krampfhaft versucht, es zu verbergen, aber diesmal habe ich ihm einen Schrecken eingejagt. Er ist wütend auf mich, aber er würde mich nicht noch einmal anrühren. Ich sehe es in seinen Augen. Er hat Gewissensbisse.«
    »Das sollte er auch.«
    »Die Bullen haben mich gefragt, was mit meinem Gesicht passiert wäre. Mein Vater stand direkt daneben, und ich habe gemerkt, wie er nervös wurde. Ich habe behauptet, ich sei im Drachenbau gestolpert und gefallen. Ich hätte in der Dunkelheit nichts gesehen. Das habe ich gesagt.«
    »Das war bestimmt ziemlich beängstigend mit deinem Vater direkt daneben.«
    Aber Simon schüttelte den Kopf. »Nein. Ich hatte keine Angst vor ihm. Ich wollte ihn einfach nicht verpfeifen. Das wäre mir mies vorgekommen.«
    »Aber Simon, er hat dir weh getan!«
    Simon schüttelte nur weiterhin den Kopf. Er war ungeduldig mit mir, aufgeregt. »Das spielt keine Rolle mehr, Mia. Hör mir zu! Irgendetwas hat sich verändert, ich sag’s dir! Mein Vater redet immer noch wie ein Feldwebel, aber ich weiß, dass er mich nicht mehr schlagen wird. Nie wieder. Ich kann’s nicht richtig erklären, vielleicht, weil ich ihn nicht verraten habe. Oder weil er sich Sorgen gemacht hat, als ich letzte Nacht verschwunden bin.
    Jedenfalls habe ich das Gefühl, dass er spürt, dass ich auf meine eigene Weise nicht nachgebe. Ich schlage zwar nicht zurück, aber ich lasse mich auch nicht rumschubsen. Mein Vater begreift es endlich! Er kann mich nicht verändern. Egal, was er tut, er wird mich nicht zu etwas verbiegen, was ich nicht bin.«
    »Sei vorsichtig, Simon«, erwiderte ich und dachte an das Gesicht von Mr Ross, als er beim Abendessen erklärt hatte, was Simon den Familientraditionen schuldig war. Wir können nicht immer tun, was wir wollen. Simons Wangenknochen war heute nicht mehr so geschwollen wie gestern, aber die Wunde war noch da.
    Simon entgegnete achselzuckend: »Keine Angst. Ich bin glimpflich davongekommen. Ich werde bestraft, aber das ist alles.«
    »Also hast du Hausarrest, so ungefähr für immer«, sagte ich. »Und du wirst für den Rest deines Lebens pleite sein, weil du eine blöde Couch abzahlen musst. Meinst du das?«
    »Tja, die Couch ist wirklich hinüber.« Wieder lachte Simon. »Und der Teppich hat ein paar üble Löcher. Und natürlich droht mir mein Vater, mich im Abschlussjahr in irgendeine knallharte Drill-Highschool zu stecken, wo man mir Dis-zi-plin beibringt.« Simon schüttelte lächelnd den Kopf. »Aber das tut er nicht. Das ist nur Gerede. Um sein Gesicht zu wahren.«
    Ich sah Simon misstrauisch an. Seine Augen glänzten. Heftiger Regen trommelte auf das Dach des Pavillons. Ich saß reglos da und dachte über alles nach, was er mir erzählt hatte. Ich forschte in seinem Gesicht nach Spuren von Sorge, aber er sah vollkommen anders aus als der Junge, der noch in der Nacht zuvor an mein Fenster geklopft
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