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Der Sommer, der nur uns gehoerte

Titel: Der Sommer, der nur uns gehoerte
Autoren: Jenny Han
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endgültig an. So als würde ich ihn nie wieder sehen oder als würde – falls doch – ein Berg zwischen uns stehen.
    Ich spürte es in mir. Dieses Mal war es das wirklich. Ich hatte endlich eine Entscheidung getroffen und er auch. Er ließ mich gehen. Ich war erleichtert. Damit hatte ich gerechnet. Womit ich nicht gerechnet hatte, war diese große Trauer in mir.
    Bye bye, Birdie.

56
    Es war Valentinstag. Ich war sechzehn, und er war achtzehn. In dem Jahr fiel dieses Fest auf einen Donnerstag, und donnerstags war Conrad immer bis um sieben am College. Daher wusste ich, dass wir uns nicht treffen konnten. Wir hatten überlegt, ob wir uns für den Samstag verabreden sollten, vielleicht würden wir einen Film zusammen schauen, aber den Valentinstag hatte keiner von uns erwähnt. Conrad war einfach nicht der Typ für Blumen und herzförmige Bonbons. Kein Problem, ich war auch nicht der Typ Mädchen, der auf so was steht, ganz anders als Taylor.
    Im College verteilten die Mitglieder der Theater-AG in der vierten Stunde Rosen. Schon die ganze Woche über hatten Schüler in der Mittagspause Rosen bestellt. An wen man sie verschickte, war egal. Im ersten Collegejahr hatte keine von uns einen Freund gehabt, also schickten Taylor und ich uns heimlich gegenseitig eine. Im zweiten Jahr dann schickte Davis, Taylors Freund, ihr ein Dutzend rosa Rosen und schenkte ihr ein rotes Haarband, mit dem sie schon länger im Einkaufszentrum geliebäugelt hatte. Sie trug es den ganzen Tag.
    Abends saß ich in meinem Zimmer und machte Hausaufgaben, als eine SMS von Conrad einging. »SCHAU AUS DEM FENSTER.« Ich vermutete einen Sternschnuppenschwarm und ging nachsehen. Conrad bekam solche Ereignisse immer mit.
    Doch statt der Sternschnuppen sah ich Conrad, der mir mit einer karierten Decke vom Rasen vor meinem Wohnheim aus zuwinkte. Ich ließ einen Schrei los und schlug mir mit der Hand vor den Mund. Ich konnte es nicht glauben. Dann zwängte ich die Füße in meine Turnschuhe, zog meine Daunenjacke über den Flanellpyjama und rannte die Treppe hinunter, so schnell, dass ich fast stolperte. Von der Veranda aus flog ich ihm mit einem großen Sprung direkt in die Arme.
    Â»Ich fasse es nicht! Du bist hier!« Ich konnte gar nicht aufhören, ihn zu umarmen.
    Â»Ich bin gleich nach meinem Kurs losgefahren. Überrascht?«
    Â»Und wie! Ich dachte, du wüsstest nicht mal, dass heute Valentinstag ist.«
    Er lachte. »Komm«, sagte er und führte mich an der Schulter zur Decke hinüber. Dort standen eine Thermoskanne und eine Schachtel Twinkies, diese leckeren kleinen Kuchen mit Vanillecremefüllung.
    Â»Leg dich hin«, sagte Conrad und streckte sich selbst auf der Decke aus. »Heute ist Vollmond.«
    Also legte ich mich neben ihn und sah zum tintenschwarzen Himmel auf und dem weiß leuchtenden Mond. Ich zitterte. Nicht weil ich fror, sondern weil ich so glücklich war.
    Er wickelte den Rand der Decke um mich. »Ist dir kalt?«, fragte er besorgt.
    Ich schüttelte den Kopf.
    Conrad schraubte die Thermoskanne auf, goss etwas in den Deckel und reichte ihn mir. »Er ist nicht mehr so heiß, aber vielleicht hilft er trotzdem.«
    Ich stützte mich auf die Ellbogen und trank. Es war Kakao. Lauwarmer Kakao.
    Â»Ist er schon kalt?«, fragte Conrad.
    Â»Nein, ganz okay«, antwortete ich.
    Dann legten wir uns beide wieder flach auf den Rücken und schauten gemeinsam in den Himmel. So viele Sterne! Es war bitterkalt, aber das machte mir nichts. Conrad zeigte mir die Sternbilder. Er nahm meine Hand, zog damit die Verbindungslinien zwischen den Sternen und erzählte mir die Geschichten vom Oriongürtel und von Kassiopeia. Ich brachte es nicht übers Herz, ihm zu sagen, dass ich sie schon kannte; mein Dad hatte mir die Sternbilder erklärt, als ich noch klein war. Ich liebte es einfach, Conrad zuzuhören. Er hatte dasselbe Staunen, dieselbe Ehrfurcht in der Stimme wie immer, wenn er über Natur und Wissenschaft sprach.
    Â»Möchtest du zurück ins Haus?«, fragte er nach einer Weile. Er wärmte meine Hand mit seiner.
    Â»Erst, wenn wir eine Sternschnuppe gesehen haben, vorher nicht«, sagte ich.
    Â»Versprechen kann ich dir keine«, sagte er.
    Ich kuschelte mich glücklich an ihn. »Macht auch nichts. Aber versuchen will ich’s.«
    Lächelnd fragte er: »Wusstest du, dass Astronomen Sternschnuppen als
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