Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sohn des Verräters - 21

Der Sohn des Verräters - 21

Titel: Der Sohn des Verräters - 21
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
Vom Netzwerk:
ließen, wenn er sie in den ungeschützten Gedanken seiner Kollegen wahrnahm. Durch diese Umstände erschien das Handeln von Leuten wie der Senatorin Ilmurit ungemein tapfer. Sie hatte zusammen mit sieben anderen Gemäßigten die Seiten gewechselt und damit die knappe Mehrheit zunichte gemacht, welche die Expansionisten unter so gewaltigen Anstrengungen und mit nicht geringer Hinterlist gewonnen hatten.
    Seine Augen brannten heftig, und seine Muskeln zuckten.
    Es war zum Verrücktwerden, zumal er wusste, dass er normalerweise nicht aus irgendeinem nichtigen Anlass eine Vision hatte. So selten sich sein Laran auch manifestierte, es war stets wichtig. Zweimal in seiner Zeit als Senator von Darkover hatte es ihm schon geholfen, politische Fallen und Verrat zu umgehen.
    Er schloss die Augen, wobei spürte, wie die Erschöpfung an ihm zehrte, und versuchte sich die Warnung ins Gedächtnis zu rufen, die ihn geweckt hatte. Sie war unklar, eine Ansammlung von Stimmen, Schmerzensrufen und Worten, die er kaum verstand. Er musste sich einige Minuten angestrengt konzentrieren, bis ihm klar wurde, dass es sich nicht um eine Sache handelte, sondern um zwei ineinander verwobene Ereignisse, so dass sich das eine schwer vom andern unterscheiden ließ.
    Zwei Frauen? Ja, richtig. Wer waren sie? Keine der beiden war seine Kate, und die Stimmen gehörten auch keiner der Senatorinnen und weiblichen Abgeordneten, die er kannte.
    Dann hörte er die äußerst vertraute Stimme von Sandra Nagy heraus, der gegenwärtigen Premierministerin der Föderation.
Er hatte sie nicht gleich zuordnen können, weil er an ihren meistens angenehmen Alt gewöhnt war, mit dem sie die in alle Winkel der Terranischen Föderation übertragenen Reden hielt, in denen sie neue Steuern erklärte oder den Einsatz von Kampftruppen gegen Zivilisten.
Herm begriff plötzlich, dass er keine Vision gehabt hatte und auch keinen Traum, sondern die Erfahrung der Hellhörigkeit, der seltensten Manifestation der Aldaran-Gabe. Er hatte in die Zukunft gehört – wenn er sich doch nur an die verdammten Worte erinnern könnte! Heftig massierte er sich die Stirn und versuchte mit reiner Willenskraft sein Gedächtnis dazu zu bewegen, dass es ein wenig Klarheit und Sinn in seine Gedanken brachte. Konzentriere dich auf Nagy, befahl er sich, und lass die anderen Geräusche beiseite.
„Ich kann nicht zulassen, dass die Arbeit der föderalen Regierung noch länger stillsteht“, vernahm Herm schließlich.
    „Da die Opposition offenkundig entschlossen ist, die Legislative zur Geisel ihrer unerklärlichen und egoistischen Ziele zu machen, habe ich keine andere Wahl, als sowohl den Senat wie auch die Abgeordnetenkammer aufzulösen, und zwar so lange, bis Neuwahlen abgehalten und die Ordnung wiederhergestellt werden können.“
    Einen Augenblick lang war Herm wie betäubt. Wann sollte das passieren? Die Aldaran-Gabe war nie sehr genau und hatte selten so nützliche Details wie Datum und Uhrzeit zu bieten.
    Er zweifelte jedoch nicht an dem, was er vorausgehört hatte, und konnte nur überlegen, was es für Darkover bedeuten würde.
Völlig überraschend kam es nicht, denn nach der Verfassung der Föderation bestand diese Möglichkeit eigentlich immer. Seit mehr als hundert Jahren, seit die Te rraner nach Darkover gekommen waren, hatte kein Premier mehr die Regierung aufgelöst, aber Herm hatte von solchen Ereignissen gelesen. Was er wusste, war nicht ermutigend. Sehr oft handelte es sich um einen ersten Schritt in Richtung Tyrannei, Unterdrückung und Leid. Mit ihrer Überwachung noch des bescheidensten Zuhauses war die Regierung schon ein gutes Stück auf diesem Weg gegangen. Und das alles im Namen der Sicherheit. Die Angst vor einer Rebellion war allgegenwärtig, und sie war im letzten Jahrzehnt ständig gewachsen, bis sie alles überschattete. Selbst die vernünftigen Männer und Frauen unter den Senatoren schienen sich angesteckt zu haben. Was die Mitglieder der expansionistischen Partei anging, ließen sie sich die imaginären Erwiderungen solcher Revo lten wie einen guten Wein schmecken und berauschten sich an Rachevisionen. Manchmal glaubte Herm, sie genossen ihre Fieberträume einer galaktischen Apokalypse.
Lew Alton hatte seinerzeit Recht gehabt – die Föderation ging langsam, aber sicher zu Grunde. Erstaunlich war nur, dass es so lange gedauert hatte. Aber was sollte er jetzt tun?
    Und was war mit der anderen, nicht so deutlichen Stimme, der unbekannten Frau, die in seinem Geist
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher