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Der Sohn des Donnergottes

Der Sohn des Donnergottes

Titel: Der Sohn des Donnergottes
Autoren: Arto Paasilinna
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Milliarde Menschen. Sie teilen sich hauptsächlich in Katholiken (600 Millionen), Orthodoxe (130 Millionen) und Protestanten (220 Millionen). Die Finnen sind gegenwärtig Protestanten, zählt man die geringe Bevölkerung Kareliens nicht dazu. Die zweithäufigste Religion ist der Islam. 500 Millionen Mohammedaner gibt es, fast ebenso viele Hindus und 400 Millionen Anhänger von Konfuzius. Verflixt noch mal, was sollen denn das für welche sein? Dann gibt es noch 200 Millionen Buddhisten, 70 Millionen Schintoisten, 60 Millionen Taoisten, 15 Millionen Juden und 140.000 Mazdaisten. Allein an Mazdaisten gibt es also mehr, als solche, die an uns glauben, ist das nicht widerlich?! Religionslose oder an sogenannte Naturreligionen Glaubende gibt es gut eine Milliarde. In dieser Aufstellung sind die Bewohner Chinas und der Sowjetunion enthalten.«
    Mit leiser, trauriger Stimme sagte Ukko Obergott: »Ach Welt, was soll nur aus dir werden…« Tapio erhob sich, um das Wort zu ergreifen. Seiner Ansicht nach wurden die Religionen heutzutage mit der Gewalt des Schwertes verbreitet. Insbesondere die Christen waren eifrig dabei, wenn es darum ging, zur Waffe zu greifen, um andere Völker zu unterwerfen, mit dem Wunsch, den eigenen Glauben in andere Länder zu tragen. Wenn die finnischen Götter ihre frühere Autorität zurück wollten, sollten sie vielleicht ein bewaffnetes Vorgehen in Betracht ziehen.
    Ilmarinen widersprach energisch dem Gedanken, den Tapio vorgetragen hatte:
    »Mit Hilfe eines Glaubenskrieges werden wir niemals unsere Lehre verbreiten. Außerdem haben wir nicht einmal einen speziellen Kriegsgott. Diese Kleingeister hier taugen nicht zum Kämpfen«, sagte Ilmarinen und deutete auf die Wesen, die um den Thron herumwuselten. Die Kobolde kicherten nervös, als die Rede von ihnen war. Einige drohten kriegerisch mit ihren Schürhaken, aber der Zwischenfall endete sofort, als Ukko Obergott für Ilmarinen Partei ergriff. Ukko fand, es sei immer noch besser, die ganze Religion untergehen zu lassen, als ihre Ideale mit Waffengewalt zu vertreten. Fortan war davon nicht mehr die Rede.
    Den nächsten Redebeitrag lieferte Ahti, in dem er von der Ausbreitung des christlichen Glaubens auf der Welt berichtete:
    »Vor etwa zweitausend Jahren wurde im christlichen Himmel eine ähnliche Versammlung abgehalten wie die unsrige heute. Der Gott dort beschloß, seinen einzigen Sohn zu den Menschen zu schicken, denn der damalige Glaube des Alten Testaments hatte auf Erden bereits einen schlechten Ruf. Wie man mittlerweile sieht, glückte das Experiment über Erwarten. Der Sohn, der Jesus hieß, wurde zum Symbol des Glaubens. Zwar wurde er von dem Menschen ans Kreuz genagelt, aber das war ein geringer Preis dafür, daß heutzutage tausend Millionen Menschen an ihn glauben. Außerdem hat sein Vater dafür gesorgt, daß sein Sohn wieder in den Himmel zurückkam, und dort herrscht er angeblich immer noch über die Lebenden und die Toten.«
    Dieser Sachverhalt wurde lebhaft diskutiert. Ajattara gab zu Bedenken, ob man sich an den Christen nicht ein Beispiel nehmen und einen passenden Gott auf die Erde schickten sollte, so wie Jesus seinerzeit nach Israel abkommandiert worden war. Schließlich hatte Ukko Obergott doch auch einen Sohn, Rutja! Oder sollten vielleicht die Frauen in die Welt ziehen, um die Finnen zu bekehren!
    Ajattaras Überlegung erhielt die Unterstützung eines Teils der Götter. In der Tat, Rutja hatte schließlich Zeit genug, nach Finnland zu gehen! Selbst wenn er die Finnen nicht zum alten, wahren Glauben bekehren könnte, wäre es immerhin wichtig, genauere Informationen über die Lebensgewohnheiten der Finnen sowie besonders über den Christenglauben zu bekommen, und zumindest diese Aufgabe könne Rutja gut und gerne übernehmen.
    »Und wenn die Finnen Rutja ans Kreuz nageln?« fragte Ilmarinen ernsthaft.
    Darüber lohnte es sich nachzudenken. Tatsächlich konnten Rutja gehenkt oder erschossen werden, denn die Gläubigen waren geradezu scharf aufs Töten. Was sagte überhaupt Rutja dazu? Was er bereit zu gehen, oder hatte er Angst?
    Der Donnergott betrachtete seinen Sohn nachdenklich. Ob er einer war, den man in die Welt schicken konnte?
    Rutja, der große, stattliche und behaarte Gott, stand auf, um zu sprechen. Er trug ein Gewand aus Bärenfell, einen Hut, der aus den Schwanzfedern eines Raubvogels geflochten war und am Gürtel eine Keule. Gelassen blickte er auf seinen Vater und die anderen Götter und sagte mit kräftiger
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