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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten
Autoren: Juliet Marillier
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und ich wandte den Blick ab und spürte, dass ich errötete. Niamh war wirklich albern, dachte ich. Sie würde kaum einen Besseren finden, und mit siebzehn würde sie sich rasch entscheiden müssen, bevor jemand anders diese Entscheidung für sie traf. Es würde eine sehr starke Verbindung sein, noch stärker durch die Verwandtschaft zu Seamus, dem das Land gehörte, das zwischen den Ländereien Eamonns und Sevenwaters lag. Wer auch immer all dies beherrschte, würde, wenn die Zeit gekommen war, den Briten einen gewaltigen Schlag versetzen können.
    Die Druiden waren inzwischen am Ende der Reihe angekommen und fertig mit ihrer Begrüßung. Die Sonne stand niedrig am Himmel. Auf dem Feld hinter der Scheune waren in ordentlichen Reihen die Pflüge und Mistgabeln und andere Werkzeuge, die für die Arbeit der kommenden Jahreszeit gebraucht werden würden, bereitgelegt. Wir gingen über Wege, die vom Frühlingsregen immer noch ein wenig rutschig waren, und stellten uns in einem großen Kreis um dieses Feld herum auf. Im schwindenden Nachmittagslicht waren die Schatten schon sehr lang. Ich sah, wie Aisling ihrem Bruder davonschlüpfte und kurz darauf wie durch Zufall wieder an Seans Seite auftauchte. Sie irrte sich, wenn sie glaubte, dass niemand sie bemerkt hätte, denn ihr schimmerndes rötlich braunes Haar zog alle Blicke auf sich, ganz gleich, wie sehr sie versuchte, die wilden Locken mit Bändern zu zähmen. Als sie neben meinem Bruder stand, wehte der aufkommende Wind eine lange, lockige Strähne über ihr Gesicht, und Sean streckte die Hand aus und strich ihr das Haar sanft zurück. Ich brauchte sie nicht länger zu beobachten, um zu spüren, wie sie ihre Hand in seine gleiten ließ und sich die Finger meines Bruders schützend um sie schlossen. Nun, dachte ich, hier ist jemand, der weiß, was er will. Vielleicht war es gleich, wie Niamh sich entschied, denn es sah so aus, als würde dieses Bündnis ohnehin zu Stande kommen.
    Die Druiden bildeten einen Halbkreis um die Reihen von Werkzeugen, und in der Mitte stand Conor, dessen weißes Gewand mit Goldlitze gesäumt war. Er hatte die Kapuze zurückgestrichen und entblößte damit den goldenen Reif, den er um den Hals trug – ein weiteres Zeichen, dass er der Anführer dieser mystischen Bruderschaft war. Nach ihren Maßstäben war er noch jung, aber sein Gesicht war ein uraltes Gesicht, und in seinem ernsten Blick stand das Wissen mehr als eines einzigen Lebens. Diese achtzehn Jahre, die er im Wald verbracht hatte, waren eine lange Reise gewesen.
    Nun trat Liam als Herr des Haushalts vor und reichte seinem Bruder einen Silberkelch mit unserem besten Met, hergestellt aus dem feinsten Honig und gebraut mit Wasser aus einer ganz bestimmten Quelle, die sich an einem geheimen Ort befand. Conor nickte. Dann begann er, langsam an den Pflügen und Sicheln, den Mistgabeln, Spaten, Baumscheren und Schaufeln entlangzugehen, und sprühte ein paar Tropfen des kräftigen Getränks auf jedes Werkzeug.
    »Ein gutes Kalb im Bauch der Kuh. Ein Strom süßer Milch aus ihrem Euter. Ein warmes Fell auf dem Rücken der Schafe. Eine üppige Ernte nach dem Frühlingsregen.«
    Conor ging gleichmäßigen Schritts, und sein weißes Gewand bewegte sich, als hätte es ein eigenes Leben. Er hielt den silbernen Kelch in einer Hand, einen Birkenstab in der anderen. Alle Anwesenden schwiegen. Selbst die Vögel in den Bäumen hatten aufgehört zu zwitschern. Hinter mir lehnten sich ein paar Pferde über den Zaun und richteten ihren feierlichen Blick auf den Mann mit der leisen Stimme.
    »Möge Brighid eure Felder segnen. Möge sie ihre schützende Hand über die sprossenden Pflanzen halten. Möge die Erde Leben hervorbringen, möge eure Saat sprießen. Herz der Erde, Leben des Herzens, alles ist eins.«
    So ging er weiter und streckte über jedes Werkzeug die Hand aus und vergoss ein wenig von dem kostbaren Met. Das Licht färbte sich golden, als die Sonne hinter die Wipfel der Eichen sank. Als Letztes kam ein Achtochsenpflug, den die Männer vor vielen Jahren nach Iubdans Anweisung hergestellt hatten. Mit diesem Pflug waren auch die steinigsten Felder weich und fruchtbar gemacht worden. Wir hatten ihn mit Girlanden aus Gänsefingerkraut und duftendem Heidekraut geschmückt, und Conor blieb davor stehen und hob seinen Stock.
    »Möge nichts Böses unsere Arbeit befallen«, sagte er. »Mögen unsere Ernte und unsere Herden von Krankheit verschont bleiben. Lasst die Arbeit dieses Pfluges und unserer
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