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Der Sklave von Midkemia

Der Sklave von Midkemia

Titel: Der Sklave von Midkemia
Autoren: Raymond E. Feist
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das Ziel meiner Reise ist Jamar. Macht es Sinn, Euch auf die nächste Lieferung von Gefangenen aus dem Süden warten zu lassen, während ich vierzig Männer durch die Hitze treibe, sie dort für die Zeit meiner Geschäfte unterbringe und dann wieder nach Norden führe? Ich halte das nicht für sehr geschickt. Eure Needra-Weiden sind von größerer Wichtigkeit, denke ich. Wenn ich mich als Mitbieter zurückziehe, ist es also nichts anderes als eine kleine Höflichkeit.«
    Mit kaum verhohlener Erleichterung stockte Mara mitten in der Bewegung und ließ den Fächer sinken. »Eine kleine Höflichkeit? Eure Güte sucht ihresgleichen, Hokanu. Ich würde mich freuen, wenn Ihr meine Einladung annehmt und nach Beendigung Eurer geschäftlichen Angelegenheiten in Jamar den Rückweg zu den Gütern Eures Vaters unterbrecht, um bei den Acoma Rast zu machen.«
    »Dann hätten wir die Sache mit den Sklaven also geregelt.« Hokanu nahm ihre Hand. »Ich werde Eure Gastfreundschaft mit dem größten Vergnügen annehmen.« Er verbeugte sich und besiegelte damit ihre Abmachung. Als er sich wieder aufrichtete, blickte er geradewegs in Maras braune Augen, die ihn intensiv anstarrten. Die Lady der Acoma hatte ihn schon immer angezogen, vom ersten Augenblick an, da er sie gesehen hatte. Wenn er aus Jamar zurückkehrte, würde er sie vielleicht besser kennenlernen, seine Möglichkeiten bei ihr ausloten und herausfinden können, ob das Interesse auf Gegenseitigkeit beruhte. Jetzt jedoch, spürte er, beunruhigte sie seine Nähe. Der öffentliche Sklavenmarkt war nicht der geeignete Ort, die Gründe dafür herauszufinden, und es lag ihm fern, sie so sehr zu verwirren, daß ihre Freude über das Treffen in Bedauern umschlug. Er stand auf. »Also gut. Je schneller ich nach Jamar aufbreche, desto eher werde ich mich auf dem Rückweg befinden. Ich freue mich darauf, Euch wiederzusehen, Lady.«
    Mara wedelte mit dem Fächer vor ihrem Gesicht. Sie fühlte sich ungewöhnlich befangen und verspürte sowohl Bedauern als auch Erleichterung über Hokanus Aufbruch. Mit dem äußeren Anschein von Selbstsicherheit nickte sie. »Auch ich freue mich darauf. Ich wünsche Euch eine gute Reise.«
    »Ich wünsche Euch ebenfalls alles Gute, Lady Mara.«
    Der jüngere der beiden Shinzawai-Söhne bahnte sich seinen Weg durch die Bänke und verließ die obere Galerie.
    Als er auf der Treppe ins Sonnenlicht trat, war sein Profil mit der geraden Nase, der hohen Stirn und dem festen Kinn deutlich zu sehen – ein Anblick, der die Aufmerksamkeit wohl so mancher edlen Tochter in seiner Heimat auf sich gezogen hatte. Selbst in Lujans überaus kritischen Augen war Hokanu ein Mann, der sowohl durch sein Äußeres begünstigt wie auch von hohem gesellschaftlichen Rang war.
    Laute Stimmen drangen aus dem Sklavenverschlag zu ihnen. Mara wandte ihre Aufmerksamkeit von Hokanu ab. Sie drängte sich dicht an das Geländer der Galerie, um den Grund für die Aufregung zu erfahren. Da sich unter den nackten Sklaven keine Bogenschützen verstecken konnten, bestand Lujan nicht darauf, daß sie sich im Schatten verbarg, sondern suchte weiter mit seinen Blicken die umliegenden Dächer ab.
    Überrascht entdeckte Mara, daß die unschicklichen Rufe von dem Makler stammten, der die Barbaren beaufsichtigte. Seine kleine, plumpe Figur war in kostbare gelbe Seide gehüllt, und mit geballten Fäusten stand er vor einem der Midkemier, dem er kaum bis zum Kinn reichte. Es war der rothaarige Midkemier, den Mara bereits zuvor gesehen hatte. Sein nackter Körper glänzte in der Nachmittagssonne. Mit offensichtlicher Verzweiflung bemühte er sich, nicht zu lachen, während der Makler ihn mit einer Schimpftirade überzog. Mara mußte zugestehen, daß die Szene etwas Komisches hatte; der Makler war selbst für einen Tsurani klein, und die Barbaren ragten vor ihm in die Höhe. In dem vergeblichen Versuch, bedrohlich zu wirken, war der Aufseher gezwungen, sich auf die Zehenspitzen zu stellen.
    Mara beobachtete den Midkemier eingehender. Obwohl ihm jeden Augenblick die Züchtigung durch die Peitsche drohte, stand er mit vor der Brust gekreuzten Armen da, ein Abbild des Selbstvertrauens. Die vor ihm stehenden Männer – der Aufseher und die beiden Gehilfen, die dem Makler zu Hilfe gekommen waren – hatten alle einen höheren Rang inne, doch er überragte sie um mindestens einen ganzen Kopf. Der Midkemier schaute auf sie hinab wie ein junger Edler, der sich durch ihre Possen gelangweilt fühlte. Mara
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