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Der Sklave von Midkemia

Der Sklave von Midkemia

Titel: Der Sklave von Midkemia
Autoren: Raymond E. Feist
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rivalisierenden Häuser wie eine Jaguna-Meute erheben, bereit, den Reichtum und die Macht ihres Hauses in Stücke zu reißen und den Natami der Acoma – den Stein mit dem eingemeißelten Familienwappen, der die Seele und Ehre des Hauses enthielt – mit der Inschrift nach unten im Boden zu begraben und für immer dem Sonnenlicht zu entziehen.
    Mara folgte Lujan durch den ersten Stock, das Gewand säuberlich über die Fußknöchel gehoben. Sie kamen an einem Eingang zu weiteren Galerien vorbei, doch die waren einem ungeschriebenen, aber strengen Gesetz zufolge den Händlern und Maklern vorbehalten. Sie erklommen das nächste Stockwerk, das nur von den Edlen benutzt wurde.
    Da Midkemier zum Verkauf anstanden, war kaum jemand anwesend. Mara sah nur ein paar gelangweilt wirkende Händler, die mehr an dem allgemeinen Klatsch der Stadt interessiert zu sein schienen als daran, wirklich etwas zu erwerben. Der obere Rang der Galerien würde wahrscheinlich leer bleiben. Die meisten tsuranischen Edlen waren weit mehr mit dem Krieg jenseits des Spalts oder dem Versuch beschäftigt, die im Rat immer noch wachsende Macht des Kriegsherrn zu beschränken, als mit dem Erwerb schwer zu beherrschender Sklaven. Die ersten gefangenen Midkemier waren als Kuriositäten zu hohen Preisen verkauft worden. Doch der Reiz des Neuen hatte sich verloren, je mehr von ihnen auftauchten. Inzwischen brachten männliche Midkemier den niedrigsten Preis überhaupt; nur die Frauen von außerordentlicher Schönheit mit dem seltenen rotgoldenen Haar konnten noch immer eintausend Centunes bringen. Doch da die Tsuranis meistens Krieger gefangennahmen, konnten nur selten Frauen aus der barbarischen Welt angeboten werden.
    Eine Brise vom Fluß zupfte am Federbusch von Lujans Helm, wehte ihn gegen die gefiederten Enden von Maras parfümiertem Fächer und brachte ihre Perlenohrringe zum Klingen. Die Stimmen der Ruderer aus den Barken wehten über die Palisaden, als die Männer den Gagajin hinauf und hinunter stakten. Deutlicher zu hören waren die Rufe der Sklavenhändler aus den staubigen Verschlagen im Innern der hohen Plankenmauern und das gelegentliche Klatschen einer Peitsche aus Needra-Fell, wenn sie ihre Waren für interessierte Kunden auf den Galerien präsentierten. Etwa zwei Dutzend Midkemier befanden sich in dem einen Verschlag. Es schienen keine Käufer interessiert zu sein, denn nur ein einziger Aufseher bewachte sie mit gleichgültiger Miene. Bei ihm standen ein Makler, der anscheinend Kleidung an sie zu verteilen hatte, und ein Buchhalter mit einer ziemlich angeschlagenen Tafel. Mara betrachtete die Sklaven neugierig. Sie waren alle sehr groß, überragten selbst den größten Tsurani noch um einen Kopf. Besonders einer ragte über dem pummeligen Makler auf, und seine rotgoldenen Haare blitzten in der Mittagssonne Kelewans, als er versuchte, sich in der unvertrauten Sprache verständlich zu machen. Mara hatte keine Gelegenheit, den Barbaren weiter zu betrachten, denn plötzlich blieb Lujan vor ihr stehen und griff warnend nach ihrem Handgelenk.
    »Hier ist jemand«, flüsterte er ihr zu. Dann bückte er sich und tat so, als wäre ein Stein in seine Sandalen gerutscht. Unauffällig fuhr seine Hand zum Schwert, und über seine muskulöse Schulter hinweg erhaschte Mara einen Blick auf eine Gestalt, die im hinteren Teil der Galerie im Schatten saß. Es konnte durchaus ein Spion sein, oder schlimmer noch: ein Attentäter. Da Midkemier zum Verkauf anstanden, war das obere Stockwerk nahezu verlassen – eine Chance, die ein kühner Lord sich womöglich nicht entgehen lassen würde. Doch wenn ein feindliches Haus von Maras Entscheidung erfahren hatte, persönlich den Sklavenmarkt zu besuchen, sprach dies für einen Spion in den obersten Reihen der Acoma. Die Lady hielt inne. Sollte sie hier und jetzt getötet werden, würde ihr gerade erst ein Jahr alter Sohn Ayaki das letzte Hindernis für die Vernichtung der Acoma sein – eine Vorstellung, bei der es Mara den Magen umdrehte.
    Dann bewegte sich die Gestalt im Schatten, und helles Sonnenlicht fiel durch einen Riß in der Markise und enthüllte ein gutaussehendes und junges Gesicht, das vor freudiger Überraschung lächelte.
    Mara legte ihre Hand leicht auf Lujans Handgelenk, und die Beruhigung lockerte seinen Griff etwas. »Es ist in Ordnung«, sagte sie weich. »Ich kenne diesen Mann.«
    Lujan richtete sich mit ausdruckslosem Gesicht auf, als der junge Mann sich von der Bank erhob. Der Mann bewegte sich
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