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Der Simulator

Der Simulator

Titel: Der Simulator
Autoren: Marco Lalli
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ihn gesehen zu haben, wie ich sofort richtigstellte. Doch Bartels schüttelte nur müde den Kopf. »Draganski ist seit Tagen verschwunden. Er war nicht im Büro, er ist nicht Zuhause…«
    Kowalski lächelte Bartels Begleitung an: »Er wird in einer dieser neumodischen Spielhöllen versackt sein, die überall aus dem Boden schießen…«
    Bartels nickte. »Ja, das wird zu einem echten Problem. Das Gesetz sagt, dass man sich nur für acht Stunden an ein biologisches Interface anschließen darf. Dann muss man zwölf Stunden Pause machen, aber wer hält sich schon dran? Und wir kommen mit den Kontrollen nicht nach… Ist Draganski süchtig?«
    Kowalski hob die Schultern. »Bei der letzten Routineuntersuchung war er es noch nicht. Aber er spielt gerne. Er ist irgendein hohes Tier auf einem dieser Fantasyplaneten.« Er lachte. »Großmeister, König… Was weiß ich… Wenn er dort genauso streng ist wie hier bei uns, dann führt er vermutlich ein veritables Schreckensregime.«
    »Apropos biologisches Interface«, Hauptkommissar Bartels schaute auf seine Uhr. »Können Sie uns die Stelle zeigen, wo Blinzle verunglückt ist?«
    Kowalski gab wichtige Termine vor und verabschiedete sich wortreich, nicht ohne die Hand der Kommissarsanwärterin lange in der seinen gehalten und getätschelt zu haben. Er bat mich, die beiden Polizisten zu begleiten. Ich sei sicherlich der kompetenteste Führer in diesem Teil des Hauses, Blinzle vielleicht ausgenommen, aber der sei nun mal tot. So schob er uns durch die Panzerglastür seines Büros. Seine Sorge, ich könne den Ruf des Unternehmens ruinieren, schien sich zerstreut zu haben.
    Zum Rechner gab es nur einen Zugang. Ein streng gesicherter Fahrstuhl fuhr von Kowalskis Stockwerk nonstop in den Keller. Er hielt nur auf diesen beiden Ebenen, und so musste man zuerst ganz hinauf fahren, um in den Rechnerraum im Keller zu gelangen. Da wir uns aber schon auf der obersten Verwaltungsetage befanden, hatten wir einen kurzen Weg.
    Das Innere des Aufzugs war ganz mit gebürstetem Stahl verkleidet und reflektierte matt das Licht der LED-Lampen. Alles roch neu und wirkte ein wenig steril. Unmerklich lösten sich die Bremsen. Wir schienen uns kaum zu bewegen, und doch wusste ich, dass wir mit fast zehn Metern pro Sekunde hinabstürzten. Wir fuhren schweigend nach unten. Um Bartels und seine Assistentin nicht anschauen zu müssen, hatte ich meinen Blick zur Decke gerichtet. Ich schaute genau in die Überwachungskamera.
    Als wir ausstiegen wurden wir von blauem Licht eingehüllt. Es war ein kaltes Licht, das aus unzähligen in Boden und Decke versteckten Leuchten drang. Durch einen kurzen Gang erreichten wir den Kontrollraum.
    Zwei Techniker saßen auf ihren Plätzen. Ich nickte ihnen zu.
    »Alles in Ordnung, Marc.« Der ältere der beiden hatte den Blick von seinen Bildschirmen gelöst. Er hieß Stefan Kurz und war mein Chefingenieur. »Wollen Sie rein?«
    Ich schüttelte den Kopf: »Später, vielleicht… Ich mache nur eine kleine … Führung.«
    Der Raum war nicht sonderlich groß. Jeder Controller hatte zwei überbreite Bildschirme vor sich, auf denen Zahlen in verschiedenen Farben blinkten. Neben den Zahlen leuchteten Balken und Säulen, wurden größer oder kleiner, verschwanden ganz und entstanden aufs Neue. Sie pulsierten, als seien sie lebendig. Das Auffälligste aber waren die Wände des Kontrollraumes. Sie waren fast vollständig mit Monitoren bedeckt und zeigten Straßen, Kreuzungen, Unterführungen und Passagen, Einkaufszentren und Tankstellen. Auf den ersten Blick hätte man die Anlage für den Leitstand der städtischen Polizei halten können.
    Auf den ersten Blick. Denn es gab auch andere Bildschirme. Diese erinnerten eher an die Kontrollgeräte, die man bei einem Fernsehsender hätte finden können. Als blicke man auf das laufende Programm, sah man Menschen bei alltäglichen Tätigkeiten: Eine Familie zuhause am Esstisch, Mitarbeiter einer namenlosen Firma, die eine Präsentation verfolgten, Handwerker, die etwas ausbesserten, einen Hund, der vor dem Fernseher schlief. Oben rechts zog sich gerade eine Frau aus, um zu duschen.
    Bartels, der einen Schritt vorgetreten war, pfiff leise durch die Zähne. »Was überwachen Sie hier? Ist das Heidelberg? Oder nur Ziegelhausen…«
    Ich lachte. »Weder noch. Wir nennen es intern einfach nur Entenhausen.« Das schien auch den Technikern ein Grinsen abzuringen. »Offiziell heißt es Sinex-Milieu-Weltmodell. Aber das ist zu lang.« Und vielleicht
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