Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sieger bleibt allein (German Edition)

Der Sieger bleibt allein (German Edition)

Titel: Der Sieger bleibt allein (German Edition)
Autoren: Paulo Coelho
Vom Netzwerk:
anweisen, Igor vor die Tür zu setzen. Egal wie reich Igor ist und selbst wenn er das größte Mobiltelefonunternehmen Russlands besitzt – er ist hier fehl am Platz.
    »Du hast mich verraten. Nicht nur in den zwei Jahren, in denen du bei diesem Mann warst, sondern während unseres ganzen gemeinsamen Lebens.«
    Ewa schweigt.
    »Was wären Sie imstande zu tun, damit Ewa bei Ihnen bleibt?«
    Hamid überlegt, ob er antworten soll oder nicht. Ewa ist keine Ware, um die man feilschen kann.
    »Formulieren Sie Ihre Frage anders!«
    »Sehr gut. Würden Sie Ihr Leben für die Frau, die neben Ihnen sitzt, hingeben?«
    Aus dem Blick des Mannes spricht reine Bosheit. Selbst wenn es Igor gelungen sein sollte, aus dem Restaurant ein Messer mitzunehmen (er hatte nicht darauf geachtet, aber er muss an alle Möglichkeiten denken), wird er ihn schnell entwaffnen können. Nein, er wird für niemanden sein Leben hingeben, nur für Gott oder den Stammesobersten. Doch er muss etwas sagen.
    »Ich würde um sie kämpfen. Ich denke, wenn es zum Äußersten käme, wäre ich bereit, für sie zu töten.«
    Ewa hält den Druck nicht mehr aus. Sie möchte am liebsten alles sagen, was sie über den Mann weiß, der rechts neben ihr sitzt. Sie ist sicher, dass er den Filmstar ermordet hat, dass er den Lebenstraum ihres neuen Lebensgefährten, Filmproduzent zu werden, sabotiert hat.
    »Lass uns wieder hinaufgehen.«
    Tatsächlich aber möchte sie sagen: ›Bitte lass uns sofort von hier verschwinden. Du redest mit einem Psychopathen.‹
    Igor scheint nicht gehört zu haben, was sie sagte.
    »Sie wären imstande, für sie zu töten. Also wären Sie auch imstande, für sie zu sterben.«
    »Ich denke schon, beispielsweise wenn ich kämpfen und verlieren sollte. Aber wir werden jetzt doch hier am Strand keine Szene machen.«
    »Ich möchte hinaufgehen«, wiederholt Ewa.
    Doch Igor hat gerade an Hamids Stolz appelliert. Hamid kann jetzt nicht einfach gehen wie ein Feigling. Der uralte Tanz, den Männer und Tiere aufführen, um das Weibchen zu beeindrucken, beginnt.
    »Seit du gegangen bist, bin ich nicht mehr ich selber«, sagt Igor zu Ewa, als wären sie beide allein an diesem Strand. »Meine Geschäfte liefen gut. Tagsüber gelang es mir, kaltschnäuzig zu sein, doch nachts versank ich in tiefsten Depressionen. Damals ging etwas von mir unwiederbringlich verloren. Als ich dann nach Cannes aufbrach, glaubte ich noch, ich könnte es zurückerlangen. Aber jetzt, wo ich hier bin, sehe ich, dass etwas in mir endgültig gestorben ist und nicht wieder zum Leben erweckt werden kann oder sollte. Ich würde dich nie zurücknehmen, selbst wenn du vor mir auf dem Boden kriechen, um Vergebung bitten, mit Selbstmord drohen würdest.«
    Ewa atmet auf. Wenigstens würde es keinen Kampf geben.
    »Du hast meine Botschaften nicht verstanden. Ich sagte darin, dass ich imstande wäre, Welten zu zerstören, und du hast nichts begriffen. Und falls du es doch begriffen hast, so hast du mir nicht geglaubt. Was heißt es, eine Welt zu zerstören?«
    Er steckt die Hand in die Hosentasche und zieht eine kleine Waffe hervor. Doch er richtet sie auf niemanden, starrt weiter aufs Meer. Hamids Blut fließt schneller: Entweder will der andere ihnen nur Angst einjagen oder sie weiter beleidigen. Oder ihm steht ein tödlicher Kampf bevor. Doch hier auf der Gala? Wo er weiß, dass ihm Verhaftung droht, sobald er die Treppe wieder hinaufsteigt? So verrückt kann er doch nicht sein – sonst hätte er nie so viel im Leben erreicht.
    Er muss sich jetzt konzentrieren. Er ist ein Krieger, der anzugreifen und sich zu verteidigen weiß. Er darf sich jetzt nicht bewegen, denn der andere registriert jede seiner Bewegungen, auch wenn er ihn nicht direkt ansieht.
    Unbemerkt von ihm kann er nur seine Augen bewegen. Die drei sind ganz allein am Strand. Oben erklingen die ersten Akkorde der Band, die ihre Instrumente stimmt, sich darauf vorbereitet, für ausgelassene Stimmung zu sorgen. Hamid denkt jetzt nicht – er ist dazu ausgebildet, instinktiv zu handeln.
    Zwischen ihm und dem anderen Mann sitzt, vom Anblick der Waffe hypnotisiert, Ewa. Würde er etwas versuchen, würde der andere sich zur Seite drehen, schießen und Ewa treffen.
    Nun, wahrscheinlich stimmt die erste Annahme. Igor will ihnen beiden nur Angst einjagen. Er will Hamid zwingen, sich feige zu verhalten, seine Ehre zu verlieren. Hätte Igor tatsächlich die Absicht, zu schießen, würde er die Waffe nicht so nachlässig halten. Es ist
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher