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Der Sieger bleibt allein (German Edition)

Der Sieger bleibt allein (German Edition)

Titel: Der Sieger bleibt allein (German Edition)
Autoren: Paulo Coelho
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Strand verbrachten in der Hoffnung, gesehen, fotografiert und entdeckt zu werden. Denn es graute sie vor einem Dasein als Hausfrau und Mutter, das darin bestand, jeden Morgen die Kinder in die Schule zu bringen, jeden Nachmittag mit ihren Freundinnen über die Nachbarn zu tratschen und jeden Abend dem Ehemann ein warmes Essen zu kochen. Sie wollten Ruhm, Luxus, Glamour. Sie wollten von den Gleichaltrigen zu Hause beneidet werden, die sie immer als hässliches Entlein behandelt und nicht geahnt hatten, dass aus ihnen einmal ein von allen begehrter Schwan werden könnte. Eine Karriere in der Welt der Träume – nur das war wichtig, und dafür wurde bedenkenlos in aufreizende Kleidung und in Brustvergrößerungen Geld investiert, das sie sich erst von überall leihen mussten. Schauspielunterricht? Nicht nötig. Schönheit und die richtigen Kontakte reichten. Beim Film war alles möglich. Sofern es einem gelang, erst einmal einen Fuß in die Filmwelt zu setzen.
    Diese Frauen taten alles, um dem Leben in einem Provinznest und dem ewig gleichen Trott zu entkommen. Sollten die anderen doch da versauern. Wer nach Cannes zum Festival kam, der musste die Angst zu Hause lassen und zu allem bereit sein: lügen, was das Zeug hielt, sich für jünger ausgeben, als man tatsächlich war, Leuten, die man nicht ausstehen konnte, schöne Augen machen und Interesse vortäuschen, wenn man sich zutiefst langweilte, »ich liebe dich« sagen, ohne zu bedenken, was das auslösen könnte, und auch nicht davor zurückschrecken, der besten und treuesten Freundin, weil sie zur unerwünschten Konkurrentin geworden war, in den Rücken zu fallen. Ohne schlechtes Gewissen oder Scham immer weiterzugehen. Der Zweck heiligt die Mittel.
    Ruhm, Luxus und Glamour.
    Gabriela ärgert sich über diese Gedanken: Einen neuen Tag sollte man nicht so beginnen. Außerdem hat sie einen Kater.
    Aber einen Trost gibt es wenigstens: Sie ist nicht in einem 5-Sterne-Hotel neben einem Mann aufgewacht, der sie bald wegschicken wird, weil er nach dem Aufstehen Wichtigeres zu erledigen hat: Filme zu kaufen oder von ihm produzierte Filme zu verkaufen.
    Sie setzt sich auf und sieht nach, ob ihre Freundinnen noch da sind. Doch die sind natürlich bereits zur Croisette mit ihren Swimmingpools, Hotelbars, Jachten, Essenseinladungen und Strandbegegnungen aufgebrochen. Fünf Matratzen sind auf dem Boden des kleinen, völlig überteuerten 1-Zimmer-Apartments verteilt, das sie und ihre Freundinnen gemeinsam für eine Saison gemietet haben. Um die Matratzen herum liegen wahllos verstreut Kleider, Schuhe und Kleiderbügel.
    ›Hier nehmen Kleider mehr Raum ein als Menschen‹, denkt Gabriela.
    Selbstverständlich kann sich keine von ihnen auch nur im Traum Sachen von Elie Saab, Karl Lagerfeld, Versace oder Galliano leisten, sie haben nur die notwendige, immer funktionierende Grundausstattung, die allerdings das ganze Apartment belegt: Bikinis, Miniröcke, T-Shirts, Schuhe mit Plateausohlen und unglaublich viel Kosmetika.
    ›Eines Tages werde ich tragen, was ich will. Jetzt geht es nur darum, eine Chance zu bekommen.‹
    Warum glaubt sie, dass ausgerechnet sie eine Chance verdient?
    Ganz einfach, weil sie weiß, dass sie die Beste von allen ist, auch wenn es da Erfahrungen in der Schule gab, Enttäuschungen, die sie ihren Eltern bereitet, Frustrationen und Niederlagen, die sie immer wieder erlitten hat.
    ›Und wenn ich meinen Traum erfüllt habe, dann werde ich mich, das weiß ich heute schon, fragen: Werde ich um meiner selbst willen geliebt und bewundert oder nur, weil ich berühmt bin?‹
    Sie kennt Leute, die es geschafft haben, die Bühnenstars geworden sind. Doch entgegen ihren Erwartungen haben sie keinen inneren Frieden gefunden. Wenn sie nicht auf der Bühne stehen, sind sie unsicher, voller Zweifel, unglücklich. Sie wollten Schauspieler werden, damit sie nicht sich selber spielen mussten, und hatten ständig Angst, einen falschen Schritt zu tun, der ihrer Karriere ein Ende bereiten könnte.
    ›Ich bin anders. Ich bin immer ich selber gewesen.‹
    Stimmt das wirklich? Oder glauben das alle, die sich in ihrer Lage befinden?
     
    Sie steht auf, kocht sich einen Kaffee. Die Küche ist nicht aufgeräumt, weil keine ihrer Freundinnen es für nötig befunden hat, das Geschirr abzuwaschen. Sie weiß nicht, warum sie so schlecht gelaunt und voller Zweifel aufgewacht ist. Sie kennt sich in ihrem Beruf aus, hat sich ihm mit Leib und Seele verschrieben. Dennoch scheint niemand ihr
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