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Der siebte Turm 03 - Aenir - Reich der Schatten

Titel: Der siebte Turm 03 - Aenir - Reich der Schatten
Autoren: Garth Nix
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ihn aufheben. Doch er schloss seine Finger nicht. Odris tat mit Millas Schatten dasselbe. Tal erwartete, dass das Eiscarl-Mädchen protestieren oder ausweichen würde, doch Milla war hart auf dem Stein aufgeschlagen. Sie versuchte benommen, aufzustehen, doch ihr Schatten bewegte sich nicht schnell genug, um Odris‘ Griff auszuweichen.
    Die Sturmhirten hielten inne. Der Boden unter Tals Füßen bebte weiter und er sah, wie sich dünne Risse durch den Schlamm ausbreiteten. Sie wurden breiter und verbanden sich, bis ein einziger breiter Riss unter Tal und Milla hindurchlief.
    „Licht!“, donnerte Odris. „Wir können eure Schatten nicht ohne Licht greifen!“
    Tal wandte seine Aufmerksamkeit von der schnell breiter werdenden Spalte unter ihnen ab. Sie schien sich wie ein Mund zu öffnen, der sie verschlingen wollte. Er sah einen Moment zu Milla und traf dann eine Entscheidung.
    Kümmere dich um deine Mutter und die Kleinen, Tal. Ich verlasse mich auf dich.
    Er hob seinen Sonnenstein über den Kopf und rief das Licht, das im letzten Teil der Geistschattenbindung benutzt wurde. Das Licht, das alle sieben Farben durchlief. Das Licht, das sie ,Den Schatten teilen‘ ließ.
    In dem eigenartigen, flimmernden Regenbogen erschienen Tals und Millas Schatten fester, realer. Die Sturmhirten packten sie und warfen sie ins Zentrum ihrer Wolkenkörper, dorthin, wo ihre Herzen wohl waren – wenn sie welche hatten.
    Tal spürte einen Ruck, als sein Schatten verschwand. Ein kalter Luftzug schien durch seinen Kopf zu wehen. Plötzlich bemerkte er die enorme Luftfeuchtigkeit und den Wind ganz deutlich. Kleine Funken schossen aus seinen Fingern und um seinen Sonnenstein. Milla, die noch immer auf dem Boden lag, war auch von knisternden Funken umgeben.
    Dann teilte sich der Hügel in zwei Hälften und gab den Blick auf einen tiefen, schwarzen Abgrund frei.
    Tal stand schwankend an der Kante und versuchte, mit rudernden Armen seine Balance zu halten. Milla, halb bewusstlos, glitt in einem Gemisch aus loser Erde, Schmutz und Stein über die Kante.
    Beide stürzten in die Dunkelheit.

 
KAPITEL VIER
     
     
     
    Die Sturmhirten sprangen Tal und Milla hinterher. Sie griffen nach ihren neuen Begleitern und zischten in Windeseile wieder aus der Spalte hoch. Gerade als sie den Rand passiert hatten, klappte die riesige Spalte wieder zu. Erde, Steine und Schlamm spritzten auf.
    „Frei!“, donnerte Adras, als er in den Himmel stieg. Tal baumelte an seiner wolkigen Hand. „Frei!“
    „Frei!“, jubelte Odris. „Frei vom verhassten Hügel!“
    „Nicht ganz“, rief Tal. „Ihr seid immerhin Geistschatten. Oder zumindest werdet ihr das sein, wenn wir zum Schloss zurückkehren.“
    Er war sich nicht ganz im Klaren darüber, wie es jetzt weitergehen musste. Wenn er Adras auf die übliche Weise an sich gebunden hätte, würde der Sturmhirte sein Diener werden und musste tun, was Tal wollte. Doch er war ein freier Begleiter.
    Jedes Mal, dachte Tal, wenn er sich aus Schwierigkeiten manövriert hatte, schaffte er sich irgendwie neue Probleme. Warum konnte nichts einfach sein?
    Bei dem Gedanken an Schwierigkeiten musste Tal unwillkürlich einen Blick auf Milla werfen. Sie hing schlaff in Odris‘ Griff, offensichtlich noch immer von dem Schlag auf den Stein benommen.
    „Und du bist mein Erwählter“, sagte Adras, was Tal zu einem Stirnrunzeln veranlasste. „Wohin reisen wir, Tal?“
    „Zuerst einmal nach unten“, sagte Tal und unterdrückte ein Schaudern. Sie waren sehr schnell sehr weit nach oben gestiegen, wo es ziemlich kalt war. Der alte Hrigga-Hügel lag weit unter ihnen, umgeben von dem neuen See. Er konnte den Wald der Bäume sehen, die davongelaufen waren. Sie hatten sich jetzt auf höherem Gelände, ein ganzes Stück weiter südlich, niedergelassen.
    Die Sonne war nun beinahe untergegangen. Sie berührte bereits den Hügelkamm im Westen. Darüber leuchteten schon klar und deutlich die ersten Sterne in den Konstellationen von Aenir. Viele davon kannte Tal aus seiner frühen Kindheit. Seine Familie hatte immer die erste Nacht nach dem Tag des Aufstiegs damit verbracht, sich die Sterne anzusehen. Es gab eine Gruppe aus sehr vielen Sternen, die ,Juwelenschachtel‘ genannt wurde. Eine andere, dreieckige Formation hieß ,Drachenkopf‘, obwohl Tal eigentlich fand, dass sie nicht gerade wie ein Drache aussah.
    Das alles erinnerte ihn an seine Familie – die so weit entfernt war, in einer anderen Welt.
    Es hätte noch lange die Sterne
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