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Der siebte Turm 03 - Aenir - Reich der Schatten

Titel: Der siebte Turm 03 - Aenir - Reich der Schatten
Autoren: Garth Nix
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dieses Mal wieder einstimmig. Bei diesem geringen Abstand waren ihre Stimmen ohrenbetäubend laut.
    Tal antwortete, jedoch ohne Worte. Stattdessen hob er seinen Sonnenstein-Ring. Ein schmaler Strahl orangefarbenen Lichtes schoss daraus hervor und traf geradewegs den nächsten Sturmhirten. Der schien das nicht einmal zu bemerken, doch der Strahl sollte ihn sowieso nicht verletzen. Es war eine Markierung.
    Tal zeichnete mit dem Strahl schnell einen Kreis, der die beiden Sturmhirten, Milla und ihn selbst einschloss. Dort, wo der Kreis den Boden berührte, begannen das Gras und der Schlamm orangefarben zu leuchten.
    Da Tal von dem Sturmhirten festgehalten wurde, war der Kreis etwas ungleichmäßig. Im Lektorium hätte er damit sicherlich keine Prüfung bestanden. Doch es war ein geschlossener Kreis aus Licht, also hatte Tal den ersten Teil zur Bindung eines Geistschattens vollendet. Er hatte ,Die Grenze markiert‘.
    „Was tust du?“, fragte der Sturmhirte. Er klang nicht so, als würde es ihn stören. Er schien eher neugierig zu sein. „Du sollst nur entscheiden, wer von euch beiden sterben soll.“
    Jetzt sprach Tal, doch es war keine Antwort, sondern der Singsang eines Zauberspruchs. Er wusste nicht, was die Worte bedeuteten – er hatte sie lediglich auswendig lernen müssen und sie waren ohnehin in einer Sprache, die die Erwählten nicht benutzten. Aus diesem Grund hatte er die Worte auch fast jeden Tag seit Jahren geübt. Das Binden eines Geistschattens bedeutete den Beginn seines Lebens als Erwachsener. Die Art und Stärke des Geistschattens, den er bekam, würde großen Einfluss auf seine Möglichkeiten zum Aufstieg innerhalb der Orden des Schlosses haben.
    Tal verdrängte ein plötzlich auftauchendes Bild: Ein Bild von sich selbst, wie er durch die roten Korridore zog, während alle lachten und hinter vorgehaltener Hand flüsterten: „Sieh dir seinen Geistschatten an. Er hat sich einen Sturmhirten geholt, ist es denn zu fassen?“
    „Mestrel ol Tel, Asteyr, Mestrel ol Lameth, amsal gebbornyeo nebedi…“
    „Was machst du?!“, schrie Milla. Sie warf sich so energisch nach vorn, dass der Sturmhirte, der sie festhielt, seinen dritten und letzten Finger benutzen musste, um sie unter Kontrolle zu bringen. „Du darfst das nicht sagen!“
    „Was?“, rief Tal. Er war angesichts dieses plötzlichen Ausbruchs völlig schockiert. Im selben Moment vergaß er den Zauberspruch. Die Worte mussten exakt und ohne Unterbrechung aufgesagt werden. Er hatte bereits die Macht gespürt, die sich mit den Worten aufgebaut hatte. Er hatte sicher gewusst, dass er es geschafft hätte, den Geistschatten an sich zu binden. Jetzt, da sich die Macht der Worte verflüchtigte, löste sich auch die Bindung wieder.
    Milla hatte seine Chance zerstört, einen Geistschatten an sich zu binden. Wenn er es geschafft hätte, hätte er seinen neuen Diener gegen den anderen Sturmhirten einsetzen können. Jetzt mussten sie wohl entscheiden, wer von ihnen sterben musste.
    „Du hast alles verdorben!“, rief Tal. Er versuchte, sich zu Milla hinüberzurollen, doch der Wolkenfinger hielt ihn fest.
    „Was habe ich verdorben?“, fragte Milla aufgebracht. „Wo hast du die Sprache der Cronen gelernt?“
    „Ihr müsst euch entscheiden“, unterbrach der kleinere Sturmhirte die hitzige Unterhaltung. „Einer von euch muss sterben…“
    „Seid still!“, brüllte Tal. Zu seiner Überraschung befolgten die Sturmhirten seine Anweisung. „Was meinst du mit
,Sprache der Cronen? Ich habe ,Die Worte gesprochen‘. Ich habe versucht, einen der Sturmhirten an mich zu binden und dein miserables Leben zu retten!“
    „Es war die Sprache der Cronen, die alte Zunge“, beharrte Milla. „Das Gebet an Asteyr, das nur eine Mutter-
Crone sagen darf. Allen anderen ist es verboten.“
    „Woher weißt du, dass es das ist, was ich gesagt habe?“, fragte Tal.
    Die beiden Sturmhirten nickten, so als hätte er eine gute Frage gestellt.
    „Ich habe es schon gehört“, sagte Milla leise. „Schon fünfmal. Das letzte Mal ist noch keine halbe Umrundung her, als Olof Schneeschwimmer Ifrim Ohne-Nase im Schlaf erschlug. Olof wollte das Urteil der Mutter-Crone nicht akzeptieren und so musste sie das Gebet sprechen.“
    „Und was ist dann passiert?“, brummte der kleinere Sturmhirte. Die Blitze in seiner Hand waren verschwunden und seine Augen leuchteten jetzt heller.
    „Die Mutter-Crone rief Asteyr an und sandte Olof in das Lebende Meer“, sagte Milla. „Doch er wurde
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