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Der siebte Turm 03 - Aenir - Reich der Schatten

Titel: Der siebte Turm 03 - Aenir - Reich der Schatten
Autoren: Garth Nix
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Distanz, während sie den anderen packte und wieder und wieder herumwirbelte, als ob sie ein Wäschestück auswringen wollte.
    Schließlich waren sie alle im westlichen Korridor und vor ihnen war niemand mehr zu sehen. Das Gebrüll der Wachen und das Dröhnen der Sirene wurde hinter ihnen schwächer, als sie liefen und liefen.
    „In welche Richtung?“, fragte Milla, als sie an die erste Gabelung kamen. Eine Wächterin kam aus einem der Gänge und wurde sofort von Adras niedergeschlagen. Ihren Geistschatten streckte Odris mit einem doppelten Faustschlag nieder.
    „Nicht da entlang!“, sagte Tal, als er weitere Wachen aus dem linken Korridor kommen sah. Er wandte sich ab und sah, wie sich noch eine Schwadron aus dem rechten Gang näherte.
    Es blieb also nur der Weg geradeaus und Tal versuchte verzweifelt, sich an die Karte auf der Oberfläche des Kodex zu erinnern. Er kannte sich in den weißen Räumen nicht aus und hatte sich bereits verlaufen.
    Und wohin sollten sie überhaupt laufen?
    „Wachen voraus!“, rief Milla, als sie an eine zweite Gabelung kamen. Es war eine dreifache Gabelung im Korridor.
    Tal blieb stehen und starrte die drei Gänge an. Vor ihnen waren Wachen… doch das war nicht das Schlimmste. Im Schutz den ersten Reihen stand der massive Körper von Schattenmeister Sushin, gekleidet in der Robe eines Hilfs-Lumenors des Orange-Ordens. An seiner Seite ging das üble, mit Reißzähnen ausgestattete Monster, das sein neuer Geistschatten war.
    Sushin sah Tal im gleichen Augenblick. Trotz seiner fleischigen Arme waren seine Reflexe schneller als die des Jungen. Seine Hand zuckte nach oben und eine Kugel aus orangefarbenem Licht schoss hervor. Sie überbrückte mit einem Kreischen die vierzig Spannen, die zwischen ihnen lagen.
    Adras versuchte sie abzuwehren, doch die Kugel durchdrang seine Handfläche ohne den geringsten Widerstand.
    Sie traf Tal, als er gerade seinen Sonnenstein heben und einen Schild aus blauem Licht aufbauen wollte.
    Er kam zu spät. Der Schild bildete sich, als die Kugel um seinen Kopf explodierte. Tal fühlte brennendes Feuer in seinen Augen. Er schrie auf und fiel hin. Er riss seine Hände hoch und rieb damit seine Augen, die, wie er meinte, nun nur noch schwarze Höhlen waren.
    „Blind!“, schrie er. „Ich bin blind!“
    Sushin lachte und die Wachen sowie sein Geistschatten stürmten nach vorn.
    Das Lachen endete abrupt, als Milla ihr Merwin-Horn-Schwert warf. Es wirbelte wie ein goldener Blitz durch die Luft und bohrte sich in Sushins linke Schulter. Die Spitze kam auf der anderen Seite wieder heraus. Der Schattenmeister starrte das Schwert mit offenem Mund an.
    Die Wachen und der Geistschatten blieben stehen und sahen zurück.
    Sushin schloss seinen Mund. Ein Lächeln breitete sich auf seinem aufgeschwemmten Gesicht aus.
    Dann lachte er wieder.
    Dieses Lachen brachte Milla dazu wegzulaufen. Sie wusste, dass sie sein Herz verfehlt hatte und dass der Hieb nicht tödlich gewesen war. Doch konnte kein normaler Mensch eine solche Wunde einfach lachend hinnehmen.
    Tal hatte ihr Sushin beschrieben und sie erinnerte sich an die Angst, die er dabei ausgestrahlt hatte. Jetzt spürte sie ebenfalls diese Angst.
    Dies war kein normaler Erwählter. Sein Lachen erfüllte sie mit Kälte – kälter als Eis.

 
KAPITEL ZWEIUNDDREISSIG
     
     
     
     
    „Adras, nimm Tal!“, rief Milla. „Und dann lauf!“
    „Ich sehe nichts!“, rief Tal, als er seine blinden Augen befühlte.
    Adras nahm ihn auf und klemmte ihn unter seinen Arm. Dann liefen sie weiter. Sie bogen planlos hier und da ab, immer weg von den Wachen, wenn sie welche sahen.
    Milla hatte das Gefühl, dass sie bald in allen Korridoren Wachen vorfinden würden. Sie mussten einen Plan fassen. Sie musste wissen, wohin sie gehen konnten.
    Als einen Moment keine Verfolger in Sicht waren, blieb sie stehen. Sie anderen liefen beinahe in sie hinein.
    „Blind!“, rief Tal. „Er hat mich blind gemacht!“
    Milla schlug ihm hart ins Gesicht. Dann hielt sie seine Arme fest und sah sich seine Augen an.
    „Deine Augen sind in Ordnung“, zischte sie. „Es ist wie Schneeblindheit. Du wirst dich erholen.“
    „Ja?“, fragte Tal. Er holte einmal tief Luft. Dann noch einmal. Blindheit war für alle Erwählte sehr beängstigend. Ein blinder Erwählter wurde automatisch dem Untervolk zugewiesen, weil er nicht mehr mit Licht umgehen konnte.
    „Du wirst dich erholen“, bestätigte Milla noch einmal, wenn sie sich auch nicht ganz sicher war.
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