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Der siebte Turm 03 - Aenir - Reich der Schatten

Titel: Der siebte Turm 03 - Aenir - Reich der Schatten
Autoren: Garth Nix
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Kodex wegziehen. Jedoch nicht wegen seines verwundeten Beins, das ihn behinderte, sondern wegen der Nachrichten über seinen Vater. Wie konnte er im Orange-Turm sein? Was bedeutete es, dass er der „Wächter des Orangefarbenen Schlüsselsteins“ war?
    Wie Ebbitt in seinem Brief erklärt hatte, fand Milla die kleine Tür in dem Geräteschuppen, den die Steinhauer des Untervolks benutzten. Sie führte durch einen schmalen Korridor in einen normalen Untervölkler-Korridor. Wie alle diese Wege wurde er nur sehr spärlich von winzigen, schwachen Sonnensteinen beleuchtet.
    Tal hatte sich jetzt so weit erholt, dass er vorausgehen konnte. Er war so aufgewühlt von den Enthüllungen des Kodex, dass es ihm nicht einmal etwas ausmachte, vor Milla zuzugeben, dass er sich in den Korridoren und Lagerräumen der Erwählten nicht sonderlich gut auskannte.
    Und doch fand er den Weg zu einer Einrichtung, die er gut kannte: die Wäscherutsche, die er und seine Freunde immer benutzten, um sich schnell zwischen den Ebenen zu bewegen. Wo eine Wäscherutsche war, da musste auch Wäsche sein. Schmutzige Wäsche zwar, aber was die Erwählten schmutzig nannten, kam Tal im Vergleich zu den abscheulichen Fellen, die er in letzter Zeit getragen hatte, mehr als sauber vor.
    Tal beschloss, alle seine Eiscarl-Kleider in einen Korb zu werfen. Er zog die Uniform eines Erwählten-Schülers an, wenn diese hier auch einen blauen Kragen hatte, der nicht zu seinem Rang passte.
    Milla zog das Kleid einer erwachsenen Erwählten über ihre Panzerung und die Felle. Es war ein großes, sackartiges Gewand in Gelb. Der untere Saum war mit winzigen Sonnensteinen besetzt. Dann ruinierte sie das Kleid, indem sie an beiden Seiten einen langen Schlitz hinein schnitt, damit sie laufen konnte.
    Wie von Tal angewiesen, bildeten Odris und Adras eine schwarze Wand zwischen ihnen, als sie sich umzogen. Milla war es eigentlich egal. Doch bei den Erwählten war Nacktheit etwas Peinliches und Tal hatte noch nicht alle Eiscarl-Gewohnheiten angenommen.
    In dieser passenden Verkleidung rannten sie einen farblosen Flur entlang und in weitere Durchgänge des Untervolks. Tal verlief sich ein paar Mal und ihnen begegneten immer wieder Untervölkler, die Karren mit Nahrungsmitteln oder Kleidern vor sich herschoben, die sie in ihren Arbeitsstätten weit unten herstellten. Doch jedes Mal, wenn die Untervölkler näher kamen, wies Tal Odris und Adras an, sich hoch aufzurichten. Die Untervölkler senkten immer sofort die Augen und gingen ängstlich vorbei. Die Sturmhirten waren wirklich die größten, die Tal jemals gesehen hatte, mit Ausnahme von Sharrakor, dem Geistschatten der Imperatorin. Sie sahen außerdem eigenartig aus, wenn auch nicht unbedingt Furcht erregend so wie viele stachelige Geistschatten oder solche mit Reißzähnen. Adras und Odris sahen wie wulstige Giganten aus, doch ihre Größe allein war schon beeindruckend.
    Tal nahm mit einem Gefühl der Bitterkeit zur Kenntnis, dass er trotz allem einen mächtigen Geistschatten gefunden hatte. Einen, der ihm den Aufstieg zum Gelben oder gar Blauen Orden sichern würde. Doch er hatte Adras nicht an sich gebunden, wie ein richtiger Erwählter es hätte tun müssen. Er hatte das Gesetz gebrochen und war nach Aenir gegangen. Und er hatte einer Nicht-Erwählten einen Sonnenstein und einen Geistschatten gegeben.
    Seltsamerweise machte es ihm nichts aus. Doch er machte sich mehr und mehr Sorgen um Gref. Was hatten sie ihm wohl angetan in dieser abgelegenen Kammer, in der ihn kein Erwählter oder Untervölkler jemals schreien hören würde?
    „Wohin jetzt?“, fragte Milla und unterbrach damit Tals Gedanken. Sie waren gerade an einer Gabelung angekommen. Der Korridor des Untervolks teilte sich nach rechts und links, doch es gab auch einen Durchgang zu einer Orangefarbenen Ebene. Orange sechs, wie Tal an der Anordnung der Sonnensteine an der Decke sehen konnte.
    In der Nähe seines Zuhauses. Seine Mutter lag nicht weit von hier auf ihrem Krankenbett. Verloren in Träumen. Auch sie wollte er gern sehen.
    „Wohin?“, wiederholte Milla.
    Tal zeigte auf den linken Korridor. Seine Hand zitterte und er war nicht in der Lage, sie zu beruhigen.
    Sie mussten dem Korridor des Untervolks folgen, dann auf die oberste Rote Ebene gehen und von dort zu den weißen Räumen.
    Das Ganze dauerte mehrere Stunden, denn sie mussten beinahe von einer Seite des Schlosses zur anderen gehen. Je näher der Morgen kam, desto geschäftiger wurde auch das
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