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Der siebte Turm 03 - Aenir - Reich der Schatten

Titel: Der siebte Turm 03 - Aenir - Reich der Schatten
Autoren: Garth Nix
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Körper sehr schwer und träge an.
    „Das ist sehr seltsam“, sagte eine Stimme, die von unten zu kommen schien. Tal erstarrte vor Schreck, bis ihm klar wurde, wer es war.
    Es war Adras, der jetzt ein Schatten geworden war.
    Ein wolkiger Schattenarm griff um Tals Körper und half ihm, den Sargdeckel zu heben. Doch der Schatten glitt geradewegs durch den Stein hindurch.
    „Du… du musst dich konzentrieren“, sagte Tal. Seine Stimme klang in seinen eigenen Ohren seltsam. Auch sie war anders als in Aenir. Und er sprach durch zusammengebissene Zähne, da der Schmerz in seinem Bein so stark war. „Damit dein Schattenfleisch stark genug wird, um Stein und Fleisch durchdringen zu können.“
    „Wie?“, fragte Adras weinerlich.
    „Ich weiß es nicht“, flüsterte Tal. „Stell dir vor, es wäre
… ich weiß nicht… fester. Stell es dir vor.“
    Adras griff noch einmal an ihm vorbei und dieses Mal glitt die Hand nicht durch den Stein. Der Deckel bewegte sich zur Seite.
    Tal dämpfte das Licht seines Sonnensteins.
    „Was ist passiert?“, fragte Adras. „Ich fühle mich so schwach.“
    „Sei still“, flüsterte Tal. Er wollte nicht, dass irgendein Erwählter, der vielleicht gerade im Mausoleum war, sie hören konnte. „Du bist jetzt ein Geistschatten. Du brauchst Licht, um stark zu sein.“
    „Oh“, sagte Adras. Genau wie als Geistschatten wusste er auch hier nicht, wie man leise sprechen konnte.
    Tal schloss seine Augen und versuchte, langsamer zu atmen. Er sagte sich, dass Ebbitt jede Minute zu ihm hereinsehen und die Schmerzen mit seinem Sonnenstein stillen würde. Jede Minute. Er musste sich nur aufs Atmen konzentrieren.
    „Tal! Was ist passiert?“
    Es war nicht Ebbitt. Es war Milla.
    Tal öffnete die Augen. Milla sah sich sein Bein an, an dem noch immer kleine Rauchfahnen von der Säure aufstiegen. Odris ragte hinter ihr auf, ein riesiger Geistschatten. Sie sah noch immer aus wie ein Sturmhirte, war aber kleiner, als sie es in Aenir gewesen war. Interessanterweise schossen immer wieder kleine Punkte dunklerer Schatten von Odris weg. Tal hatte das noch nie bei einem Geistschatten gesehen.
    „Säure“, flüsterte Tal. „Wespenwyrm. Hol Ebbitt.“
    „Er ist nicht hier“, sagte Milla. „Er hat mir eine Nachricht hinterlassen, aber ich kann sie nicht lesen. Du hast auch eine.“
    Tal hob seinen Kopf ein wenig und stöhnte. Neben seiner rechten Hand lag eine Schriftrolle. Doch er war noch zu schwach, um sie zu nehmen und zu lesen.
    „Heilungsmagie“, flüsterte er wieder. „Nimm den Sonnenstein.“
    „Ich weiß nicht wie“, sagte Milla. Sie sah sich wieder sein Bein an. Die Säure hatte sich geradewegs durch Tals Fellhose gefressen und das darunter liegende Fleisch weggeätzt. Sie konnte den weißen Knochen sehen. Auf dem Eis hätte man ihm das Bein abnehmen und den Stumpf ausbrennen müssen. Sei denn, es wäre ein sehr fähiger Heiler in der Nähe gewesen.
    „Frag den Kodex“, flüsterte Tal.
    Dann wurde er ohnmächtig.
    Milla hob das Fell um Tals Bein an und sah sich die Wunde noch einmal genauer an. Dann ging sie zu dem Sarg hinüber, aus dem sie gerade gestiegen war. Der Kodex lag noch immer darin. Er hatte seine Form verändert, damit er hineinpasste: länger und dünner. Doch wie sie es erwartet hatte, wog er noch immer so viel wie zuvor und es kostete sie alle Kraft, ihn herauszustemmen und neben Tals Sarg zu stellen.
    Und es verursachte eine Menge Lärm. Als sie den Kodex aufgestellt hatte, sah Milla sich im Mausoleum um, um sicherzugehen, dass sie keine Aufmerksamkeit erregt hatte. Doch es war ruhig in der riesigen Halle. Die winzigen Sonnensteine an der Decke blinkten weiter wie die Sterne von Aenir, die sie darstellen sollten. Es gab kein plötzliches Aufblitzen von Licht. Und es war keinerlei Bewegung zwischen den unendlichen Reihen von Statuen zu sehen, die die Särge verzierten.
    „Odris!“, sagte Milla leise. „Behalte diese Tür da drüben im Auge. Adras, du beobachtest das Haupttor.“
    Odris drehte sich zu der Tür. Adras baute sich zu seiner vollen Größe auf, mindestens dreimal so groß wie Milla. „Warum soll ich das tun?“
    „Weil Milk es sagt“, befahl Odris scharf. „Darum.“
    Adras schnaubte. Ein kleiner Blitz aus schwarzem Schatten zuckte aus seiner Nase und brachte ihn selbst zum Kichern.
    Milla achtete nicht auf ihn und sah sich den Kodex an. Sie sah ihn lange an. Sie befürchtete, dass sie sich einen weiteren Schritt vom Weg der Schildjungfrauen entfernen
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