Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der siebte Turm 01 - Sturz in die Dunkelheit

Titel: Der siebte Turm 01 - Sturz in die Dunkelheit
Autoren: Garth Nix
Vom Netzwerk:
Gegensatz zu Schattenwächtern konnten Geistschatten sprechen, auch wenn sie es in der Öffentlichkeit fast nie taten. Sie sprachen nur mit ihren Meistern, wenn beide allein waren.
    „Suche nicht die Schätze der Sonne“, sagte der Geistschatten. Die Stimme klang, als ob Fingernägel über eine Steintafel scharrten. „Ich bin der Hüter und niemand wird hier vorbeikommen. Nur jene, die die Worte kennen.“
    „Die Worte?“, murmelte Tal, während er verzweifelt versuchte davonzukommen. Er kannte keine Worte, am allerwenigsten solche, die hier vielleicht etwas ausrichten konnten. Er hatte noch nie von einem Hüter gehört. Der Meister des Schattens würde sicher gleich über den Balkon schauen und ihn aufhalten!
    Der Geistschatten wickelte sich um den Ankerpunkt der Bronzestange, an der Tal gerade entlangrutschte. Tals Schattenwächter balancierte hinter ihm in Form einer vierbeinigen Kreatur mit Klauen und einer Menge Zähne. Er würde versuchen, ihn zu beschützen, doch Tal wusste, dass er zu klein und zu schwach war, um den Geistschatten länger als ein paar Sekunden aufzuhalten.
    Tal drehte sich zu seinem Schattenwächter um und spürte wieder, wie Panik in ihm aufstieg.
    Der schlangenhafte Geistschatten zog sich zusammen und wand sich langsam ein weiteres Stück vor. Er schien keine Eile zu haben, Tal zu fangen, obwohl sein Unterkiefer sich vor- und zurückschob, als würde er kauen.
    „Hilfe!“, schrie Tal und ein paar Schneeflocken gerieten in seinen offenen Mund. Es war ihm jetzt vollkommen gleichgültig, wer kam oder wie lange er im Saal der Albträume verbringen musste oder ob er sofort zum Untervolk degradiert wurde. Alles war besser, als der Kreatur ausgeliefert zu sein, die gerade auf ihn zuschlich.
    „Hilfe!“
    „Die Türme sind stumm, nur du und ich sind hier“, sagte der Geistschatten. Er streckte seinen Körper in einer schnellen Bewegung aus und Tal sprang in eines der Sonnenstein-Netze. Verzweifelt versuchte er aufzustehen, schaffte es aber nicht und rollte stattdessen in dem Netz hin und her.
    Einer seiner Füße durchstieß das Netz. Ein kleiner Regen aus Sonnensteinen fiel durch das Loch. Tal beugte sich vor und versuchte, seinen Fuß freizubekommen. Die Sonnensteine um ihn herum nahm er nicht wahr.
    Gerade als er seinen Fuß freibekommen hatte, schlug der Geistschatten wieder zu. Tal wand sich keuchend ab, doch er war nicht das Ziel des Angriffs. Sein Schattenwächter schrie auf, als die Kreatur ihr Maul schloss. Sofort verlor er seine Katzenform und begann die Formen so schnell zu verändern, dass Tal nicht alle erkennen konnte. Der Schattenwächter wurde zum Morlyx, zu einem Jungen, einem Toppet, einem Monster mit Vogelkopf und zu allen möglichen Formen und Größen. Doch in was auch immer er sich auch verwandelte, der Schattenwächter konnte sich nicht aus den mahlenden Kiefern mit den furchtbaren Zähnen befreien. Schließlich warf ihn der Geistschatten zur Seite. Tals Schattenwächter fiel wie ein formloser dunkler Klumpen vom Netz herab.
    Tal verschluckte seine Tränen. Sein Schattenwächter war immer bei ihm gewesen, hatte ihn auf Schritt und Tritt begleitet. Er hatte ihn vor allen möglichen Schwierigkeiten bewahrt. Jetzt war er in ein paar Sekunden vernichtet worden.
    Er konnte nicht glauben, was passierte. Geistschatten taten Schattenwächtern nichts an. Sie durften Erwählte nicht verletzen. Es sei denn, dachte Tal plötzlich, hier oben über dem Schleier herrschen andere Regeln…
    „Ich werde sowohl Schatten als auch Fleisch essen“, sagte der Geistschatten, zog sich kurz zurück und erhob dann seinen Kopf hoch über Tal. Schnee wirbelte hinter ihm auf wie ein weißer Umhang. Tal konnte in sein großes Maul schauen, sah all die Zahnreihen. Stofffetzen und andere Dinge hingen zwischen den Zähnen; ein grauenhafter, fauliger Gestank drang an seine Nase.
    Da wurde Tal klar, dass diese Kreatur schon einmal getötet hatte. Und sie würde auch ihn umbringen. Es spielte keine Rolle, dass er zu den Erwählten des Schlosses gehörte, dass er ein Lichtbringer des Orange-Ordens und damit potenzieller Schattenmeister war.
    Als die Kreatur zuschlug, warf sich Tal zur Seite über den Rand des Netzes.
    Er landete in einem Netz auf der nächst tieferen Ebene. Einen Moment lang glaubte Tal, in Sicherheit zu sein. Doch dann prallte er vom Netz ab und fiel durch einen Regen aus Sonnensteinen hinunter. Dieses Mal war er zu weit entfernt, um von einem tieferen Netz aufgefangen zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher