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Der siebte Kristall

Der siebte Kristall

Titel: Der siebte Kristall
Autoren: Horst Hoffmann
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Göttern verstoßen wurde? Kannst auch du eines Tages als Sterbliche unter uns…?«
    Das Licht erlosch so schlagartig, daß Mythor sich in einen bodenlosen, finsteren Schacht gestoßen fühlte und sein Körper von grausamen Schmerzen geschüttelt wurde. Noch schlimmer jedoch waren die gräßlichen Töne, die an sein Ohr drangen und durch Mark und Bein gingen. Mythor sank in die Knie, spürte das Aufschlagen auf hartem Grund und…
    … sah die Knospe winzig und braun am verdorrten Ast. Die schauderhaften Töne verstummten. Dafür heulten nun die Alarmsirenen Carlumens. Schritte wurden laut, aus allen Richtungen kamen Menschen gelaufen. Mythor hatte sich kaum aufrichten können und in die Wirklichkeit zurückfinden, als er die Klinge an seinem Hals spürte.
*
    Gerrek starrte auf die Zauberflöte in seiner Hand, als hätte sie sich urplötzlich in einen Wurm verwandelt. Als er das vermeintliche Geheul des Dämons, der von der Flöte Besitz ergriffen hatte, endlich als den Laut der Sirenen erkannte, waren die Carlumer schon heran, stießen ihn achtlos zur Seite und stellten sich vor Mythor auf. Tertish drängte nach, bahnte sich eine Gasse und setzte dem Gorganer die Klinge an die Kehle.
    Nun verstand er überhaupt nichts mehr.
    Tertish schrie, Mythor solle seine Klinge ziehen. War sie von Sinnen und wollte sie mit ihm messen? Und dann Fronja! Blitzschnell war sie bei ihm und tastete hinter sein Ohr.
    »Er hat das Mal!« rief sie.
    »Das will nichts heißen«, entgegnete Tertish. »Ihr habt alle gesehen, wie ähnlich er ihm ist!«
    Gerrek begriff nicht, was überhaupt vorging. Doch er hatte das sichere Gefühl, daß nicht nur er Gespenster sah. In diesem Moment verzieh er Mythor. Der alte Beschützerwille erwachte in ihm. Er setzte die Flöte ans Drachenmaul und blies so heftig, daß Tertish vor Entsetzen die Klinge entfiel.
    »Laßt ihn in Ruhe!« kreischte der Mandaler. »Schert euch fort, Weibsvolk! Was fällt euch ein, Mythor zu belästigen, nur weil er…«
    Weil er was?
    Alle sahen ihn an. Gerrek verschluckte sich. Die Gefährten schienen den Rest von Verstand verloren zu haben, den er ihnen zubilligte. Aber das konnte doch nicht nur darauf zurückzuführen sein, daß Mythor für die Dauer gerade eines Atemzuges wie versteinert und mit weit aufgerissenen Augen vor der Knospe gestanden hatte.
    »Du warst hier bei ihm?« fragte Sadagar. »Die ganze Zeit?«
    »Selbstverständlich!«
    »Jetzt fällt mir ein«, rief Joby dazwischen, »er hätte gar nicht so schnell von der Brücke hierherkommen können. Ich sah ihn aus der Waffenkammer treten, als der andere noch bei euch gewesen sein mußte!«
    Tertish trat zurück.
    Mythor machte sich von Fronja los, sah sich unter den Carlumern um und schüttelte wie verzweifelt den Kopf.
    »Es geht so nicht weiter, das ist uns allen klar. Bevor mir jemand erklärt, was in euch gefahren ist, seht euch den Trieb an. Er hat eine Knospe bekommen. Danach werden wir Carlumen auf einen neuen Kurs bringen. Die Suche nach dem siebten Kristall wird bestimmt nicht ungefährlicher sein als das Abenteuer am Crusenriff. Doch sie wird euch auf andere Gedanken bringen.«
    »Andere Gedanken schaffen deinen Schatten nicht aus der Welt«, entgegnete Fronja, als alle anderen sich staunend nach der Knospe umdrehten. Sie blickte sie nur kurz an, blieb gelassen und schilderte den Auftritt des Doppelgängers. Gerrek sonnte sich im Licht des vom Verdacht des Gespenstersehens Reingewaschenen. Abschließend fragte die Tochter des Kometen: »Woher willst du wissen, wo der nächste DRAGOMAE-Baustein verborgen ist?«
    »Yhr sagte es mir«, hörte Mythor sich antworten. Shayas Name kam ihm immer noch nicht über die Lippen. Er verwünschte Gerrek und noch mehr die Flöte. »Sie mußte es mir verraten, wir werden dafür den Knoten ein wenig lockern. Der Kristall befindet sich jenseits des Lyrer-Schlundes.«
    Crytons Gesicht verfinsterte sich bei diesen Worten. Doch falls der Tätowierte etwas über den Schlund wußte, so schwieg er dazu.

2. Gestrandet
    Der Lyrer-Schlund war auf der Weltkarte nur mit Hilfe der Kristalle zu entdecken und überdies mit einem Totenkopf gekennzeichnet. Dies bedeutete allerhöchste Gefahr für jeden, der sich in seine Nähe wagte. Der Schlund stellte einen der bereits bekannten Wirbel in der Schattenzone dar. Wer vermessen genug war, sich einem solchen Mahlstrom anzuvertrauen, konnte nie wissen, ob er und sein Gefährt noch an einem Stück am anderen Ende herauskommen würden – und
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